Der Gründer der französischen Linkspartei sieht nach dem überraschenden Wahlerfolg des Linksbündnisses bei der Parlamentswahl einen klaren Regierungsauftrag. «Der Präsident hat die Pflicht, den Nouveau Front Populaire zum Regieren aufzufordern», sagte Jean-Luc Mélenchon nach den ersten Hochrechnungen. Premierminister Gabriel Attal aus dem Lager von Staatspräsident Emmanuel Macron müsse gehen. Macron solle seine Niederlage eingestehen. Mélenchon schloss Verhandlungen über einen Zusammenschluss mit Macrons Lager aus.
Bei der Parlamentswahl in Frankreich liegt ersten Hochrechnungen zufolge das Linksbündnis überraschend vorn. Das rechtsnationale Rassemblement National könnte nur auf dem dritten Platz hinter dem Mitte-Lager von Staatspräsident Emmanuel Macron landen. Die absolute Mehrheit von 289 Sitzen dürfte keines der Lager erreichen.
Frankreichs gespaltene Linke hatte sich erst vor wenigen Wochen für die Parlamentswahl zum Nouveau Front Populaire zusammengeschlossen. Streit gibt es innerhalb der Linken vor allem um Führungsikone Mélenchon. Der Populist, der mit euroskeptischen Aussagen auffällt und einen klar propalästinensischen Kurs fährt, wird selbst innerhalb seiner Partei heftig kritisiert. Eine klare Führung hat das Linksbündnis aus Linken, Kommunisten, Sozialisten und Grünen nicht. Auch ein gemeinsames Programm gibt es nicht.
Trotz des überraschenden Erfolgs des Linksbündnisses bei den französischen Parlamentswahlen gibt sich Marine Le Pen vom rechtsnationalen Rassemblement National (RN) gelassen und auch ein wenig trotzig: «Die Flut steigt weiter und unser Sieg ist heute nur aufgeschoben», sagte sie nach den ersten Hochrechnungen. Sie sei mit ihrer Partei auf dem Vormarsch gegen eine Koalition aller Bewegungen.
Der Chef der französischen Rechtsnationalen, Jordan Bardella, hat nach dem überraschenden Sieg des Linksbündnisses bei der Parlamentswahl heftig gegen seine politischen Gegner ausgeteilt. Das Mitte-Lager von Staatschef Emmanuel Macron und das Linksbündnis bezeichnete er als «Einheitspartei» und «Bündnis der Schande».
Bardella schimpfte auf «Wahlabkommen», die Frankreich «in die Arme der extremen Linken werfen». Das linke Lager und die Mitte-Kräfte hatten vor der zweiten Runde eine Zweckallianz gebildet. Um sich in Wahlkreisen, in denen drei Kandidaten in die zweite Runde kamen, nicht gegenseitig Stimmen wegzunehmen, zogen sich zahlreiche Kandidaten zurück. Ihre Anhänger riefen die Partei dazu auf, gegen das RN zu stimmen. «Die Dynamik, die das RN trägt, und die es in der ersten Runde deutlich nach vorn gebracht hat und ihm ermöglicht hat, die Zahl seiner Abgeordneten zu verdoppeln, sind wesentliche Elemente des Siegs von morgen.»
Nach dem Überraschungssieg des Linksbündnisses bei der Parlamentswahl in Frankreich will der Chef der Sozialisten, Olivier Faure, kein Regierungsbündnis mit dem Mitte-Lager von Präsident Emmanuel Macron. Es solle keine «Koalition der Gegensätze» geben, die die Politik Macrons fortsetze, sagte Faure.
Faure forderte, Frankreich zu erneuern. Es solle unter anderem massive Investitionen für den Klimaschutz geben. Auch sollten Reiche stärker besteuert werden.
Der führende Sozialdemokrat Raphaël Glucksmann, der bei der Europawahl Spitzenkandidat der französischen Sozialisten war, sagte, es könne künftig Mehrheiten für einzelne Vorhaben geben. Für Macrons Kräfte hatte sich diese Strategie in den vergangenen zwei Jahren als schwierig erwiesen.
Frankreichs Grüne wollen nach dem voraussichtlichen Wahlsieg des neuen Linksbündnisses regieren. «Wir haben gewonnen und jetzt werden wir regieren», sagte Grünen-Generalsekretärin Marine Tondelier in Paris. «Heute Abend gibt es eine grosse Wahrscheinlichkeit, dass die Volksfront vorne liegt», sagte Tondelier. «Heute Abend hat die soziale Gerechtigkeit gewonnen, heute Abend hat die ökologische Gerechtigkeit gewonnen und heute Abend hat das Volk gewonnen und jetzt geht es erst los.»
Die seit 1981 höchste Wahlbeteiligung habe belegt, wie wichtig den Menschen in Frankreich die Parlamentswahl gewesen sei, sagte Tondelier. «Das ist ein schöner Sieg der Demokratie, er gehört euch allen.»
«Wir waren auf der Höhe dank der neuen Volksfront», sagte die Grünen-Chefin. «Das ist eine immense Hoffnung, die durch diesen linken Zusammenschluss und die Grünen geschaffen wurde und der das Ereignis dieser Wahl ist.» Erst vor vier Wochen habe das neue Linksbündnis aus Grünen, Sozialisten, Kommunisten und der Linkspartei sich formiert, betonte die Grünen-Chefin.
Präsident Macron hat sich bislang noch nicht persönlich geäussert – er nimmt erstmals die Regierungsbildung in den Blick. Bevor der Staatschef Entscheidungen treffe, werde er das Endergebnis der Wahl und die letztendliche Zusammensetzung der Nationalversammlung abwarten, teilte der Élysée-Palast mit. «Der Präsident wird in seiner Rolle als Garant unserer Institutionen darauf achten, dass die souveräne Wahl der Franzosen respektiert wird», hiess es.
Wie der Sender BFMTV berichtete, hiess es mit Blick auf die für eine absolute Mehrheit nötige Zahl von Abgeordneten ausserdem aus dem Élysée-Palast. «Die Frage wird sein, ob eine Koalition mit Zusammenhalt gebildet werden kann, um die 289 Abgeordneten zu erreichen.» Denn keines der Lager kann nach den Hochrechnungen mit der absoluten Mehrheit rechnen.
Die Wahlbeteiligung habe gezeigt, dass die Auflösung der Nationalversammlung notwendig gewesen sei, hiess es dem Sender zufolge aus dem Präsidentenpalast. Mit Blick auf das voraussichtliche Wahlergebnis mit dem Präsidentenbündnis auf Platz zwei erklärte der Élysée-Palast demnach:
(sda/dpa)