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Prozess in Österreich wegen 12-Jähriger als Hilfschirurigin

Zwölfjährige soll «Hilfschirurgin» gewesen sein – Prozess startet

14.10.2025, 14:4714.10.2025, 14:47

Durfte ein zwölfjähriges Mädchen bei einer Notoperation in Österreich den Schädel eines Patienten aufbohren? Um diese Frage dreht sich ein Prozess in der Stadt Graz. Angeklagt sind eine Neurochirurgin – die Mutter des Kindes – und ein Chirurg. Beide Mediziner waren an dem Eingriff beteiligt.

Doctors make an eye surgery operation on a man who was injured in the explosion of one of the handheld devices, at the Eye Specialist hospital, in Beirut, Lebanon, Friday, Sept. 20, 2024. (AP Photo/Hu ...
Die Neurochirurgin arbeite mittlerweile nicht mehr in dem Spital. (Symbolbild)Bild: keystone

Dass das Mädchen aktiv Hand anlegte, bestreiten die Mediziner. Sie sind wegen Beteiligung an einer Körperverletzung angeklagt, weil sie es mutmasslich zuliessen, dass eine ungeschulte Person einen Patienten behandelte, wie die Staatsanwältin ausführte. Der Strafrahmen reicht bis zu einem Jahr Gefängnisstrafe, alternativ ist eine Geldstrafe möglich.

Bei der Operation im Januar 2024 wurde ein Mann behandelt, dem bei einem Forstunfall ein schwerer Ast auf den Kopf gefallen war. Er wurde mit einem Schädel-Hirn-Trauma in das Landeskrankenhaus Graz eingeliefert.

Medizinisch interessierte Tochter

Es war ein Samstag. Die damals 12-jährige Tochter habe ihre Mutter an diesem Tag in das Spital begleitet, um dort Englischvokabeln zu lernen, berichtete die 48-jährige Chirurgin vor Gericht. Das medizinisch interessierte Kind habe dann darum gebeten, bei einer Operation zusehen zu dürfen. Dass sie das erlaubt habe, sei «sicherlich ein Fehler» gewesen, sagte die Mutter. Nach Aussage der Angeklagten bat die Tochter gegen Ende der Operation darum, mithelfen zu dürfen. «Ich war überrascht von der Frage, aber habe ihr das nicht ausgeschlagen, was ein riesiger Fehler war», sagte der angeklagte Chirurg. Der 35-Jährige räumte ein, dass das Kind seine Hand auf das Bohrgerät oder auf seine Hand gelegt habe. Doch er habe das Gerät bedient und immer die volle Kontrolle gehabt, betonte er.

Die Chirurgin hatte ihren Teil der Operation zu diesem Zeitpunkt schon abgeschlossen und war im OP-Saal bereits mit Telefonaten über weitere geplante Operationen beschäftigt, wie sie aussagte. Was ihre Tochter genau getan habe, habe sie nicht mitbekommen.

Chirurgin spricht von «saublödem Mutterstolz»

Nach Angaben von Zeuginnen hatte die Chirurgin jedoch nach dem Eingriff gegenüber Klinik-Kolleginnen sinngemäss berichtet, ihre Tochter habe soeben ihr erstes Bohrloch gesetzt. Vor Gericht meinte die Chirurgin, sie habe das wohl nur «aus saublödem Mutterstolz» gesagt, doch sie habe dies nicht im Sinne einer aktiven Beteiligung an der Operation gemeint.

Die Operation verlief komplikationslos und ohne negative Folgewirkungen. Doch der Eingriff hätte wegen der Beteiligung des Kindes «wirklich schlimm» ausgehen können, meinte die Staatsanwältin. «Das zeugt von einer unglaublichen Respektlosigkeit vor dem Patienten», sagte sie.

Angeklagte arbeiten nicht mehr in der Klinik

Die Vorwürfe waren durch Gerüchte in der Klinik und durch ein anonymes Schreiben an leitende Ärzte bekanntgeworden. Das Spital hat sich mittlerweile von den beiden Angeklagten getrennt, wie eine Sprecherin der Universitätsklinik der Deutschen Presse-Agentur (dpa) sagte. Das Urteil in dem Prozess wird an einem zweiten, bislang nicht festgelegten Verhandlungstag erwartet. (sda/dpa)

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10 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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bubru
14.10.2025 19:27registriert Mai 2024
So weit sind wir schon mit dem Fachkräftemangel.
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FP
14.10.2025 19:48registriert Mai 2022
Nur schon die Idee das Kind bei so einer heiklen OP dabei zu haben ist völlig daneben und zeigt einmal mehr wie verantwortunslos und ein Respektloses verhalten gegenüber anderen Menschen.
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