Eine von den Piraten angestrebte Viererkoalition mit Links-Grünen, Sozialdemokraten und der Partei «Bright Future» käme allerdings nach diesen Resultaten auch nicht auf die dafür erforderlichen 32 Sitze. Das liegt vor allem am schlechten Abschneiden der Sozialdemokraten.
Sowohl die Links-Grünen als auch die Piratenpartei können nach den ersten Zahlen des Rundfunksenders RUV auf deutliche Zugewinne hoffen und zweit- beziehungsweise drittstärkste Partei hinter den Konservativen (33.2 Prozent) werden.
Die 2012 nach schwedischem Vorbild gegründete Piratenpartei könnte nach den ersten Zahlen des Rundfunksenders RUV auf 13.2 Prozent der Stimmen kommen (2013: 5.1 Prozent), die Links-Grünen auf 15.3 Prozent. «Wir sind in einer guten Position, aber die Nacht ist noch jung», sagte Parteichefin Katrin Jakobsdottír, die in einer Viererkoalition Ministerpräsidentin werden könnte.
Auch die Piraten hatten sich zuletzt bereiterklärt, den Regierungschef zu stellen, falls sie stärkste Partei in dem Bündnis werden sollten. Ob die bisherige Piraten-Abgeordnete und Partei-Mitgründerin Birgitta Jónsdottír das Amt in diesem Fall übernehmen würde, wollte sie zunächst nicht sagen.
Als siebte Partei könnte es die Reform-Partei «Vidreisn» ins isländische Parlament schaffen. Sie besteht zu einem grossen Teil aus früheren Mitgliedern der Unabhängigkeitspartei, die eine Wiederaufnahme der Gespräche über einen EU-Beitritt Islands befürworten und sich deshalb mit ihrer Partei überworfen hatten.
Eineinhalb Stunden nach Schliessung der Wahllokale lagen noch nicht aus allen sechs Wahlbezirken Zahlen vor. Auch zur Wahlbeteiligung war noch nichts bekannt. Knapp 51'000 Stimmen waren ausgezählt. Rund 246'500 Isländer hatten insgesamt abstimmen dürfen. Mit einem Endergebnis wurde bis zum Sonntagmorgen gerechnet.
Die Abstimmung war wegen massiver Proteste gegen die Regierung vorgezogen worden. Im April war der rechtsliberale Regierungschef Sigmundur David Gunnlaugsson nach Enthüllungen über Briefkastenfirmen in Steueroasen abgetreten.
Die Abwahl der Regierung galt bereits vor der Abstimmung als sicher, obwohl die Wirtschaft wächst, der Tourismus boomt und es so gut wie keine Arbeitslosigkeit auf der Insel gibt. Seit der Finanzkrise und dem Zusammenbruch der drei grössten isländischen Banken 2008 fehlt vielen Isländern das Vertrauen in die etablierten Parteien.
Durch die Enthüllungen der «Panama Papers» war es erneut erschüttert worden. Der Name von Gunnlaugsson war in den Papieren aufgetaucht, weil seine Frau eine Firma auf den Britischen Jungferninseln besitzt.
Der isländische Wahlkampf hatte sich unter anderem um das unterfinanzierte Gesundheitswesen und Fischereiquoten gedreht. Auch die EU war ein Thema: Mehrere Parteien, darunter die Piraten, fordern eine Abstimmung darüber, ob die nach der vergangenen Wahl abgebrochenen Gespräche mit der EU wieder aufgenommen werden sollten.
Ausserdem setzen sich die Piraten dafür ein, dass eine neue Verfassung übernommen wird, für die sich eine Mehrheit der Bürger in einer Volksabstimmung 2012 ausgesprochen hatten. Seitdem liegt das Projekt allerdings auf Eis. Bislang hatten die Piraten drei Sitze im isländischen Parlament. Die Partei setzt die Partei sich auch für direkte Demokratie und Transparenz ein. (sda/dpa)