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Bam Margera auf der Flucht – der Aufstieg und Fall des «Jackass»-Stars

Vom Enfant Terrible zum noch schlimmeren Enfant Terrible: Bam Margera.
Vom Enfant Terrible zum noch schlimmeren Enfant Terrible: Bam Margera.bild: gettyimages/watson

Bam Margera auf der Flucht – der Aufstieg und tiefe Fall des «Jackass»-Stars

26.04.2023, 17:0027.04.2023, 10:06
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Bam Margera, ehemaliger Skater und bekannt geworden durch die «Jackass»-Videoserie, ist seit Sonntagmorgen vor der Polizei auf der Flucht.

Wie kam der Reality-TV-Star und die Skate-Ikone zu so einem Schicksal? Sein Werdegang (und Niedergang) hier in fünf Punkten.

Skating, Videos, Skating-Videos!

Der 1979 geborene Bam heisst eigentlich gar nicht Bam, sondern Brandon Margera. Den Sitznamen erhält er als Dreijähriger von seiner Grossmutter, weil er immer wieder «absichtlich in Wände rennt». So erzählt er es zumindest 2005 in einem Interview mit dem «Big Brother Magazine».

Seine Eltern kommen aus überschaubaren Verhältnissen. Mutter April ist Coiffeuse, Vater Phil Bäcker. Dieser ist ein grosser Fan von selbst gemachten Videos und begleitet Bam immer und überall mit der Kamera und zeichnet den Jungen stets auf. Vor allem, wenn der kleine Bam seine Leidenschaft lebt – das Skaten.

An den Wochenenden nimmt Phil seinen Sohn an verschiedene Skatingparks in ganz Pennsylvania mit und filmt den Kleinen. Schliesslich ist Bam auch ein sehr talentierter Skater. Abends schauen sie sich die aufgenommenen Bänder an, und es geht nicht lange, bis Bam die Videos selber zu schneiden beginnt.

Seinen Freunden beim lokalen Skatepark (wo er mittlerweile wegen seines Skate-Talents lokale Berühmtheit erlangt hat) zeigt er die Filme – sie stossen aber nicht auf besonders grosses Interesse. So fängt er an, auch die «Aussetzer» hineinzuschneiden. Stürze, Fails, lustige Zwischenschnitte. Diese Filmchen kommen deutlich besser an. Er hat sein Erfolgsrezept gefunden. Mit der Zeit werden seine Videos Party- und Stunt-lastiger.

Bam Margera springt in CKY aus grosser Höhe in eine Menschenmasse.
Bam Margera springt in CKY aus grosser Höhe in eine Menschenmasse.bild: sc/youtube

1996 veröffentlichte das Skater-Magazin «Big Brother» ein Video mit dem ästhetisch anziehenden Namen «Shit». Der Film ist eine Mischung aus Skate-Footage und Lifestyle, zeigt nackte Menschen beim Party machen. Das rücksichtslose Verhalten in den Aufnahmen begeistert die Zuschauer, der Film wird zur Koryphäe. Im zweiten Teil, «number two» gibt auch der spätere Jackass-Star und Stuntman Johnny Knoxville sein Debut.

Bam Margera erkennt den kulturellen Impact (und Erfolg) der «Shit»-Filme und realisiert, dass er mit seinen Freunden schon die ganze Zeit über solche Filme dreht – warum soll er nicht auch etwas in dieser Grösse produzieren? Dieses Etwas äussert sich 1999 mit «CKY» (Camp kill yourself , in Anlehnung an den Horrorfilm Sleepaway Camp). Der Inhalt von CKY: Stunts, verrückte Szenen, allerlei dumme und rücksichtslose Pranks und natürlich Skating. Der Film boomt, wird in Skating-Läden mehrere hunderttausend Male verkauft. Und macht Bam somit zum Millionär. Insgesamt wird es vier CKY-Filme geben.

Schöne Zeiten mit «Jackass»

Der Erfolg von CKY macht den Regisseur der «Big Brother»-Filme auf Bam aufmerksam. Er lädt den mittlerweile 20-Jährigen im Sommer 2000 nach Los Angeles ein. Dort bringt er ihn mit der Crew von Johnny Knoxville zusammen. Gemeinsam tüfteln sie die Grundidee von «Jackass» aus und spielen sie einem Hollywood-Produzenten zu. Verrückte Stunts, je abgefahrener, desto Besser, lautet das Motto.

Tatsächlich zeigt MTV Interesse und kauft die Show. Die erste Episode geht im Oktober 2000 Live und schlägt ein wie keine andere zuvor. Zugegeben, es hat zuvor auch noch nie etwas Vergleichbares im Fernsehen gegeben.

Steve-O jumps into an alligator pit in a scene from the film 'Jackass: The Movie', 2002. (Photo by Paramount/Getty Images)
Steve-O bindet sich ein Stück Fleisch um und klettert über ein lebendes Krokodil.Bild: Moviepix

Die Jackass-Crew macht alles, egal, wie gross die Angst oder die Schmerzen sind. Johnny Knoxville lässt sich vor laufender Kamera anzünden. Steve-O springt von einer Leiter kopfüber in ein Planschbecken voller Elefantenmist. Bam Margera wird von einem Geländewagen an einem Seil durch den Sand in Mexiko gezogen. Der kleinwüchsige Wee Man rennt in Unterwäsche durch die Stadt. Was heutzutage nicht mehr besonders speziell klingt, ist im Jahr 2000 revolutionär.

Jackass bleibt die erfolgreichste MTV-Show, und die Einnahmen aus den CYK-Filmen sind weiterhin gewaltig. 2001 gibt Vater Phil seinen Job als Bäcker auf und verwaltet nun das Vermögen seines Sohnes als Manager – bis heute.

2002 beschliesst Paramount Pictures, aus der Serie einen Film zu drehen. In der ersten Verkaufswoche spielt «Jackass – The Movie» 79 Millionen US-Dollar in die Kassen – bei einem Budget von 5 Millionen. Spätestens jetzt sind auch die anderen Mitglieder der Crew reich; Bam ist einfach noch reicher.

Nachdem Jackass auf MTV eingestellt wird, erhält Bam seine eigene Sendung: «Viva la Bam». Wer jetzt denkt, es könne ja nicht schlimmer kommen als bei Jackass, täuscht sich. Es ist, gemessen an heutigen Standards, noch viel geschmackloser.

«Viva la Bam» – Mobbing zelebriert

Der Inhalt von Viva la Bam ist simpel. Bam und seine Freunde treiben Unfug und spielen Streiche. Die Opfer sind meist Bams Familie, allen voran sein Onkel Vincent «Don Vito» Margera.

Heute würde man das Verhalten von Bam in der Sendung als Mobbing bezeichnen. Er prügelt grundlos auf seinen Vater ein, der alles stoisch über sich ergehen lässt. Er blamiert seine Eltern in aller Öffentlichkeit in Paris, als sein Freund mit einem gestohlenen Velo neben ihnen schnurstracks in ein Plakat fährt.

Bam Margera, Don Vito, Brandon Novak, Phil Margera from "Viva La Bam" and guest (Photo by Jason Squires/WireImage)
vlnr: Bam Margera, Vincent Roy «Don Vito» Margera, Brandon Novak (Freund von Bam) und Phil Margera.Bild: WireImage/gettyimages

In einer Episode baut Bam das Haus seiner Eltern (zu deren Schreck) zu einem Skating-Park um. In einer anderen bestellt er eine wörtliche Armee von Schauspielern vor die Bude, um eine Szene aus dem amerikanischen Bürgerkrieg nachzuspielen.

In der zweiten (von insgesamt 5 Staffeln) kauft Bam seiner Familie und sich selbst ein kleines Schloss unweit ihres ursprünglichen Heimes – Castle Bam (Schloss Bam). Auf dem dazugehörigen Anwesen finden tagein-tagaus Partys statt. Alkohol und Drogen gehören zur Tagesordnung.

Turbulente Jahre

Nachdem auch «Viva la Bam» eingestellt wird, langweilt sich Bam. Sein grösstes Jugendhobby, das Skaten, hat er mittlerweile verlernt – MTV wollte Skating nicht als Bestandteil von «Viva la Bam» haben. Zudem wird er auf jedem Skateplatz erkannt, und nach Autogrammen gefragt. Nicht verwunderlich, schliesslich kann man ihn seit 2001 in jedem Spiel der Reihe «Tony Hawk's Pro Skater» als Charakter spielen.

Er dreht zwischendurch eigene Filme, die teilweise erfolgreich sind, teilweise aber auch floppen. MTV dreht mit ihm eine weitere Serie, die seine bevorstehende Heirat mit seiner Freundin behandelt. Und natürlich Streiche und Stunts à la «Viva la Bam» enthält. Nach nur einer Staffel verlässt Bam die Serie, angeblich, weil MTV von ihm verlangte, dass er ein Kind zeugen soll. Damit man «Material für die zweite Staffel» habe.

Bam Margera, Ryan Dunn and Johnny Knoxville (Photo by Theo Wargo/WireImage)
Bam Margera, Ryan Dunn und Johnny Knoxville bei den Dreharbeiten zu «Jackass: The Movie».Bild: gettyimages/WireImage

Die Fortsetzung des Jackass-Films ist jedoch sehr erfolgreich. «Jackass Number Two» kommt 2006 in die Kinos und begeistert die Massen. Mit dabei ist, natürlich, auch Bam Margera. Und «Jackass 3D» wird 2010 der kommerziell erfolgreichste Jackass-Film überhaupt.

2011 wird sein Leben jedoch aus der Bahn geworfen. Ryan Dunn, sein bester Freund seit Kindheitstagen, ebenfalls bei CYK und Jackass dabei, stirbt bei einem Autounfall. Er war alkoholisiert mit 255 km/h in einen Baum gefahren.

Der Tod Ryans trifft Bam schwer und löst in seinem Leben eine Abwärtsspirale aus, von der er sich bislang nicht recht befreien konnte.

Bam «Wrack» Margera

Bam schliesst sich tagelang in seinem Keller ein, schaut alte Aufnahmen an und betrinkt sich. Er kündigt an, einen Film zu Ehren Dunns zu drehen, beendet die Dreharbeiten dazu aber nie.

2012 durchgeht er eine Scheidung mit seiner damaligen Frau. Anschliessend macht er mit seinem alten Leben weiter – Partys, Alkohol und Drogen. 2013 heiratet er Nicole Boyd. Sie scheint etwas Stabilität in sein Leben zu bringen. Ein Jahr darauf darf Bam wieder eine Sendung machen – «Bam's Badass Game Show». Diese floppt jedoch und wir vom Sender nach einer Staffel abgesetzt.

LOS ANGELES, CA - MAY 20: Bam Margera as seen on May 20, 2013 in Los Angeles, CA. (Photo by AF/Star Max/FilmMagic)
Bam Margera, 2013.Bild: FilmMagic/gettyimages

2016 möchte er sein Leben ändern und zieht mit seiner Frau nach Estland. Die Distanz zu seinem alten Leben scheint ihm gutzutun, er macht Sport und pflegt einen verhältnismässig gesunden Lebensstil. Ein Jahr darauf zieht er wieder zurück in die USA. Seine Tochter Phoenix erblickt 2017 das Licht der Welt. Erlebt sie einen Vater, der sich vom Image des rebellischen, rücksichtslosen Party-Boy getrennt hat? Leider nicht.

Bam fällt wieder zurück in sein altes Verhaltensmuster. Bei Entzugskliniken geht er ein und aus. Alkohol und Heroin sind seine grössten Laster. 2019 wird Bam vom Jackass-Regisseur angefragt für einen vierten Teil der Filmserie – unter der Auflage, dass Bam während der Dreharbeiten clean bleiben und regelmässig Drogentests machen muss.

Er sagt zu – und verstösst prompt gegen die Auflagen. Darum kommt «Jackass Forever», der 2022 auf der Leinwand erscheint, ohne Bam Margera aus. Die übrigen Jackass-Mitglieder haben übrigens längst die Kurve gekriegt und führen «normale» Leben.

Wie geht es Bam also heute? Nicht gut. Die Spirale dreht sich weiterhin gen abwärts – so ist er zurzeit vor der Polizei auf der Flucht. Er hatte am Sonntag seinen Bruder Jesse, laut dessen Angaben, mehrfach geschlagen und ihm anschliessend gedroht, ihn umzubringen. Dies geht aus dem entsprechenden Polizeibericht hervor. Im Anschluss sei Bam in den Wald hinter dem Haus geflohen und ist seither nicht mehr aufgetaucht.

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60 Kommentare
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Etzsegiglichöpis
26.04.2023 18:57registriert September 2020
Ich hätte ja eher bei Steve o auf den totalen Absturz getippt. Bei Bam schien es mir eher so dass er bewusst eine Show macht.
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Hunter Stockton
26.04.2023 19:07registriert September 2015
Ich hab früher auch geskatet und "den Lifestyle gelebt". Bin aber nie Profi geworden. Und wenn ich mir die Profis anschaue, muss ich sagen: zum Glück! Ausser Tony Hawk hats keiner der 90er-Skateprofis in einen schönen Ruhestand geschafft. Entweder pleite, auf Droge, tot oder alles zusammen. Schade eigentlich, ist es doch ein geiler Sport, für den man nichts braucht ausser ein Skateboard.
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Ratchet
27.04.2023 00:24registriert Mai 2015
Zuerst wird im Artikel so angedeutet, als wären die Pranks für heutige Verhältnisse nichts besonderes. Danach wird aber so geschrieben als wären die Pranks nach heutigen Standards stark grenzwertig und unmoralisch. Also was jetzt?
Ich ehrlich gesagt hab ihren Content gefeiert: Ob Jackass, Viva la Bam oder Nitro Cirkus und finde auch heute trotz zig Prankster/Extremsport Influencer immer noch revolutionär. Irgendwie kommt niemand an ihrem Charme an. Immerhin warnten sie damals brav es nicht nachzumachen. Heute ist fast das Gegenteil der Fall #Challenge "Macht es nach!"
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