In der anhaltenden politischen Krise im Irak ist der frühere Minister Mohammed Taufik Allawi bei der Bildung einer neuen Regierung gescheitert. Er trete von seinem Posten als designierter Ministerpräsident zurück, teilte Allawi am späten Sonntagabend mit, wie die staatliche Nachrichtenagentur INA berichtete.
Allawi war es nicht gelungen, für seinen Vorschlag eines Kabinetts genügend Rückhalt im Parlament zu sichern. Er warf nicht näher benannten politischen Gruppen vor, seine Bemühungen behindert zu haben.
«Ich habe mit allen möglichen Mitteln versucht, unser Land vor einem Abrutschen in das Unbekannte zu bewahren und das derzeitige Problem zu lösen», sagte Allawi laut INA. Einige seien in den Verhandlungen aber nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht gewesen, ohne auf die nationalen Anliegen des Irak zu achten.
Allawi unternahm mehrere vergebliche Anläufe, mittels einer Vertrauensabstimmung den Weg zu seinem Amtsantritt zu ebnen. Innerhalb weniger Tage scheiterten zuletzt drei Versuche, eine solche Abstimmung im tief gespaltenen Parlament abzuhalten.
Der jüngste Anlauf schlug am Sonntag wenige Stunden vor Allawis Rückzugserklärung fehl, weil nur 108 der 329 Abgeordneten zu der Sitzung erschienen.
Der Irak steckt seit Monaten in einer politischen Krise. Im Oktober vergangenen Jahres waren massenhafte Proteste im Land ausgebrochen. Sie richten sich gegen ausufernde Korruption und gegen die politische Elite. Bei den Protesten kamen nach Angaben von Menschenrechtlern mehr als 460 Menschen ums Leben, Tausende wurden verletzt.
Als Allawis mit der Regierungsbildung beauftragt wurde, weckte die Hoffnungen, dass die Krise sich entspannen könnte. Nach seiner Ernennung hatte der einflussreiche schiitische Geistliche Muktada al-Sadr zum Ende der Strassenblockaden im Irak aufgefordert.
Mit Allawis Rücktritt muss Präsident Salih laut Verfassung jetzt Verhandlungen beginnen, um den Posten innerhalb von 15 Tagen neu zu besetzen.
Der bisherige Ministerpräsident Adel Abdel Mahdi hatte im Dezember nach wochenlangen Massenprotesten seinen Rücktritt eingereicht. Er blieb aber seither geschäftsführend im Amt, weil noch keine neue Regierung zustande kam. Wie Mahdi wurde auch Allawi von den Demonstranten heftig kritisiert, sie sahen auch in ihm einen Repräsentanten der alten Eliten. (sda/dpa)