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Hamas stoppt Geisel-Freilassung und Israel ist alarmiert

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Am Samstag hat die Hamas überraschend drei Geiseln freigelassen. Ihre ausgemagerte Erscheinung schockierte die Angehörigen. Bild: keystone

Hamas stoppt Geisel-Freilassung und Israel ist alarmiert – das Wichtigste in 5 Punkten

10.02.2025, 20:2110.02.2025, 20:21
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Wegen des Stopps der Geisel-Freilassungen durch die islamistische Hamas steht die ohnehin brüchige Waffenruhe mit Israel im Gazastreifen auf der Kippe. Die Hamas hatte die für diesen Samstag vorgesehene nächste Freilassung israelischer Geiseln auf unbestimmte Zeit verschoben.

Die aktuellste Übersicht dazu in 5 Punkten:

Hamas wirft Israel Vertragsbruch vor

Zur Begründung teilte Hamas-Sprecher Abu Obeida mit, Israel halte sich nicht an die Vereinbarung zur Waffenruhe. Israels Verteidigungsminister Israel Katz indes versetzte die Armee, die noch im Gazastreifen stationiert ist, in höchste Alarmbereitschaft.

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Der Hamas-Sprecher Abu Obeida.Bild: EPA

Kommenden Samstag sollten die Extremisten eigentlich drei weitere Geiseln freilassen. Dies werde erst möglich, wenn sich Israel wieder an die Vereinbarungen halte, sagte Obeida nun. Die Hamas stehe aber grundsätzlich zu den Vereinbarungen über die seit dem 19. Januar für zunächst sechs Wochen geltende Waffenruhe und den Austausch von Geiseln gegen inhaftierte Palästinenser, bekräftigte Obeida.

Israel hingegen habe die Rückkehr von Vertriebenen in den nördlichen Gazastreifen verzögert, das Feuer an verschiedenen Stellen des Küstenstreifens eröffnet und die Einfuhr von Hilfsgütern behindert, begründete Obeida die Verschiebung der Freilassung. Die Hamas hingegen habe sich an alle Abmachungen gehalten.

Israelische Soldaten hatten auch während der Waffenruhe wiederholt auf Palästinenser geschossen. Dabei gab es mehrere Tote und Verletzte. Zur Begründung teilte die Armee mit, Verdächtige hätten sich israelischen Stellungen genähert und nicht auf Warnschüsse reagiert.

Israel behauptet keine Hilfslieferungen zu blockieren

Israel weist die Vorhaltungen der Hamas zurück und wirft den Islamisten seinerseits Verstösse vor. Der israelische Regierungssprecher David Mencer wies insbesondere Vorwürfe zurück, Israel blockiere Hilfslieferungen für die mehr als zwei Millionen Bewohner des Gazastreifens.

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Der israelische Verteidigungsminister Israel Katz.Bild: keystone

Verteidigungsminister Israel Katz bezeichnete die Ankündigung der Hamas als gravierenden Verstoss gegen das Waffenruheabkommen und die Vereinbarung zur Freilassung der Geiseln. «Ich habe die IDF angewiesen, sich mit höchster Alarmbereitschaft auf jedes mögliche Szenario in Gaza vorzubereiten und die Ortschaften (am Rande des Gazastreifens) zu schützen», sagte er.

Angehörige bitten Vermittler um Hilfe

Das israelische Forum der Angehörigen bat die in dem Konflikt vermittelnden Länder um Unterstützung. Das sind vor allem die USA, Katar und Ägypten. Die Umsetzung des Abkommens zur Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas müsse ermöglicht werden, forderte die Organisation. «Wir stehen an der Seite der israelischen Regierung und setzen uns für die Aufrechterhaltung der Bedingungen ein, die eine erfolgreiche Fortsetzung des Abkommens und damit die sichere Rückkehr unserer 76 Brüder und Schwestern gewährleisten», hiess es. 35 der noch 76 Verschleppten sind nach israelischen Angaben nicht mehr am Leben.

Relatives of hostages, held by Hamas in the Gaza Strip, protest outside of Israel's Ministry of Defense in Tel Aviv, Israel, Monday, Feb. 10, 2025, after the militant group announced it would del ...
Geisel-Angehörige protestieren am Montag in Tel Aviv und fordern Trump auf, die Situation «zu regeln».Bild: keystone

Die Berichte der bisher Freigelassenen sowie der schockierende körperliche Zustand der am Samstag freigelassenen drei Geiseln lasse keinen Zweifel daran, dass die Zeit dränge und alle Geiseln dringend aus dieser schrecklichen Situation befreit werden müssten, schrieb das Forum weiter.

Seit Beginn der Waffenruhe im Gaza-Krieg am 19. Januar hat die Hamas bisher bei fünf Freilassungsaktionen 16 von insgesamt 33 israelischen Geiseln freigelassen, die während der ersten Phase der dreistufigen Vereinbarung von der Hamas übergeben werden sollen.

Ausserdem liess die Terrororganisation fünf Thailänder frei, dies aber nicht als Teil der Vereinbarung mit Israel. Im Gegenzug entliess Israel 583 inhaftierte Palästinenser von vorgesehenen 1'904 Häftlingen.

Gespräche über zweite Phase im Verzug

Über die zweite Phase der Waffenruhe sollte eigentlich schon seit vergangener Woche verhandelt werden. In diesem zweiten Abschnitt würden alle lebenden Geiseln freigelassen und die israelische Armee ihren bereits jetzt begonnenen Abzug aus dem Gazastreifen abschliessen.

Die Hamas warf Israel jedoch vor, den Beginn zu verzögern und nicht an einem Ende des Krieges interessiert zu sein. In der rechtsreligiösen Regierung des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu fordern Mitglieder wie der rechtsextreme Finanzminister Bezalel Smotrich eine Fortsetzung des Krieges gegen die Hamas. Der rechtsextreme frühere Polizeiminister Itamar Ben-Gvir, der aus Protest gegen die Waffenruhe aus der Regierung ausgetreten war, forderte nun einen «massiven Angriff» auf den Gazastreifen und einen totalen Stopp humanitärer Hilfslieferungen.

Palästinenser lehnen Trumps Pläne ab

Weitere Unruhe hatte US-Präsident Donald Trump mit seinem viel kritisierten Plan ausgelöst, die Gaza-Bewohner dauerhaft in andere Länder umzusiedeln und den zerstörten Küstenstreifen in eine «Riviera des Nahen Ostens» zu machen. In einem Interview sprach er ihnen das Recht auf Rückkehr ab. Auf die Frage, ob die Palästinenser das Recht haben würden, in das Küstengebiet zurückzukehren, sagte Trump im Gespräch mit dem Sender Fox News: «Nein, das würden sie nicht, denn sie werden viel bessere Unterkünfte haben.» Es gehe ihm darum, «einen dauerhaften Ort» in anderen Ländern für die Palästinenser zu schaffen, so der Republikaner.

«Wir werden schöne Gemeinden für die 1,9 Millionen Menschen bauen. Wir werden schöne Gemeinden bauen, sichere Gemeinden.» Diese sollten ein wenig entfernt von «all dieser Gefahr» entstehen. Zu dem vom israelischen Militäreinsatz gegen die islamistische Hamas zerstörten Gazastreifen sagte er: «In der Zwischenzeit würde ich das besitzen. Betrachten Sie es als eine Immobilienentwicklung für die Zukunft.»

Die Palästinenser, andere arabische Staaten und auch andere westliche Verbündete Israels wie etwa Deutschland lehnen eine Umsiedlung ab. (sda/dpa/lyn)

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39 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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jyperion
10.02.2025 20:44registriert März 2015
Das wahr leider absehbar.
Ein möglicher und wenn wahr sehr tragischer Grund könnte sein, dass der Hamas die Geiseln ausgehen. Schon bei der letzten Freilassung waren die freigelassenen Geiseln in einem schlechten Zustand und der Verdacht liegt nahe, dass dies auch für die restlichen Geiseln, die in Phase 1 freikommen sollten gilt. Die Freilassung von Geiseln in schlechtem Zustand könnte dem “Image” der Hamas schaden weshalb sie vieleicht zum schluss kam, dass dies nicht in ihrem Interesse liegt. Ausserdem ist die Hälfte der jetzt noch angehenden Geiseln bereits tot und Kinder sind dabei.
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Noomiwolke
11.02.2025 00:32registriert November 2024
Das traurige die Kinder wurden immer noch nicht freigelassen, eins ist ein Baby und das andere ein Kleinkind. Die Geiseln hatten etwa 20 Kg abgenommen und in einem schlechten Zustand. Auf Hamas Wort ist kein Verlass es sind ja Terroristen. Ihre zu Recht von Israel inhaftierte Hamas Anhänger wurden ja schon sehr viele freigelassen. Aber wenn die Israel Geiseln weiterhin nicht freigelassen werden, wird sicher nochmals heftig werden. Das wird ISRAEL sicher nicht akzeptieren und Recht haben sie!!
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Dominik Egloff
10.02.2025 20:59registriert November 2015
Dass die Hamas nicht alle Geiseln freilassen will war zu erwarten. Nach den Ärzte die die 3 letzten freigelassenen Geiseln behandeln zeigen sie dieselben physiologischen Werte wie sie Holocaustüberlebende die mehr als ein Jahr im KZ gequält wurden aufwiesen. Das schlimme ist die Geiseln berichten nicht nur von konstantem absichtlichen Hungern lassen und wiederholten Folterungen sondern auch von anderen noch eingekerkerten die in noch erbärmlicherem Zustand seien. Diese Unmenschlichkeit ist ein trauriger Tiefpunkt für die Menschlichkeit.
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