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Parlamentswahl in Venezuela: Maduro fürchtet einen Rechtsruck

Maduros Amtszeit endet erst 2019.
Maduros Amtszeit endet erst 2019.
Bild: CARLOS GARCIA RAWLINS/REUTERS

Parlamentswahl: Venezuelas linker Präsident fürchtet einen Rechtsruck

06.12.2015, 18:19
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Nach Argentinien könnte es auch in Venezuela zum Rechtsruck kommen: Bei der Parlamentswahl am Sonntag bangt die Vereinte Sozialistische Partei (PSUV) von Staatschef Nicolás Maduro um ihre Macht. Laut Umfragen könnte die rechte Opposition die seit 16 Jahren regierenden Sozialisten ablösen.

Die unter Maduros 2013 gestorbenem Vorgänger Hugo Chávez noch schwache und zersplitterte Opposition hat sich mittlerweile im Bündnis MUD (Mesa de Unidad Democrática, Tisch der demokratischen Einheit) konsolidiert.

19,5 Millionen Venezolaner waren am Sonntag aufgerufen, die 167 Abgeordneten des Parlaments zu bestimmen. Erste Ergebnisse sollten in der Nacht zum Montag (02.30 Uhr MEZ) vorliegen. Wahlbeobachter waren nicht zugelassen, es gab aber eine Wahlbegleitung, unter anderem durch die Union Südamerikanischer Nationen (UNASUR).

Für die einfache Mehrheit im neuen Parlament, das am 5. Januar zusammentreten soll, genügen 84 Mandate. Die Opposition strebt eine qualifizierte Mehrheit von 101 beziehungsweise eine absolute Mehrheit von 112 Abgeordneten an. Bei einem Wahlerfolg will sie für 2016 einen Volksentscheid zur Abwahl Maduros anberaumen, dessen Amtszeit eigentlich erst 2019 endet.

Wahllokal in der Hauptstadt Caracas. 
Wahllokal in der Hauptstadt Caracas. 
Bild: EPA/EFE

Schwere Wirtschaftskrise

Venezuela leidet gegenwärtig unter einer schweren Wirtschaftskrise und einer enormen Inflation von bis zu 200 Prozent. Mangelwirtschaft und fehlende Lebensmittel haben die Unzufriedenheit in Venezuela zusätzlich deutlich erhöht.

Vor Supermärkten bilden sich lange Schlangen. «Es gibt zu viel Unsicherheit, einen zu grossen Mangel», sagte der Wähler Carlos Silvera. Es sei schwer, an Dinge des täglichen Bedarfs wie Windeln, Öl und Reis zu kommen. Gerade untere Schichten leiden unter den fast täglich teurer werdenden Lebenshaltungskosten.

Das Land mit den grössten Ölreserven weltweit leidet zudem unter dem niedrigen Ölpreis, was es schwerer macht, die Sozialprogramme zu finanzieren. Der 2013 gestorbene Präsident Hugo Chávez hatte das Projekt einer «bolivarischen Revolution» ausgerufen und lange Zeit vom hohen Ölpreis profitiert.

Staatschef Maduro bezeichnete seine Gegner im Wahlkampf als «Marionetten des US-Imperialismus», die darauf aus seien, die Kontrolle über Venezuelas bedeutende Ölindustrie zu erringen. Die MUD kündigte an, die Sozialprogramme der Sozialisten zu streichen.

Opposition immer noch zerrissen

Die Opposition verbindet vor allem der Wunsch, die Regierung zu entmachten. Darüber hinaus ist sie nach wie vor zerrissen zwischen einem moderaten und einem radikalen Flügel, der von dem inhaftierten Ökonom Leopoldo López angeführt wird. Wegen der gewaltsamen Proteste gegen die Regierung mit 43 Toten im vergangenen Jahr war er zu fast 14 Jahren Haft verurteilt worden.

Lilian Tintori (M.), die Gattin des inhaftierten Oppositionsführers Leopoldo Lopez, zeigt nach der Stimmabgabe ihren mit Tinte markierten Finger. 
Lilian Tintori (M.), die Gattin des inhaftierten Oppositionsführers Leopoldo Lopez, zeigt nach der Stimmabgabe ihren mit Tinte markierten Finger. 
Bild: NACHO DOCE/REUTERS

Nach Angaben des kolumbianischen Ex-Präsidenten Andrés Pastrana durfte López aber an der Wahl teilnehmen. Maduro habe die Stimmabgabe erlaubt, sagte Pastrana nach einem Treffen mit Maduro am Samstag in Caracas. López' Anhänger sehen ihn als politischen Gefangenen an. Auch die USA und die EU protestierten gegen seine Verurteilung.

Vor der Wahl wuchs die Sorge vor neuer Gewalt in dem südamerikanischen Land, das ohnehin die weltweit zweithöchste Mordrate aufweist. Durch die Erschiessung des Oppositionspolitikers Luis Manuel Díaz von der Partei Acción Democrática (AD, Demokratische Aktion) bei einer Wahlkampfveranstaltung Ende November hatte sich die Stimmung weiter aufgeheizt. (sda/afp/dpa)

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quelle: x02433 / carlos garcia rawlins
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