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Umstrittene AfD-Grossspende aus der Schweiz: Die 7 wichtigsten Antworten.

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Mysteriöser Geldfluss: AfD-Chefin Alice Weidel ist wegen einer Spende aus der Schweiz unter Druck.Bild: EPA/EPA

War es nur ein «Freundschaftsdienst»? 7 Antworten zur AfD-Spende aus der Schweiz 

130'000 Euro flossen von einer Zürcher Pharmafirma aufs Konto des AfD-Kreisverbands von Parteichefin Alice Weidel. Die Hintergründe der Transaktion sind verworren. Die wichtigsten Fakten zur möglicherweise illegalen Spende im Überblick.
12.11.2018, 23:1013.11.2018, 06:30
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Worum geht's?

Am Sonntag machten WDR, NDR und «Süddeutsche Zeitung» eine brisante gemeinsame Recherche publik: Zwischen Juli und September 2017 sollen gut 130'000 Euro von einer Schweizer Pharmafirma in mehrere Tranchen von meist 9000 Franken gestückelt an den AfD-Kreisverband Bodensee geflossen sein. Im Kreis Bodensee trat die AfD-Co-Vorsitzende Alice Weidel für die Bundestagswahlen am 24. September 2017 an.

Um welche Firma handelt es sich?

Als erstes Medium hat der Blick am Montagnachmittag den Urheber der Spenden ausfindig gemacht. Laut Kontoauszug der AfD handelt es sich um die Firma PWS Pharma Whole Sale International AG mit Sitz im Zürcher Quartier Fluntern. Das Unternehmen stellt pharmazeutische, chemische und kosmetische Produkte her und handelt mit diesen. Ausserdem kann es sich laut Handelsregistereintrag «an Unternehmen beteiligen».

Wer steckt dahinter?

Auf der Webseite des Unternehmens ist der Zürcher Apotheker Kurt Häfliger als Geschäftsführer aufgeführt. Dieser habe sich gemäss seinem Umfeld aber schon lange aus dem Unternehmen zurückgezogen, schreibt der «Blick». Häfliger wollte die Zahlung gegenüber der Zeitung nicht kommentieren.

Auf seinen Namen sind am Domizil der PWS Pharma Whole Sale International AG laut Handelsregister zwei GmbH und drei Aktiengesellschaften eingetragen: eine Apotheke, ein Treuhand- und Buchhaltungsbüro, eine Gesellschaft für Liegenschaftenhandel, eine Investmentgesellschaft sowie die PWS Pharma Whole Sale GmbH. Sie ist in einem ähnlichen Gebiet wie die fast gleichnamige AG tätig: «Die Gesellschaft bezweckt den Pharma-Grosshandel und kann Lizenzen, Patente sowie Wertschriften erwerben», heisst es im Handelsregister. Zusätzlich betreibt die Familie Häfligers eine Drogerie in der Stadt Zürich.

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Die AfD-Vorsitzende Alice Weidel bei einem Wahlkampfauftritt in Bayern.Bild: EPA/EPA

Was sagen die Verantwortlichen?

Gegenüber dem «Blick» hatten Balz Jegge, das einzige Verwaltungsratsmitglied der PWS Pharma Whole Sale International AG, sowie der fachtechnische Leiter der Firma am Montagnachmittag angegeben, keine Kenntnisse von einer Spende an die AfD zu haben.

Am Montagabend bestätigte Jegge dann gegenüber dem Tages-Anzeiger und der Tagesschau von SRF, dass das Geld über die Firma an den AfD-Kreisverband geflossen sein. Das Geld sei von einem Geschäftsfreund auf ein PWS-Konto in der Schweiz eingezahlt und von dort zur AfD weitergeleitet worden: «Das Geld wurde meines Erachtens im Auftrag eines Geschäftsfreundes von einer europäischen Bank an unsere Firma überwiesen mit der Massgabe um dementsprechende Weiterleitung.»

Mit der AfD hätte aber weder die Firma noch der Eigentümer etwas zu tun, sagte Jegge gegenüber dem «Tages-Anzeiger». Der Name Weidel sei sowohl in der Firma als auch beim Eigentümer «sicher nicht» bekannt gewesen.

Was ist mit dem Geld geschehen?

Gemäss Recherchen des «Tages-Anzeigers» war das Konto des AfD-Kreisverbands Bodensee beim Eintreffen der gestaffelt ausgezahlten Grossspende praktisch leer. Der Geldsegen aus der Schweiz habe es ermöglicht, Rechnungen einer deutschen Anwaltskanzlei für Medienrecht zu bezahlen. 

Diese Darstellung scheint früheren Äusserungen des Kreisverbands Bodensee zu widersprechen. «Das Geld ging auf einem Konto des Kreisverbandes ein. Wir haben es nie verwendet, zunächst, weil es explizit für den Wahlkampf von Frau Weidel gespendet wurde», liess sich Kreisverbandssprecher Christoph Högel am Montag in der Schwäbischen Zeitung zitieren. Der Kreisverband habe aber ebenso wie Weidel Zweifel an der Legalität der Spende bekommen, so Högel. Nach Abschluss der Prüfung habe man das Geld umgehend an den Spender zurücküberwiesen. Die Rücküberweisung erfolgte im April 2018.

Welche Konsequenzen hat die Spende?

Die AfD-Co-Vorsitzende Alice Weidel hat Rücktrittsforderungen am Montag abgelehnt. Bei dem Konto, auf dem die Spende einging, handelt es sich um das ordentliche Konto des Kreisverbandes des Bodenseekreises», erklärte sie am Montag. «Die Spende ist nicht an meine Person gegangen.» Sie habe keine Informationen über die Firma, deren Besitzer oder die Motivation des Spenders. Sie selbst sei davon ausgegangen, dass die Überprüfung der Rechtmässigkeit beim Landesschatzmeister in guten Händen sei. «Ich habe daher zunächst keine Notwendigkeit gesehen, in dieser Angelegenheit aktiv zu werden.»

Kritischer bewertete der AfD-Chef von Baden-Württemberg, Ralf Özkara, die Angelegenheit. «Wir werden die ganze Geschichte intern aufarbeiten und uns zusammen mit dem Bundesvorstand darum kümmern, dass hier Aufklärung stattfindet», sagte er am Montag in Stuttgart. Er selbst könne derzeit nicht sagen, ob die besagte Spende illegal gewesen sei, sagte Özkara. Zuvor hatte er erklärt, wenn die Spende illegal sei, erwarte er, dass AfD-Bundestagsfraktionschefin Alice Weidel von allen Ämtern und Mandaten zurücktrete.

Was sagt das Gesetz?

Gemäss deutschem Gesetz dürfen Parteispenden aus Ländern ausserhalb der Europäischen Union grundsätzlich nicht angenommen werden, wie ein Sprecher der Bundestagsverwaltung erklärte. «Unzulässige Parteispenden müssen entweder unverzüglich zurückgeleitet oder an den Bundestagspräsidenten abgeführt werden.»

Deutsche Parteien dürfen nach dem Gesetz keine Zahlungen aus dem Nicht-EU-Ausland annehmen – es sei denn, der Unternehmensbesitzer ist EU-Bürger. Spenden von mehr als 50'000 Euro müssen Parteien zudem sofort der Bundestagsverwaltung melden, und sie müssen umgehend veröffentlicht werden. Im Falle der 130'000 Franken aus der Schweiz scheint die AfD dieser Meldepflicht nicht nachgekommen zu sein. Die Stückelung hatte womöglich das Ziel, diese Regel zu umgehen.

(cbe/sda/dpa)

Cem Özdemir von den Grünen hat die Schnauze voll

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