Sie schrieben 2000 das Manifest «Freiheit statt Sozialismus». Darin thematisierten Sie den Hungertod von 3 bis 7 Millionen Menschen in der Ukraine, den Stalin veranlasste. Wo sehen Sie Parallelen zwischen Stalin und Putin?
Christoph Blocher: Putin ist nicht Stalin. Stalin war um einiges krimineller, als es Putin ist. Doch es ist ein Irrsinn, dass er diesen Krieg mit der Ukraine begonnen hat. Klar ist: Die Denkweisen von Stalin und Putin sind so verschieden nicht. Beide fühlen als Russen.
Inwiefern?
Beide wollen eine Grossmacht und stellen den autoritären Staat in den Vordergrund. Unter Stalin wurde jeder eliminiert, der sich gegen seinen Staat auflehnte. Auch Putin geht hart vor gegen politische Gegner. Die Freiheit des Einzelnen zählt nicht. Und da sind alle Mittel recht.
Weshalb beziehen Sie dann nicht deutlicher Stellung gegen Putin und Russland?
98 Prozent der Schweizer Bevölkerung sind in diesem Krieg innerlich auf der Seite der Ukraine. Auch ich lehne diesen Krieg ab. Die Ukraine ist zwar sehr korrupt und hat eine fragwürdige Demokratie. Sie hat aber - zumindest vordergründig - nichts Völkerrechtswidriges getan. Ich lasse mich auch nicht auf den Streit ein, dass die USA diesen Krieg provoziert haben sollen. Der Angriff ist ein russischer Angriff - und das ist zu verurteilen. Wir sollten im Rahmen der Möglichkeiten des freiheitlichen Kleinstaates Schweiz dafür sorgen, dass dieser Krieg aufhört.
Sehen Sie da noch eine Rolle für die Schweiz?
Nachdem die Schweiz die Neutralität geschändet hat, weiss ich nicht, ob sie noch als Land für Verhandlungen infrage kommt. Dafür müsste die Schweiz wieder streng neutral sein. Seit wir uns an nicht militärischen Zwangsmassnahmen beteiligen, ist die Schweiz leider Kriegspartei.
Kann die Schweiz nochmals ins Spiel kommen?
Das halte ich nicht für ausgeschlossen. Sie müsste aber zurückkehren zur integralen Neutralität, wie es unser Land 1938 getan hat.
Das scheint undenkbar.
Reden Sie nicht von undenkbar. Im Moment halte ich es für nicht realistisch. Kommt Zeit, kommt Rat.
Die SVP gilt als russlandfreundliche Partei. Das hat stark mit Roger Köppels Kurs zu tun. Was sagen Sie dazu?
Wer verunglimpft die SVP als russlandfreundlich? Die Gegner der SVP! Köppel zeichnet sich mit seiner «Weltwoche» dadurch aus, dass er alle Seiten zur Geltung bringt. Aber auch er ist nicht auf Putins Seite. Ich rede ja mit ihm.
Sind Sie sicher? Köppel sagt zwar, dass Russlands Krieg falsch ist. Doch seit Kriegsbeginn hat er selbst Putin und Russland nie hart kritisiert, im Gegensatz zur Ukraine und Präsident Wolodimir Selenski.
Ich habe es in der «Weltwoche» anders gelesen.
Wie geht es weiter?
Ich befürchte, dass es Putin nicht nur um einen Krieg gegen die Ukraine geht. Russland hat das Ende der Sowjetunion noch nicht verdaut.
An welche Länder denken Sie?
An jene Länder, die mit dem Ende der Sowjetunion formell nicht mehr dem Einfluss der Russen unterliegen: Polen, Usbekistan und die baltischen Staaten. Dafür muss man die russische Seele kennen! Ich sage: Passt auf.
Das ist eben das Grossartige an der SVP, dass ihre beiden bedeutendsten Denker der Gegenwart die Meinungsvielfalt pflegen und nicht im Einheitsbrei versumpfen. Es lebe die Diskussion! https://t.co/DxGOlzcT23
— Roger Köppel (@KoeppelRoger) July 1, 2023
1938 waren wir nur fadenscheinig Neutral, unter dem Strich hat mam damals ziemlich fest Nazi Deutschland geholfen. (Munition / Abweisung von Juden / Durchlass von Transporten etc)
Was Köppel betrifft: Der quatscht eins zu eins russische Propaganda nach. Blocher weiss das, aber eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus,
Btw: Wie war das schon wieder, als wir Munitionszünder in den Vietnamkrieg schickten?
Oder Saddam die Sateliten-Abschusskanone bauten?
Bauplan für die pakistanischen Atombombe anyone?
ah, alles nur Einzelfälle.
Na dann ist ja alles gut