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Türkei

Explosion in Istanbul – 6 Tote und 81 Verletzte

Nach Anschlag mit 6 Toten und 81 Verletzten in Istanbul: Verdächtige Person gefasst

In einer belebten Fussgängerzone Istanbuls gab es eine heftige Explosion. Mindestens sechs Menschen starben und 81 wurden verletzt. Nun wurde eine verdächtige Person festgenommen – sie hat angeblich Verbindungen zur verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK.
13.11.2022, 15:2814.11.2022, 04:06
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Beim Anschlag im Zentrum der türkischen Metropole Istanbul sind nach offiziellen Angaben mindestens sechs Menschen getötet und 81 weitere verletzt worden. Der türkische Vizepräsident Fuat Oktay sprach am Abend von einem «Terroranschlag» auf der belebten Einkaufsstrasse Istiklal.

Videoaufnahmen zeigten, wie eine Verdächtige etwa 40 Minuten lang auf einer Bank sitze und wenige Minuten vor der Explosion aufstehe, sagte Justizminister Bekir Bozdag. Die Identität der Frau war zunächst nicht geklärt. Stunden nach dem Anschlag meldete der türkische Innenminister Süleyman Soylu aber, dass die Person, die den Sprengsatz in der Einkaufsstrasse deponiert hatte, festgenommen wurde. Ob es sich um die besagte Frau handelt, ist nicht bestätigt.

Laut Soylu hat die festgenommene Person Verbindungen zur in der Türkei verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK. Der Innenminister kündigte gemäss dem staatsnahen TV-Sender TRT Vergeltung an.

epa10303952 The crime scene investigation team works as Turkish policemen try to secure the area after an explosion at Istiklal Street in Istanbul, Turkey, 13 November 2022. According to governor Ali  ...
Das türkische Tatort-Ermittlungsteam vor Ort nach der Explosion.Bild: keystone

Die PKK steht in der Türkei, Europa und den USA auf der Terrorliste und unterhält Stellungen in der Südosttürkei und im Nordirak. Ihr Hauptquartier liegt in den nordirakischen Kandil-Bergen. Ankara geht regelmässig gegen die PKK vor und unterhält seit 2016 auch Militärposten im Nordirak. Es gibt Zweifel an der Vereinbarkeit dieser Einsätze mit dem Völkerrecht.

Der seit 1984 andauernde Konflikt kostete bislang Zehntausenden Menschen das Leben. Ein Waffenstillstand war im Sommer 2015 gescheitert.

Erdogan spricht von «hinterhältigem Anschlag»

Die Explosion trug sich Präsident Recep Tayyip Erdogan zufolge um 16.20 Uhr Ortszeit zu. Er sprach von einem «hinterhältigen Anschlag» auf die Metropole, in der rund 16 Millionen Menschen leben. Mindestens vier Menschen kamen noch vor Ort ums Leben. Unter den Toten seien auch ein Ministeriumsmitarbeiter und seine Tochter, schrieb Familienministerin Derya Yanik am Abend auf Twitter.

39 der 81 Verletzten seien mittlerweile aus dem Krankenhaus entlassen worden, twitterte der türkische Gesundheitsminister Fahrettin Koca. Von den 42 Personen, die noch behandelt wurden, befanden sich demnach fünf auf der Intensivstation, zwei von ihnen galten als schwer verletzt.

Auf nicht verifizierten Aufnahmen, die über die sozialen Medien verbreitet wurden, war ein Feuerball inmitten der belebten Strasse zu sehen. Andere ebenfalls zunächst nicht verifizierte Bilder zeigten mit Blut überströmte Menschen, die reglos auf dem Boden lagen. Ein Kellner in einem Restaurant in der Nähe des Anschlagsorts berichtete, er habe einen lauten Knall gehört und Menschen wegrennen sehen.

Unter anderem drückte auch die deutsche Bundesaussenministerin Annalena Baerbock ihr Mitgefühl aus. «Furchtbare Bilder kommen aus Istanbul», erklärte die Grünen-Politikerin über Twitter. «Meine Gedanken sind bei den Menschen, die einfach nur an einem Sonntag auf der Einkaufsstrasse Istiklal flanieren wollten und nun Opfer einer schweren Explosion wurden.»

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Menschen verlassen die Einkaufsstrasse nach der Explosion.Bild: keystone

Die Einkaufsstrasse Istiklal ist ein touristischer Hotspot im Zentrum des europäischen Teils der türkischen Metropole, auf der auch am Sonntag häufig grosses Gedränge herrscht. Ob Ausländer unter den Opfern waren, war zunächst nicht bekannt.

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Rettungskräfte, Sicherheitskräfte und Passanten in der Einkaufsstrasse Istiklal nach der Explosion. Bild: keystone

Rettungskräfte und Polizei seien in grosser Zahl vor Ort im Einsatz, berichtete der staatliche Sender TRT. Hubschrauber überflogen den Stadtteil Beyoglu und angrenzende Bezirke am frühen Abend.

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Die Polizei sichert den Tatort.Bild: keystone

In türkischen Medien wurde die Berichterstattung zu dem Anschlag später eingestellt. Die Rundfunkbehörde Rtük verhängte eine vorläufige Nachrichtensperre für Medien. Berichte über die Explosion sollten vermieden werden, um nicht für Angst und Panik in der Bevölkerung zu sorgen, hiess es in dem Schreiben am Nachmittag. Die Sender CNN Türk und TRT etwa strahlten nur einzelne Interviews mit Ministern und dem Präsidenten aus. Die Behörde für Informationstechnologie und Kommunikation (BTK) reduzierte am Abend Berichten zufolge zudem die Bandbreite für Social-Media-Plattformen.

In der Türkei ist es in der Vergangenheit immer wieder zu Anschlägen gekommen – auch im Zentrum Istanbuls. 2016 hatte sich etwa ein Selbstmordattentäter auf der Istiklal in die Luft gesprengt und vier Menschen getötet, 39 weitere wurden verletzt. Nach Angaben der türkischen Regierung hatte der Attentäter damals Verbindungen zur Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Die Gruppe selbst bekannte sich damals nicht zu der Tat. Rund zwei Millionen Menschen laufen offiziellen Angaben täglich über die Istiklal.

Im selben Jahr waren bei einem Selbstmordattentat des IS im historischen Zentrum Istanbuls zwölf Deutsche getötet worden. (sda/dpa)

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55 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Daniel Pünter
13.11.2022 17:31registriert April 2021
Die Notwendigkeit, eine Nachrichtensperre zu verhängen, erschliesst sich mir nicht. Aber es erinnert an Diktaturen à la Putin.
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Evi77
13.11.2022 18:38registriert Dezember 2020
Mein Beileid den Angehörigen der Toten und Verletzten.
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hifish
13.11.2022 18:46registriert Dezember 2015
Die Nachrichtensperre bringt nichts und ist sogar eher kontraproduktiv: In den sozialen Medien trendet #Istambul. Videos vom Explosionsort werden dort geteilt wie wild.
Sind schon fast russische Verhältnisse in der türkischen Medienlandschaft...
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