Die radikal-islamische «IS»-Miliz hat nördlich ihrer irakischen Hochburg Mossul mehrere Kurden-Stellungen angegriffen. Es handle sich um die grösste Offensive der Extremisten seit Monaten, sagte der Generalsekretär der kurdischen Peschmerga-Einheiten, Dschabbar Jawar, am Dienstag.
Der Chef der christlichen Verteidigungskräfte von Ninewe, die an der Seite der Peschmerga kämpfen, sagte, ihre Stellungen seien vom «IS» im Morgengrauen überrannt worden. Anschliessend hätten die radikalen Islamisten sogar vorübergehend den Ort Tel Askof 20 Kilometer nördlich von Mossul besetzt.
Der «IS» habe bei seinen Vorstössen viele Selbstmordattentäter eingesetzt. Erst mit Hilfe von Luftangriffen der US-geführten Anti-«IS»-Koalition seien die Angreifer zurückgedrängt worden. Militärkreisen zufolge wurden «IS»-Angriffe auch aus Gebieten rund 40 Kilometer westlich von Erbil gemeldet, der Hauptstadt der Autonomen Region Kurdistan im Irak.
US-Verteidigungsminister Ash Carter sagte vor Journalisten in Stuttgart, ein Angehöriger der US-Streitkräfte sei bei Kämpfen in der Nähe von Erbil getötet worden. In der Regel gelingt es den IS-Kämpfern selten, die Linien der Peschmerga zu durchbrechen. Vielmehr gerieten die Extremisten im Norden und Westen des Irak zunehmend in die Defensive.
Neuer Flüchtlingsstrom befürchtet
Mit den Angriffen reagierte der IS auf die irakische Armeeoffensive auf die Stadt Mossul. Der IS hatte Mossul im Sommer 2014 erobert. Die Offensive könnte nach Befürchtung der Vereinten Nationen Zehntausende Menschen in die Flucht treiben. Das UNO-Flüchtlingshilfswerk UNHCR bezifferte die Zahl der für die kommenden Wochen erwarteten Flüchtlinge am Dienstag auf bis zu 30'000, sollte die gegenwärtige Offensive anhalten.
Seine Schätzung stützte das UNHCR auf die Beobachtung, dass seit Beginn der Offensive im März verstärkt Zivilisten aus der Kampfregion geflohen sind. Nach Angaben des UNHCR hat das Flüchtlingslager in Debaga bereits 8000 Schutzsuchende aus der Region aufgenommen.
Hinter der Militäraktion stehen irakische Regierungstruppen und kurdische Kämpfer, unterstützt werden sie von US-Einheiten. Derzeit stehen die Streitkräfte rund 50 Kilometer südlich von Mossul. In der Grossstadt Mossul könnten Schätzungen zufolge eine Million Menschen leben. Seit Beginn des Vorrückens des IS vor zwei Jahren sind rund 3.4 Millionen Menschen im Irak aus ihren Häusern geflohen.
(sda/reu/afp)