International
Grossbritannien

Engländerin spricht plötzlich mit US-Akzent – der Grund ist ernst

Engländerin spricht plötzlich mit US-Akzent – der Grund ist ernst

Becky Prout ist schwanger, als sie plötzlich neurologische Aussetzer hat. Während der Geburt ihres Kindes liegt die Engländerin im Koma.
08.11.2023, 10:2708.11.2023, 15:52
Liesa Wölm / t-online
Mehr «International»
Ein Artikel von
t-online

Ein Abendessen in diesem Sommer verlief für Becky Prout und ihren Partner Chad ganz anders als erwartet: Die 31-jährige Engländerin sprach auf einmal mit amerikanischem Akzent. Was zunächst kurios klingt, entpuppte sich als lebensbedrohliche Situation. Ärzte diagnostizierten bei der Frau die Autoimmunerkrankung Anti-NMDAR-Enzephalitis, auch «Feuer im Kopf» genannt. Dies berichtete unter anderem die britische Tageszeitung «Wales Online».

epa10353677 NHS ambulances staff outside a hospital in London, Britain, 07 December 2022. More than 10,000 NHS ambulance staff from nine NHS hospital trusts in England and Wales will walk out on 21 De ...
Krankenwagen in England (Archivbild): Eine Frau hatte eine seltene Autoimmunerkrankung während ihrer Schwangerschaft.Bild: keystone

Nach den Sprachaussetzern hatte Prout mehrere schwere Anfälle und kam ins Krankenhaus. Damit nicht genug: Die 31-Jährige war zu diesem Zeitpunkt schwanger. Dennoch versetzten die Ärzte sie in ein künstliches Koma. Drei Wochen später kam es dem Bericht zufolge zu Komplikationen bei der Schwangerschaft und das Baby musste geholt werden. Prout bekam von all dem nichts mit. Sie verpasste den ersten Lebensmonat des neugeborenen Kindes.

Lebensbedrohliche Entzündung des zentralen Nervensystems

Bei der Autoimmunerkrankung Anti-NMDAR-Enzephalitis handelt es sich um eine lebensbedrohliche Entzündung des zentralen Nervensystems. Der Körper bildet Abwehrstoffe gegen ein Protein, das bei der Signalübertragung im Gehirn eine wichtige Rolle spielt, den sogenannten NMDA-Rezeptor. Die Hirnentzündung kann schwere psychiatrische und neurologische Symptome hervorrufen. Dazu gehören anfangs unter anderem Wahnvorstellungen, Halluzinationen, Verhaltensauffälligkeiten, Verwirrtheit und Angstzustände.

Kopf, Gehirn, Symbolbild
Bei Anti-NMDAR-Enzephalitis entzündet sich das zentrale Nervensystem – dies hat auch Auswirkungen auf das Gehirn.Bild: Shutterstock

Im weiteren Verlauf kann es zu epileptischen Anfällen, Sprach- und Bewegungsstörungen sowie Entgleisungen des vegetativen Nervensystems, etwa Herzrhythmusstörungen und Dysregulation von Blutdruck und Körpertemperatur, kommen.

Hauptsächlich junge Frauen, aber auch Männer und Kinder können betroffen sein. Nicht immer findet sich ein Grund für die Autoimmunreaktion. Sie kann aber in Folge einer Tumorerkrankung entstehen. Bei Prout vermuten die Mediziner, die Entzündung wurde durch eine Zyste am Eierstock während ihrer Schwangerschaft verursacht. Laut einer von der American Academy of Neurology veröffentlichten Studie kommt die Erkrankung bei Schwangeren äusserst selten vor, schrieb «Wales Online».

Akzent von TikTok übernommen?

Dass die junge Frau zunächst in dem amerikanischen Akzent sprach und Tage später mehrere Anfälle folgten, passt zur Symptomatik. «Ich denke, dass sie den amerikanischen Akzent definitiv von TikTok übernommen hat, denn ein paar Wochen zuvor war sie ständig dort unterwegs», sagte ihr Lebensgefährte. «Wales Online» über seine Partnerin. «Plötzlich, als sie mit dem Essen fertig war – bumm, verwandelte sie sich in diese amerikanische Person.» Er betonte, dass seine Frau aus dem englischen Doncaster komme, wo sich der Vorfall auch ereignete und noch nie in den USA gewesen sei.

Prout während ihrer Schwangerschaft – kurz darauf beginnen die Komplikationen.
Prout während ihrer Schwangerschaft – kurz darauf beginnen die Komplikationen.instagram/bettyprout

Einen Monat nach der Geburt des Babys verbesserte sich der Zustand der 31-Jährigen, sodass sie aufgeweckt werden konnte. Am 3. November sei «wahrscheinlich der erste Tag seit langer Zeit» gewesen, an dem Chad ein Gespräch mit Becky geführt habe, sagte er «Wales Online». «Sie ist immer noch sehr, sehr verwirrt. In einem Moment kuschelt sie sich an das Baby und ich sage: 'Schau dich an, du bist die beste Mutter der Welt.' Und drei, vier Minuten später sagt sie: 'Das ist nicht mein Baby'.»

Der frisch gebackene Vater sagte, die Genesung könne bis zu fünf Jahre dauern. «Und jetzt ist da noch die Sorge, wer Becky sein wird, wenn es ihr besser geht.»

Quellen:

  • walesonline.co.uk: "Mum gives birth in coma after she started speaking with American accent" (englisch)
  • ndr.de: "Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis erkennen und behandeln"
  • charite.de: "Charité-Wissenschaftler behandeln erfolgreich Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis"
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
29 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
HeidiW
08.11.2023 11:36registriert Juni 2018
Und da gibt es immer noch sehr viele Gläubige, die behaupten, dass es eine vom Körper getrennte „Seele“ gäbe! Unser Bewusstsein unser ganzes Wesen ist unweigerlich mit unserem Gehirn verbunden!
8434
Melden
Zum Kommentar
avatar
Janster
08.11.2023 20:34registriert März 2021
Wenn ich solche Sachen lese, denke ich mir jedes Mal dass es eigentlich ein Wunder ist wie viele gesunde Menschen es gibt. Es gibt so viele Sachen die beim Bauplan Mensch schief laufen können und trotzdem kommt es in den allermeisten Fällen gut raus. Man müsste eigentlich dankbarer sein, wenn man gesund ist.
430
Melden
Zum Kommentar
29
    Harry einigt sich mit der «Sun» – er erhält eine «substanzielle» Entschädigung

    Prinz Harry (40) hat sich im Prozess um illegale Recherchemethoden mit dem Verlag der britischen Boulevardzeitung «Sun» auf einen Vergleich geeinigt. Das teilten beide Seiten vor Beginn des zweiten Prozesstags mit.

    Zur Story