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Indien

Ärzte in Indien rufen nach Tod einer Kollegin zum Streik auf

Tod nach Vergewaltigung schockt Indien – Berufskollegen des Opfers rufen zum Streik auf

17.08.2024, 06:4417.08.2024, 15:03
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Wut und Trauer in der Ärzteschaft, Entsetzen in der Gesellschaft: Der gewaltsame Tod einer jungen Ärztin in Ausbildung hat in Indien eine neue Welle von Protesten ausgelöst.

Es ist eine weitere Vergewaltigung, die das bevölkerungsreichste Land der Welt erschüttert. Erst im Jahr 2022 wurden mehr als 31'000 Vergewaltigungsfälle gemeldet. Nun erreicht der Protest eine neue Dimension: Am Samstag ab 6.00 Uhr (Ortszeit) wollten Medizinerinnen und Mediziner landesweit ihre Arbeit für 24 Stunden niederlegen.

epa11551475 Doctors take part in a protest march against an alleged rape and murder incident at RG Kar medical college in Kolkata, outside Ministry of Health and Family Welfare in New Delhi, India, 16 ...
Ärzte demonstrieren am Freitag in Neu-Delhi.Bild: keystone

Notdienste sollten jedoch nicht betroffen sein, hiess es von der Indian Medical Association. Die Demonstranten und Demonstrantinnen fordern sicherere Arbeitsbedingungen – und eine Bestrafung des Täters oder der Täter.

Autopsie wies Spuren sexueller Gewalt nach

Das schon lange schwelende Problem wurde einmal mehr aktuell, als die Leiche der 31-jährigen Ärztin in Ausbildung am Freitagmorgen vergangener Woche gefunden wurde - in einem Seminarraum ihres Krankenhauses in der Millionenstadt Kolkata. Die Frau soll dort nach einer langen Schicht geschlafen haben. Ihr Körper wies viele Verletzungen auf, eine Autopsie wies Spuren sexueller Gewalt nach. Die Polizei nahm bislang einen Verdächtigen fest.

Policemen try to resist activists of Socialist Unity Center of India-Marxist (SUCI-N) from breaking a barricade during a protest against the rape and murder of a trainee doctor at a government hospita ...
Polizisten gehen in Kalkutta gegen Demonstranten vor.Bild: keystone

Stimmen aus der Ärzteschaft berichteten, die Obduktion deute auf eine Gruppenvergewaltigung hin. Inzwischen wies das Oberste Gericht Kolkatas eine indische Bundespolizeibehörde an, die Ermittlungen zu übernehmen.

Viele Ärzte werden angegriffen

Die Berichte richteten die Aufmerksamkeit auf gleich zwei grosse Probleme: Zum einen erleben Ärztinnen und Ärzte auf dem Subkontinent immer wieder Gewalt am Arbeitsplatz. Berichte häufen sich, wonach Angehörige angreifen - gerade wenn Patienten sterben. Bis zu 75 Prozent der Medizinerinnen und Mediziner seien etwa Drohungen, körperlichen Übergriffen ausgesetzt, hiess es in einer Studie der Indian Medical Association von 2019.

Zum anderen ist auch Gewalt gegen Frauen in dem patriarchisch geprägten Land mit 1,4 Milliarden Einwohnerinnen und Einwohnern verbreitet. Nach offiziellen Daten wird in Indien jede Viertelstunde ein neuer Vergewaltigungsfall gemeldet. Die tatsächliche Zahl dürfte dabei deutlich höher sein, wie Frauenrechtlerinnen immer wieder betonen. Aber das Stigma ist so gross, dass viele Opfer lieber schweigen.

Doctors and paramedics protest against the rape and killing of a trainee doctor in Kolkata at a government hospital last week, as they gather in front of the Indian health minister's office, in N ...
Demonstrierende fordern ein Ende der Gewalt.Bild: keystone

Ein Grund dürfte die Gesellschaft sein. Jedes Jahr werden Tausende weibliche Föten abgetrieben, Mädchen besuchen Schulen seltener als Jungen, und Töchter sind für Familien oft eine finanzielle Belastung - häufig müssen sie bei ihrer Heirat eine hohe Mitgift zahlen, obwohl dies inzwischen offiziell verboten ist.

Misstrauen gegenüber Polizei

Dringen allerdings besonders brutale Fälle sexueller Gewalt an die Öffentlichkeit, ist die Aufmerksamkeit gross - vor allem seit der Gruppenvergewaltigung einer 23-jährigen Studentin in einem fahrenden Bus in der Hauptstadt Neu-Delhi vor zwölf Jahren. Sie starb später in einem Krankenhaus. Auch damals gab es Massenproteste, was zu einer Verschärfung der Gesetze führte. Die vier Täter starben sieben Jahre später am Galgen - worauf Hunderte vor ihrem Gefängnis in der Hauptstadt Neu-Delhi jubelten.

Trotzdem trauen viele Inderinnen der Polizei und dem Justizsystem weiterhin nicht - besonders wenn sie einer tiefen Kaste angehören. Viele Fälle bleiben jahrelang liegen, manche Verdächtige kommen gar auf Kaution frei.

Indian Prime Minister Narendra Modi addresses the nation from the 17th century Mughal-era Red Fort monument during the country's Independence Day celebrations in New Delhi, India, Thursday, Aug.  ...
Indiens Premier Narendra Modi.Bild: keystone

Deshalb beteiligten sich zuletzt auch viele Frauen an den Protesten - von Jung bis Alt. Sie marschierten etwa in der Nacht zum Donnerstag, dem Tag der indischen Unabhängigkeit von den ehemaligen britischen Kolonialherren, und forderten ein Leben ohne Angst. In derselben Nacht randalierten Menschen in dem Krankenhaus, wo die Leiche der 31-jährigen Ärztin in Ausbildung vor rund einer Woche gefunden wurde. Die Polizei teilte bislang nicht mit, wer hinter dem Angriff steckte, sprach aber von Festnahmen.

Premier registriert die Wut der Masse

Premierminister Narendra Modi griff den Fall in seiner Rede am Unabhängigkeitstag indirekt auf. «Die breite Masse ist wütend», sagte der 73-Jährige. «Unser Land, unsere Gesellschaft und unsere Regionalregierungen müssen das ernst nehmen. Verbrechen gegen Frauen sollten mit einer grösseren Dringlichkeit untersucht werden.» Doch die Werte einer Gesellschaft ändern sich nur langsam. (dab/sda/dpa)

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54 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Gantii
17.08.2024 07:25registriert Februar 2015
Modi ist doch mit die Wurzel des Problems. Der Typ macht nichts, was ihm nicht Geld in die Tasche bringen würde - entsprechend wird sich die Situation für Frauen (und alle anderen) in Indien unter seiner Führung wohl kaum verbessern..
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NomNomNom
17.08.2024 08:40registriert Juli 2021
Ich bin jedes Jahr mehrere Wochen in Indien aus Familien-Gründen. Die Stellung der Frau und die unzähligen Vergewaltigung sind da leider nur ein Teil von vielen Problemen in der Gesellschaft. Zum Teil absolut haarstäubend. Ich weiss nicht, ob und wann sich das jemals ändern wird.
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Hierundjetzt
17.08.2024 07:24registriert Mai 2015
…alle 3 Minuten erfolgt eine Vergewaltigung. Nicht alle 15’

Nur eine einstellige Zahl an Vergewaltigungsfällen wird überhaupt vor Gericht gebracht.
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