Das Rettungsschiff «Alex» hat mit 41 Geretteten trotz Verbots Lampedusa angesteuert. Die Retter missachten das Dekret von Italiens Innenminister. Die deutsche «Alan Kurdi» liegt ebenfalls vor der Küste.
Während das deutsche Rettungsschiff «Alan Kurdi» noch vor der italienischen Küste kreuzt und auf eine Verhandlungslösung hofft, hat sich die italienische «Alex» über das Einfahrtsverbot in italienische Gewässer hinweg gesetzt. Die Crew erklärte den Notfall, die hygienische Situation an Bord sei unerträglich. Wenig später erreichte das Schiff den Hafen, begleitet von Booten der Küstenwache.
#UltimOra Nave Alex arrivata nel porto di Lampedusa #canale50 https://t.co/0kxapzNrby pic.twitter.com/h2EptRP6ek
— Sky tg24 (@SkyTG24) July 6, 2019
Seit über 24 Stunden wurde dem Schiff das Anlanden in Italien verwehrt. An Bord sind den Angaben zufolge 41 Geflüchtete und die Crew.
Am Freitag hatte es noch geheissen, eine Verhandlungslösung zeichne sich ab. 13 Menschen, darunter schwangere Frauen, waren von der italienischen Küstenwache an Land gelassen worden. Das Segelschiff sollte aber Malta ansteuern. Die Crew der Hilfsorganisation Mediterranea lehnte das ab – das Schiff sei mit so vielen Passagieren für die weitere Fahrt nach Valetta nicht ausgelegt.
Eigentlich befand sich die «Alex» nur auf Beobachtungsmission, als sie die in Seenot geratenen in libyschen Gewässern aufnahm. Das Boot ist lediglich für 18 Menschen zugelassen. Die Menschen seien den Witterungsbedingungen hilflos ausgeliefert, teilte die Organisation am Nachmittag mit. Die Fahrt nach Malta sei zu gefährlich. Bilder zeigten, wie die Crew die Personen an Bord mit Planen vor der Sonne zu schützen versuchte.
Schon am Tag zuvor hatte sich die «Alex» bereit erklärt, die Menschen der italienischen oder maltesischen Küstenwache zu übergeben. Malta hatte zugestimmt, die Menschen aufzunehmen – allerdings nur unter der Bedingung, dass Italien die gleiche Anzahl Flüchtlinge aus Malta übernehme. Die Verhandlungen scheiterten.
Derweil steuert das Rettungsschiff «Alan Kurdi» der deutschen Hilfsorganisation Sea-Eye mit 65 Migranten an Bord vorerst nicht in italienische Hoheitsgewässer an. Das sagte Sea-Eye-Einsatzleiter Gorden Isler am Telefon der Nachrichtenagentur dpa. «Wir beachten erstmal dieses Verbot», versicherte Isler. Ohne triftigen Grund werde Sea-Eye nicht dagegen verstossen.
Zuvor hatte die Crew aber bereits erklärt, sich nicht einschüchtern zu lassen. «Das Seerecht gilt, auch wenn manche Regierungsvertreter das nicht wahrhaben wollen», schrieb die Hilfsorganisation im Kurzmitteilungsdienst Twitter.
Die «Alan Kurdi» hatte am Freitag nach Sea-Eye-Angaben 65 Migranten in internationalen Gewässern vor Libyen von einem Schlauchboot gerettet. Einige Stunden später nahm das Schiff Kurs auf Lampedusa. Derzeit liegt das Rettungsschiff etwa eine Seemeile vor den italienischen Hoheitsgewässern und rund 13 Seemeilen vor der italienischen Insel.
Im Bundesinnenministerium war am Freitag bereits ein Brief des rechtsextremen italienischen Innenministers Matteo Salvini eingegangen. Darin drängt er Bundesinnenminister Horst Seehofer , Verantwortung für die «Alan Kurdi» zu übernehmen. Italiens Häfen blieben geschlossen.
Deutschland bot daraufhin an, Gerettete von der «Alan Kurdi» und vom Rettungsschiff «Alex» aufzunehmen – «im Rahmen einer europäisch-solidarischen Lösung», sagte Seehofer. Dafür müssten die Schiffe allerdings zuvor anlanden. Derzeit ist nicht absehbar, dass ein anderer Hafen als Lampedusa dafür infrage käme.
Eine per Mail an die Behörden in Rom und Valletta, der Hauptstadt Maltas, geschickte Bitte der «Alan Kurdi» um Zuweisung eines sicheren Hafens für war bis Samstagvormittag ohne Antwort geblieben, sagte der Einsatzleiter weiter. Das Segelschiff «Alex» wurde bereits einen Tag länger von Italiens Küstenwache blockiert.
Aus Solidarität mit den Seenotrettern im Mittelmeer gingen in verschiedenen deutschen Städten Tausende Menschen auf die Strasse. Damit folgten sie einem Aufruf der Organisation «Seebrücke». Auch Vertreter der «Ärzte ohne Grenzen» nahmen teil.
(jmt/cwe)