Die Bemühungen um die Bildung einer stabilen Regierung in Libyen haben erneut einen Rückschlag erlitten: Einen Tag nach dem Machtverzicht der international nicht anerkannten Regierung in Tripolis zog deren Chef Chalifa Ghweil die Ankündigung wieder zurück.
Libye: malgré la démission de ses ministres, Khalifa Ghweil veut rester https://t.co/zdtrLmQzCL pic.twitter.com/LvKoJguWFv
— RFI (@RFI) 6. April 2016
Der Chef der Einheitsregierung, Fajes al-Sarradsch, war erst vor einer Woche mit mehreren Kabinettsmitgliedern in Tripolis eingetroffen, um die von feindlichen Milizen kontrollierte Hauptstadt zu seinem Sitz zu machen. Ghweil kündigte zunächst Widerstand an: Er forderte al-Sarradsch und seine Minister in einer Fernsehansprache auf, «aufzugeben oder wieder zu verschwinden».
Am Dienstagabend erklärte die international nicht anerkannte Regierung dann, sie ziehe sich im Interesse des Landes zurück. Dadurch solle weiteres «Blutvergiessen und die Spaltung» Libyens verhindert werden.
Die seit 2014 in Tripolis herrschende Regierung gab damit massivem internationalen Druck nach und machte den Weg für die Einheitsregierung von al-Sarradsch frei. Internationale Beobachter sprachen von einer ermutigenden Entwicklung, darunter der UNO-Sondergesandte für Libyen, Martin Kobler, der sich in Tripolis aufhielt.
Die Einheitsregierung leitete am Mittwoch erste Schritte ein, um ihre Macht zu festigen. Sie veröffentlichte einen Erlass, in dem sie alle Ministerien und Behörden anwies, ihre Autorität anzuerkennen. Sie wies die Zentralbank an, sämtliche staatlichen Guthaben einzufrieren. Gehälter an die Angestellten des öffentlichen Diensts sollen aber weiter fliessen.
Der UNO-Sondergesandte Kobler hatte am Dienstag den Rückzug der international nicht anerkannten Regierung begrüsst und kündigte die Unterstützung der UNO «für eine unverzügliche und friedliche Machtübergabe» an.
Am Mittwochnachmittag war die Lage in Tripolis dann erneut unklar. Auf der Website seiner Regierung veröffentlichte Ghweil eine von ihm unterzeichnete Erklärung, in der er seinen Machtanspruch bekräftigte und zudem seine Minister dazu aufrief, ihre Ämter nicht niederzulegen.
Gleichzeitig drohte Ghweil jedem, der mit der unter UNO-Vermittlung gebildeten Einheitsregierung zusammenarbeite, mit «Strafverfolgung».
Von der UNO-unterstützten Regierung sowie von der UNO selbst gab es zunächst keine Reaktionen auf Ghweils Kehrtwende. Der Grund für dessen Schritt war zunächst unklar, er dürfte aber auf Differenzen innerhalb der Ghweil-Regierung hindeuten.
Die Einheitsregierung war Mitte März in einer Erklärung von 100 der 198 Abgeordneten des im ostlibyschen Tobruk sitzenden international anerkannten Parlaments ausgerufen worden. Die Bildung dieser Regierung ist Teil eines von der UNO vermittelten Abkommens, das auch eine neue Verfassung und Parlamentswahlen vorsieht.
Bislang wurde die Regierung aber noch nicht durch ein Parlamentsvotum bestätigt. Kobler ermahnte die Libyer am Mittwoch, sich an die Vereinbarungen aus dem Abkommen zu halten. (kad/sda/afp)