Applaus brandet auf, als Dutzende Flüchtlinge am Münchner Hauptbahnhof aus einem Sonderzug steigen. Sie wirken erschöpft und erleichtert, lachen und winken den Passanten, die ihnen hinter einer Absperrung zujubeln.
Said aus Syrien freut sich über den warmherzigen Empfang in Deutschland:
In Ungarn, wo er die letzten Tage verbracht habe, sei es «sehr schlecht» gewesen: «Kein Essen, keine Getränke, viele Probleme dort». Manche Menschen dort hätten die Flüchtlinge sehr schlecht behandelt.
«Es ist wirklich besser hier», sagt auch der junge Ahmed. Drei Tage habe er in Budapest am Bahnhof mit Tausenden anderen gewartet, ehe er endlich in einen der Sonderzüge in Richtung Österreich und Deutschland habe steigen können.
Sein Ziel: Berlin. Dort leben schon Verwandte und Freunde. 23 Tage sei er mit sieben anderen Familienmitgliedern unterwegs gewesen, erzählt Ahmed, bis sie es von Syrien über die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien, Ungarn und Österreich endlich nach Deutschland geschafft hätten. «Es war gefährlich: das Meer, der Wald oder auch Tiere.»
Er sei froh, in Deutschland zu sein. Auf die Frage, wie er sich fühlt, sagt der junge Mann im gelben T-Shirt nur: «Wir sind wirklich müde.» Sein zweieinhalbjähriger Cousin, der auf seinen Schultern sitzt, schläft fast.
Ausruhen, essen, trinken und medizinische Versorgung steht für die Flüchtlinge zunächst auf dem Programm. Der Regierungspräsident von Oberbayern, Christoph Hillenbrand, sagt:
Und: «Hier wird nicht mehr registriert.»
Dafür fehlen am Samstag schlicht Zeit und Platz am Münchner Hauptbahnhof. Knapp 12'000 Menschen, die Einwohnerzahl einer Kleinstadt, haben am Wochenende ihre oft wochenlange Odyssee in München zumindest vorläufig beendet.
Die Tausende Neuankömmlinge müssen erst über und aus dem Münchner Hauptbahnhof gelotst werden. Die Polizei hat die Gleise weiträumig abgesperrt. Viele Reisende sind überrascht, dass sie nicht direkt zu ihren Regionalzügen gelangen können. Doch alles verläuft geordnet.
Die Einsatzkräfte und Helfer sind um Ruhe und Freundlichkeit bemüht. «Ladies and Gentlemen, welcome in Munich», schallt am Mittag eine Frauenstimme aus den Lautsprechern am Bahnsteig 27, als der erste Sonderzug aus Salzburg mit Flüchtlingen, die aus Ungarn kommen, eintrifft. Die rund 250 Menschen sollen direkt am Gleis stehen bleiben, heisst es. «Wir helfen ihnen dort.»
Rund 20 Bundespolizisten in schwarzen Overalls sprechen mit den Flüchtlingen, die zögerlich aus dem Zug steigen. Der Einsatzleiter der Bahn-Sicherheitskräfte setzt einem kleinen Jungen seine Dienstmütze auf den Kopf.
Der Knabe strahlt ein Zahnlücken-Lächeln und hüpft fröhlich über den Bahnsteig. Dann steigt er, ohne Mütze, gemeinsam mit seinem Vater in eine S-Bahn, mit der die Flüchtlinge ein Stück stadtauswärts transportiert werden, zur Donnersberger Brücke.
Je weiter der Tag voranschreitet, desto mehr Züge mit Flüchtlingen kommen in München an, mal mit 400 Menschen an Bord, mal mit 900. Viele werden direkt aus dem Bahnhofsgebäude zu Bussen gebracht. Auch hier applaudieren vereinzelt Passanten, eine alte Dame weint.
Von den Flüchtlingen, die vor allem aus Syrien kommen, sprechen die wenigsten Englisch. Sie schütteln den Kopf, wenn die zahlreichen Reporter und Fernsehteams sie fragen, ob sie von ihrer Flucht berichten könnten.
Für ein paar Brocken Englisch reicht es bei manchen aber doch. «Germany – very good» ruft ein Mann. Und ein anderer dreht sich auf dem Weg zum Bus zu den Kameras und sagt: «Thank you, Germany!» (tat/sda/reu)
ps. Natürlich können Medien solche Kommentare zensieren, aber die Frage ist dennoch berechtigt.