Das jüngste Todesurteil des Mullah-Regimes: Eine Kampfansage an den Westen
Der Deutsch-Iraner Jamshid Sharmahd, der in der iranischen Exilopposition aktiv war, soll an den Galgen gebracht werden, weil er angeblich an einem Terroranschlag beteiligt gewesen sein soll. In dem Verfahren hinter verschlossenen Türen vor einem Revolutionsgericht durfte Scharmahd weder einen Anwalt wählen noch Einsicht in die Anklage gegen ihn nehmen. Trotzdem erging jetzt das Todesurteil.
Die iranische Justiz macht Scharmahds Oppositionsgruppe Tondar für einen Anschlag im Jahr 2008 in der Stadt Shiraz verantwortlich, bei dem 14 Menschen starben. Gegen das Todesurteil kann Berufung vor dem Obersten Gerichtshof des Iran eingelegt werden, wie die Justiz über ihren Pressedienst Mizan mitteilte.
Das Urteil dürfte die Spannungen zwischen Teheran und dem Westen verstärken. Die EU hatte erst am Montag ihre Sanktionen gegen das Führungspersonal der Islamischen Republik wegen der Unterdrückung der Protestbewegung verschärft. Die europäischen Strafmassnahmen zielen auf Politiker und Militärs, denen die Verfolgung von regimekritischen Demonstranten vorgeworfen wird.
Im Gespräch ist zudem, die Revolutionsgarde – die Elitetruppe des Regimes – als Terrororganisation einzustufen. Die Beziehungen zwischen dem Iran sind auch wegen des iranischen Atomprogramms und wegen iranischer Drohnen-Lieferungen an Russland gespannt.
Die deutsche Aussenministerin Annalena Baerbock nannte das Urteil «schockierend». Im Verfahren seien keinerlei rechtsstaatliche Regeln eingehalten worden. Das Urteil werde eine «deutliche Reaktion» der Bundesregierung zur Folge haben. Berlin werde sich zudem weiter für Scharmahd einsetzen. Doch nicht nur die Regierung engagiert sich. Auch CDU-Chef Friedrich Merz hatte schon Anfang Januar angekündigt, eine politische Patenschaft für Sharmahd zu übernehmen.
Das Todesurteil gegen #JamshidSharmahd ist absolut inakzeptabel. Wir fordern Iran dazu auf, das Urteil zu korrigieren. Die Verhängung der Todesstrafe gegen Herrn Sharmahd wird eine deutliche Reaktion zur Folge haben. 1/2
— Außenministerin Annalena Baerbock (@ABaerbock) February 21, 2023
Der heute 67-jährige Sharmahd wurde im Iran geboren, lebte aber seit den 1980er-Jahren in Deutschland und besitzt seit 1995 neben der iranischen auch die deutsche Staatsbürgerschaft. Im Jahr 2003 zog der Software-Ingenieur mit seiner Familie in den US-Bundesstaat Kalifornien, wo er sich bei Tondar engagierte, einer monarchistischen Gruppierung, die das Mullah-System im Iran ablehnt.
Vom iranischen Geheimdienst entführt
Nach Angaben seiner Familie wurde Sharmadh im Juli 2020 in Dubai von iranischen Agenten nach Teheran entführt. Er kam in Haft und wurde nach Angaben seiner Tochter Gazelle seitdem «gefoltert, bis ihm die Zähne ausgefallen sind und er nicht mehr richtig gehen kann». Nach einer Zählung von iranischen Menschenrechtlern im Exil liess der Iran im vergangenen Jahr über 500 Menschen hinrichten, so viele wie seit fünf Jahren nicht mehr.
Auch die UNO hatte sich im vergangenen Jahr in den Fall eingeschaltet. Die Arbeitsgruppe gegen willkürliche Festnahmen der UN-Menschenrechtskommission forderte die iranische Regierung zu einer Stellungnahme auf und nahm auch die Rolle der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und von Oman bei der mutmasslichen Entführung des Oppositionellen unter die Lupe.
Teheran lehnte es damals unter Verweis auf das laufende Verfahren ab, sich zu Sharmahd zu äussern. Auch die VAE schwiegen, während Oman nur mit Verspätung antwortete und damit gegen UN-Regeln verstiess.
Neben Sharmahd sind mindestens zwei weitere Deutsche in iranischer Haft. Die Kölnerin Nahid Taghavi, die ebenfalls einen deutschen und einen iranischen Pass hat, sitzt seit mehr als zwei Jahren im Gefängnis. Ein 66-jähriger deutscher Tourist im Iran wurde im vergangenen Jahr festgenommen, weil er angeblich in Sperrzonen fotografierte.
Kritiker werfen dem Iran vor, Ausländer festzusetzen, um mit ihnen iranische Agenten im Ausland freizupressen. Im Februar 2020 kam ein Bundesbürger im Iran frei, nachdem die deutschen Behörden einen Iraner, der wegen Sanktionsverstössen an die USA ausgeliefert werden sollte, in den Iran zurückgeschickt hatten.
