Zu Hunderten gehen sie in der Ukraine nieder und richten immenses Leid an: Die von Russland abgefeuerten iranischen Drohnen des Typs «Shahed 136», auch Kamikaze-Drohnen genannt.
Im vergangenen Jahr haben die ukrainischen Geheimdienste eine solche Kamikaze-Drohne analysiert, von den 52 untersuchten Einzelteilen kommt auch eines aus der Schweiz. Die Informationen stammen aus einem Bericht, den die Ukraine Ende des vergangenen Jahres der US-Regierung übergeben hat und der CNN vorliegt.
Die weiteren Bauteile – darunter Halbleiter, GPS-Module und Triebwerke – wurden von verschiedenen amerikanischen Firmen produziert, dazu von Herstellern aus Kanada, Japan, Taiwan und China.
Die Schweizer Firma ist das Unternehmen U-Blox aus Thalwil. U-Blox ist ein Spin-off der ETH Zürich, seit Ende der 90er-Jahre entwickelt die Firma GPS-Module und andere Produkte. Dabei handelt es sich um Bauteile, die für Drohnen eingesetzt werden können, wie der «Tages-Anzeiger» schreibt.
Welches U-Blox-Bauteil für die «Shahed 136»-Drohne verwendet wurde, geht aus dem Bericht von CNN nicht hervor. U-Blox verkauft seine Produkte hauptsächlich an Abnehmer aus der Autobranche und der Industrie.
CNN hat auf Basis des Berichts sämtliche Unternehmen kontaktiert. U-Blox hat in einer Stellungnahme ausgeführt, dass seine Produkte nur für den kommerziellen Gebrauch bestimmt seien. Die Verwendung für Produkte der russischen Militärausrüstung stellten «eine klare Verletzung der Verkaufsbedingungen von U-Blox dar, die für Kunden und Händler gleichermassen gelten».
Wie der «Tages-Anzeiger» schreibt, habe U-Blox Verkäufe nach Russland seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine komplett gestoppt, unabhängig davon, wie die Produkte verwendet werden.
Es ist nicht das erste Mal, dass U-Blox-Komponenten im ukrainischen Kriegsgebiet auftauchen: Im vergangenen Jahr hat der «SonntagsBlick» aus einem Bericht einer Forschergruppe aus Grossbritannien zitiert, diese hat festgestellt, dass in einer russischen Überwachungsdrohne des Typs Orlan-10 ein GPS-Modul von U-Blox entdeckt wurde. Die Drohne wurde 2016 in der Ostukraine gefunden.
Gemäss dem Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) sind GPS-Chips als kommerzielle Industriegüter klassifiziert. Deren Ausfuhr bedarf grundsätzlich keiner Bewilligung. Allerdings ist der Export aus der Schweiz nach Russland seit März 2022 verboten, derjenige nach Iran seit 2007. Wenn solche Güter aber ausserhalb der Schweiz produziert und vertrieben werden, sind sie global verfügbar und können so auch vom Iran und Russland erworben werden.
Die GPS-Module von U-Blox sind nicht die ersten Elemente mit Schweizer Bezug, die bei russischen Waffen festgestellt wurden, welche in der Ukraine zum Einsatz kamen. Eine im August 2022 publizierte Untersuchung des britischen Royal United Services Institute hat das Unternehmen STMicroelectronics identifiziert. Mikrocontroller und Transistoren des Herstellers mit Hauptsitz im Kanton Genf wurden in russischen Drohnen und Raketen entdeckt. (rst)