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Ukraine-Krieg: So funktioniert die iranische Kamikaze-Drohne der Russen

Video: watson/Fabian Welsch

Die iranische Kamikaze-Drohne – was sie kann und wie sie funktioniert

Die massiven Luftangriffe auf die ukrainische Hauptstadt Kiew und weitere Gebiete haben gezeigt: Russland setzt vermehrt auf den Einsatz von Drohnen. Diese Form der Kriegsführung ist günstig, aber nicht zwingend effizient.
18.10.2022, 13:5419.10.2022, 18:39
Ralph Steiner
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Woher kommt die Kamikaze-Drohne?

Bei der im Kontext des Krieges in der Ukraine eingesetzten Kamikaze-Drohne handelt es sich konkret um den Drohnentyp «Shahed 136». Das unbemannte Kriegsmittel stammt aus dem Iran, produziert wird es von der iranischen Firma Iran Aircraft Manufacturing Industrial Company, wie die «Augsburger Allgemeine» schreibt.

Was kann die Drohne?

Eine Shahed-136-Drohne ist rund 200 Kilogramm schwer, verfügt über eine Spannweite von 2,5 Metern, eine Geschwindigkeit von bis zu 200 Kilometern pro Stunde und fliegt in einer Höhe von 60 bis 4000 Metern. Von gewichtiger Bedeutung ist die Reichweite. Wie Drohnenexperte Samuel Bendett vom Center for Naval Analysis gegenüber dem «Spiegel» sagte, liege diese bei 2500 Kilometern. «Sie kann damit Ziele im taktischen Bereich treffen, also etwa Himars-Mehrfachraketenwerfer, die im Umkreis von 70 Kilometern nahe der Front operieren.» Allerdings wird diese Reichweite von einigen Militärexperten angezweifelt und teils auf maximal mehrere hundert Kilometer geschätzt.

Gemäss Schätzungen des ukrainischen Geheimdienstes hat Russland rund 2400 Drohnen des Typs «Shahed 136» bestellt, exakte Zahlen liegen nicht vor.

Zusätzlich zur «Shahed 136» kommt gemäss dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj auch die kleinere Version «Shahed 131» zum Einsatz; Funde in Kiew bestätigen diese Information. Sie verfügt über eine Reichweite von 900 Kilometern, hat eine etwas kleinere Spannweite (2,2 Meter) und ist gemäss Schätzungen um einiges leichter (rund 135 Kilo).

Wie funktioniert die Drohne genau?

Grundsätzlich ist die «Shahed-136»-Drohne relativ einfach ausgestattet. Sie verfügt gemäss «Spiegel» weder über interne Zielarchitektur noch über Kamera oder Sensoren. Sie funktioniert mit GPS und fliegt einfach zu den eingegebenen Daten. Hauptsächlich eignet sich die Drohne daher für unbewegliche Ziele. Über einem Zielgebiet kreisend, lauert die Drohne und stürzt sich dann in Tiefe, wenn ein exaktes Ziel zugewiesen wurde, wie die «Augsburger Allgemeine» schreibt. Beim Aufprall zerstört sich die Drohne selbst, sie kann daher nur einmal eingesetzt werden.

Gemäss Schätzungen verfügt Russland bislang über bis zu 1000 Drohnen des Typs «Shahed 136». Aufgrund der mangelnden Zuverlässigkeit und Präzision kommen die Drohnen im Schwarm zum Einsatz, mit der Hoffnung, dass einige der Drohnen ihr Ziel erreichen. Gemäss Oleg Katkow, Chefredaktor des «Defense Express», werden fünf bis sechs Shahed-136-Drohnen auf ein Ziel abgeschossen.

Ist die Kamikaze-Drohne wirklich so billig?

Weil keine exakten Angaben vorliegen, wird der Preis pro Drohne geschätzt. Militärexperten gehen von einem Einkaufspreis von 20'000 US-Dollar aus. Damit sind die Drohnen deutlich günstiger als etwa Langstrecken-Lenkwaffen. Andere Kampfdrohnen kommen auf Preise von um die zwei Millionen Dollar.

Kurios wird es, wenn man sich genauer mit der Produktion der iranischen Drohnen befasst. Wie Oleg Katkow vom «Defense Express» gegenüber «The New Voice Of Ukraine» sagt, habe der Iran aufgrund von Sanktionen keinen Zugang zu militärischen GPS-Geräten. Als Ersatz komme ein herkömmlicher GPS-Sensor zum Einsatz, den man auch beim chinesischen Online-Händler AliExpress kaufen könne. Dasselbe gelte für den Motor.

Wie wird die Drohne bekämpft?

Da die Shahed-136-Drohnen mit geschätzt 20'000 Dollar tatsächlich sehr günstig sind, besteht ein Ungleichgewicht, was die Kosten der Abwehr betrifft. Wie Oleg Katkow vom «Defense Express» ausführt, seien ukrainische Flugabwehrraketen zwar effektiv im Kampf gegen Russlands Drohnenattacken, allerdings sehr unrentabel. Eine solche Abwehrrakete koste 300'000 Dollar oder mehr.

Effizienter seien gemäss «N-TV» sogenannte «Sky Wiper», diese Art von Gewehr unterbricht den Kontakt der Drohne zum Absender, sorgt dafür, dass sie automatisch zurückkehrt, kontrolliert zu Boden geht oder die Position hält, bis die Energie ausgegangen ist.

Eine weitere Option der Verteidigung ist es, das GPS-Signal der Drohne zu stören. In der kleineren Version, der «Shahed 131», wurde gemäss «Spiegel» ein System eingebaut, das gegen Störungen des GPS-Signals schützen soll.

Nebst der Verteidigung vor konzentriert sich die Ukraine aber auch auf den Angriff mit Drohnen, dabei zählt das Land unter anderem auf die Unterstützung der USA. Deren Drohnen sind «den iranischen Modellen in Sachen Präzision deutlich überlegen», wie der «Spiegel» schreibt.

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113 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Noturno
18.10.2022 12:56registriert August 2022
Wenn es wirklich zutrifft, dass iranische Brigaden sich in der Ukraine befinden und dort selber Drohnen steuern, dann sind sie Kriegspartei und der Iran damit legitimes Ziel von militärischen Aktionen. Auch angesichts der gegenwärtigen Massenproteste in Iran wäre es nicht das verkehrteste, etwaige Interventions-Optionen gegen das Mullah-Regime zu evaluieren.
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Lafayet, der gelöschte
18.10.2022 13:49registriert Juli 2022
- Merkel war mit langer Vorwarnzeit zurückgetreten, und somit war klar, dass weniger erfahrene Politiker in Berlin am Werk sein werden,
- Macron musste sich der Wiederwahl stellen,
- Wahlen in Italien,
- den Russen war klar, dass FR eine große Zahl von Brennstäben in AKWs tauschen muss,
- Gas wurde bereits ab 2021 verknappt.

Kein Wunder, hat der mistvogel diesen Zeitpunkt gewählt. Mit Trump zb. Oder le pen, oder gar beiden (man stelle sich vor!) wäre die Ukraine längstens gefallen.
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Stampfi 67
18.10.2022 16:20registriert März 2022
Die Amis können ja die zivilen GPS Sat verstellen, dann liegen die Ziele plötzlich in Russland...
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