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Syrien-Gespräche in Genf angelaufen – aber leider ohne wichtige Oppositionsgruppen

Syrien-Gespräche in Genf angelaufen – aber leider ohne wichtige Oppositionsgruppen

29.01.2016, 18:3730.01.2016, 09:11
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Aktivisten protestieren mit den Masken von Sergej Lawrow, Barack Obama, Bashar Assad, Wladimir Putin und UN-General Ban Ki Moon am 29. Januar in Genf.
Aktivisten protestieren mit den Masken von Sergej Lawrow, Barack Obama, Bashar Assad, Wladimir Putin und UN-General Ban Ki Moon am 29. Januar in Genf.
Bild: KEYSTONE

Nach fünf Jahren Bürgerkrieg haben die lang erwarteten Friedensverhandlungen für Syrien begonnen. UNO-Sondervermittler Staffan de Mistura traf am Freitagnachmittag im Genfer UNO-Gebäude zu einem ersten Gespräch mit Unterhändlern des syrischen Regimes zusammen.

Allerdings fehlten Vertreter der wichtigsten Oppositionsgruppen. Das in der saudischen Hauptstadt Riad ansässige Hohe Verhandlungskomitee der Regimegegner liess die Entscheidung über eine Teilnahme weiter offen. Seit Tagen gibt es einen Streit darüber, wer die Opposition bei den Gesprächen vertritt.

Das Riad-Komitee fordert zudem vor den Verhandlungen einen Stopp der Angriffe auf Zivilisten, ein Ende der Blockaden syrischer Städte sowie weitere Hilfslieferungen. Der Koordinator des Verhandlungskomitees, Riad Hidschab, hatte dem Sender Al-Arabija gesagt, die Opposition werde den Gesprächen fernbleiben, solange ihre humanitären Forderungen nicht erfüllt seien.

Opposition diskutiert in Riad

In dem Gremium sind die wichtigsten Oppositionsgruppen vereint, darunter auch Vertreter starker bewaffneter Rebellengruppen. Es diskutierte am Freitag in Riad den vierten Tag in Folge, ob es an den Friedensverhandlungen teilnehmen soll. Unterstützt werden die Regimegegner vom Westen, aber auch von der Türkei und Saudi-Arabien.

Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdoğan rief die syrische Opposition auf, nicht an den Friedensgesprächen teilzunehmen, solange es keinen Waffenstillstand gebe. Wie der Sender CNN Türk meldete, sagte Erdoğan, eine Teilnahme an den Gesprächen zu den derzeitigen Bedingungen wäre ein «Verrat» an den Kämpfern an der Front.

Erdoğan steht den Genfer Gesprächen kritisch gegenüber.
Erdoğan steht den Genfer Gesprächen kritisch gegenüber.
Bild: AP/Pool Presidential Press Service

De Mistura wollte sich am Freitag auch mit weiteren Teilnehmern sowie mit Vertretern der syrischen Zivilgesellschaft treffen, wie eine UNO-Sprecherin erklärte. Einzelheiten nannte sie nicht. Aus Oppositionskreisen hiess es, der UNO-Vermittler habe Regimekritiker eingeladen, die nicht zu dem Verhandlungskomitee in Riad gehören.

Zunächst getrennte «Annäherungsgespräche»

De Misturas Fahrplan sieht vor, dass er zunächst getrennte «Annäherungsgespräche» mit den Konfliktparteien führt. Damit will er den Weg für direkte Verhandlungen bahnen. Der UNO-Sondervermittler rechnet damit, dass die Verhandlungen mindestens sechs Monate dauern.

Anti-Assad-Demonstranten in Genf.
Anti-Assad-Demonstranten in Genf.
Bild: EPA/KEYSTONE

Die Friedensgespräche zwischen Regime und Opposition unter UNO-Vermittlung sollen den fünfjährigen Bürgerkrieg beenden. Der bei einem Treffen in Wien ausgehandelte Fahrplan der internationalen Gemeinschaft sieht vor, dass eine Übergangsregierung gebildet und eine Verfassung ausgearbeitet wird. Innerhalb von 18 Monaten soll es freie Wahlen unter Aufsicht der Vereinten Nationen geben.

Seit Ausbruch des Bürgerkriegs 2011 sind mehr als 250'000 Menschen ums Leben gekommen. 4,6 Millionen Syrer sind nach UNO-Angaben vor der Gewalt ins Ausland geflüchtet, weitere 6,6 Millionen Menschen im Land selbst vertrieben. 13,5 Millionen Syrer brauchen humanitäre Hilfe.

«Natürlich muss man mit allen Bösen reden»

Die Sprecherin des Welternährungsprogramms (WFP), Bettina Luescher, erklärte in Genf, die Syrer bräuchten dringend Frieden. 18 Regionen in Syrien stünden unter einer Blockade. 4,6 Millionen Syrer lebten in Gebieten, die belagert oder nur schwer zu erreichen seien.

Der Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, hält die Teilnahme aller syrischen Rebellengruppen an den Friedensgesprächen für notwendig. «Natürlich muss man mit allen Bösen reden», sagte er im Deutschlandfunk.

Mit dem damaligen serbischen Machthaber Slobodan Milošević habe man während des Balkan-Kriegs auch unendlich lange Gespräche geführt. Russland will als Verbündeter des Assad-Regimes dschihadistische Gruppen von den Genfer Gesprächen ausschliessen. 

(sda/dpa)

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