International
Indien

Zahl der Opfer von moderner Sklaverei laut Bericht stark gestiegen

Moderne Sklaverei laut Bericht stark gestiegen – Schweiz auf Platz 160

Die Zahl der Menschen, die zu Opfern moderner Sklaverei werden, ist Schätzungen zufolge in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen.
24.05.2023, 04:1924.05.2023, 07:42
Mehr «International»

Das geht aus dem jüngsten Global Slavery Index der Menschenrechtsorganisation Walk Free hervor, der am Mittwoch in London veröffentlicht wurde. Demnach sind weltweit 50 Millionen Menschen in moderner Sklaverei gefangen – das sind zehn Millionen mehr als noch vor fünf Jahren.

Der Walk Free Bericht:
Die Organisation Walk Free mit Sitz in Australien greift ihrer Webseite zufolge für ihren Bericht auf die Expertise von Statistikern, Kriminologen, Rechtsanwälten, Entwicklungshilfeexperten zurück.
epa10561195 Indian opposition parties' members of parliament led by Indian National Congress Party (INC) hold Indian National flag as they take part in a protest march to demand a Joint Parliamen ...
Alleine in Indien soll es elf Millionen moderne Sklaven geben. (Symbolbild)Bild: keystone

Besonders in der Gefahr, ausgebeutet zu werden, sind dem Bericht zufolge Menschen, die wegen Klimawandel, Konflikten und intensiver Wetterereignisse ihre Heimat verlassen müssen. Auch eine weltweite Einschränkung der Frauenrechte, sowie wirtschaftliche und soziale Auswirkungen der Corona-Pandemie verschärfen demnach die Situation.

Was zählt zur modernen Sklaverei?

Zur modernen Sklaverei gehören Arbeiten, die einem Menschen die Freiheit nehmen, eine Arbeit anzunehmen oder abzulehnen. Auch gehört dazu, nicht selbst entscheiden zu können, wenn du ein Arbeitsverhältnis mit deinen Arbeitgebenden auflösen möchtest oder die finanzielle Ausbeutung. Sie umfasst Zwangsarbeit, Zwangsheirat, Schuldknechtschaft, erzwungene sexuelle Ausbeutung, Menschenhandel, sklavereiähnliche Praktiken und den Verkauf und die Ausbeutung von Kindern.

Kritisch sehen die Menschenrechtler aber auch den Import von Gütern, die häufig in Verhältnissen hergestellt werden, die auf Zwang oder Abhängigkeit basieren. Sogenannte Risikoprodukte werden demnach jedes Jahr im Wert von 468 Milliarden US-Dollar (umgerechnet etwa 434 Milliarden Euro) in die G20-Staaten importiert. Dazu gehören unter anderem Elektronik, Bekleidung und Palmöl. Die G20 müssten sich daher über ihre Lieferketten indirekt die Hälfte aller Opfer moderner Sklaverei zurechnen lassen, glauben die Menschenrechtler.

«Die moderne Sklaverei durchdringt jeden Aspekt unserer Gesellschaft. Sie ist in unsere Kleidung eingewoben, beleuchtet unsere Elektronik und würzt unser Essen», sagte die Gründungsdirektorin von Walk Free, Grace Forrest einer Mitteilung zufolge.

Die Schweiz auf dem letzten Platz

Am verbreitesten ist die moderne Sklaverei dem Bericht zufolge in Nordkorea, Eritrea, Mauretanien, Saudi-Arabien, in der Türkei, in Tadschikistan, den Vereinigten Arabuschen Emiraten, Russland, Afghanistan und Kuwait.

In diesen Ländern ist die moderne Sklaverei am verbreitetsten.
In diesen Ländern ist die moderne Sklaverei am verbreitetsten.bild: screenshot walkfree

Doch auch in den wichtigsten Industrie- und Schwellenländern der G20 gibt es viele Menschen, die ausgebeutet werden. Allein in Indien wird dem Bericht zufolge von einer Zahl von 11 Millionen ausgegangen; 5 Millionen sind es demnach in China, 1.8 Millionen in Russland, 1.3 Millionen in der Türkei und 1.1 Millionen in den Vereinigten Staaten.

Laut dem Bericht ist die Schweiz auf dem letzten Platz. Gefolgt von Norwegen, Deutschland, Holland, Schweden, Dänemark, Belgien, Irland, Japan und Finnland.

In diesen Ländern ist die moderne Sklaverei am wenigsten verbreitet.
In diesen Ländern ist die moderne Sklaverei am wenigsten verbreitet.bild: screenshot walkfree

Neben Gesetzen, um moderne Sklaverei in Lieferketten zu unterbinden, fordern die Menschrechtler von Regierungen auch die Bekämpfung moderner Sklaverei stärker in den Bereichen humanitäre Hilfe und beim Aufbau einer grünen Wirtschaft einzubeziehen. Bei der Zusammenarbeit mit repressiven Regimen müsse darauf geachtet werden, dass Handel, Geschäfte und Investitionen nicht zu staatlich verordneter Zwangsarbeit beitragen oder davon profitieren. Zudem müssten Kinder, insbesondere Mädchen, besser durch das Ermöglichen von Schulbildung und das Verhindern von Zwangsehen geschützt werden.

(oee/sda/dpa)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
7 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
7
Wie die Nelken­re­vo­lu­ti­on in Portugal Schweizer Ängste beflügelte
Im April 1974 brach in Portugal eine der ältesten Diktaturen Europas zusammen. In der Schweiz machte man sich Sorgen um die Zukunft Portugals. Auch wegen des fragilen politischen Gleichgewichts in Südeuropa.

Weit entfernt von der Grossmacht, die es im 19. Jahrhundert war, als es sich über fünf Kontinente erstreckte, wurde das portugiesische Kaiserreich 1974 durch lange und kostspielige Kolonialkriege in Afrika destabilisiert. Der Estado Novo führte in seinen afrikanischen Kolonien an drei Fronten Krieg: in Angola, auf den Kapverden und in Guinea-Bissau und Mosambik. Diese Kolonialkriege dauerten seit etwa zehn Jahren an, ohne dass sich ein Ende abzeichnete.

Zur Story