Es war bereits die fünfte Nacht in Serie, in der teils mit Gewalt gegen die Verurteilung von neun Separatistenführern der abtrünnigen Region im Nordosten Spaniens demonstriert wurde.
Radikale Separatisten, die Barrikaden errichtet hatten, warfen Steine und Feuerwerkskörper auf Polizisten, wie Journalisten der Nachrichtenagentur AFP berichteten. Die Beamten reagierten mit dem Einsatz von Tränengas und Gummigeschossen. Die Polizei setzte erstmals auch Wasserwerfer ein. Im Stadtzentrum gab es chaotische Szenen. Der öffentlich-rechtliche TV-Sender RTVE sprach von einer «wahren Schlacht».
Nahe der Polizeizentrale Barcelonas entzündeten junge Demonstranten ein riesiges Feuer – es stieg dicker, schwarzer Rauch auf. Brände gab es auch nahe des Plaça de Catalunya am Ende der Touristenmeile Las Ramblas, wo sich hunderte Demonstranten der Polizei entgegenstellten. Diese versuchte, die Demonstranten mit Wasserwerfern auseinanderzutreiben. «Antifaschistisches Katalonien», riefen die meist vermummten Demonstranten. «Die Strassen werden immer unsere sein!»
Zahlreiche Polizeifahrzeuge waren mit Sirenengeheul auf den Strassen unterwegs. Die Regionalpolizei warnte Menschen auf Englisch im Kurzbotschaftendienst Twitter, sich vom Stadtzentrum fernzuhalten.
Der katalanische Innenminister Miquel Buch sagte dem TV-Sender La Sexta in der Nacht zum Samstag, «eine solche extreme Gewalt» habe es in Katalonien «noch nie gegeben». «Das sind natürlich keine Separatisten, das sind Gewalttätige», die es aber nicht schaffen würden, die Befürworter der Unabhängigkeit «zu besudeln», so der Vertreter der separatistischen Regionalregierung.
Mindestens 15 zum Teil minderjährige Aktivisten seien am Freitag allein in Barcelona festgenommen worden, teilten die regionalen Sicherheitsbehörden mit. In ganz Katalonien habe es insgesamt 31 Festnahmen gegeben. Unruhen gab es am Freitag auch in anderen katalanischen Städten wie Tarragona, Lleida und Girona. Mindestens 60 Menschen wurden den amtlichen Angaben nach in Barcelona verletzt, darunter drei Polizisten und zwei Journalisten.
Die Zahl der gewalttätigen Demonstranten wurde auf mehr als 4000 geschätzt Unter ihnen seien rund 400 organisierte Chaoten, wie Innenminister Fernando Grande-Marlaska sagte. Die Behörden vermuten, dass einige von ihnen aus anderen Regionen Spaniens und möglicherweise auch aus dem Ausland angereist sind. Grande-Marlaska warnte, man werde das Strafrecht gegen Gewalttätige «mit aller Härte anwenden». Haftstrafen von bis zu sechs Jahren seien möglich.
Así fue como los independentistas catalanes dejaron esta parte de Barcelona https://t.co/uJK1V6NdxF
— Francisco 🖤💛🐍 (@tesne) October 19, 2019
Hunderttausende hatten zuvor am Freitag im Zentrum von Barcelona friedlich für die Freilassung der Verurteilten und für das Recht auf Selbstbestimmung der Katalanen demonstriert. Die Teilnehmer allen Alters sangen in ausgelassener Stimmung auch die katalanische Hymne. Die Stadtpolizei schätzte die Zahl der Teilnehmer auf 525'000. Separatistische Gewerkschaften hatten zudem einen 24-stündigen Generalstreik veranstaltet, der von sehr Vielen befolgt wurde.
Es war bereits die fünfte Krawall-Nacht in Serie, nachdem das Oberste Gericht in Madrid am Montag sieben ehemalige Politiker der Konfliktregion und zwei Anführer ziviler Organisationen des Aufruhrs für schuldig befunden hatte. Wegen ihrer Rolle bei dem als illegal eingestuften Abspaltungsreferendum vom Oktober 2017 wurden sie zu Gefängnisstrafen von bis zu 13 Jahren verurteilt. Seither gibt es in Katalonien massive Proteste von Separatisten.
Die Zusammenstösse in Barcelona dauern nun seit sieben Stunden an. Die Innenstadt gleicht einem Schlachtfeld. pic.twitter.com/JeWstWhroI
— Fabian Eberhard (@FabianEberhard) October 18, 2019
Ein Ende der Proteste ist derweil nicht in Sicht. Die katalanische Tageszeitung «La Vanguardia» zitierte in der Samstagausgabe Sprecher der Regionalpolizei Mossos d'Esquadra, die sogar «eine Zunahme der Strassengewalt befürchten». Für das Wochenende waren aber vorerst keine neuen offiziellen Protestkundgebungen angesetzt. (sda/dpa/afp)
Autoritäre Erziehungsmethoden funktionieren auch hier in Europa nicht mehr so gut, wie früher...