Es war eine symbolische Ohrfeige für den russischen Präsidenten Wladimir Putin: Nach erfolgreichen ukrainischen Gegenoffensiven mussten sich seine Streitkräfte in der vergangenen Woche aus der südukrainischen Region Cherson zurückziehen. Auch die gleichnamige Gebietshauptstadt gaben sie auf. Vom rechten Ufer des Flusses Dnipro hat Russland seine Kräfte damit nun komplett abgezogen.
Präsident Wolodymyr Selenskyj feierte indes die jüngsten Erfolge der Ukraine – und reiste in die befreite Stadt. Er wolle den Menschen in Cherson mit seiner Anwesenheit seine persönliche Unterstützung ausdrücken, sagte er vor Journalisten. «Damit sie spüren, dass wir nicht nur davon reden, nicht nur versprechen, sondern real zurückkehren, unsere Flagge hissen.»
Insgesamt hat die Ukraine in den Gebieten Cherson und Mykolajiw nach eigenen Angaben rund 180 Siedlungen zurückerobert. Unter Berufung auf das Einsatzkommando Süd meldete die Agentur Unian, dass es sich bei den befreiten Gebieten nordwestlich des Flusses Dnipro um eine Fläche von rund 4500 Quadratkilometern handelt.
Für Moskau ist dies ein herber Schlag, weil die Region strategisch von großer Bedeutung ist: Von Cherson aus hätte Russland eine Offensive in Richtung Mykolajiw und zum Schwarzmeerhafen Odessa umsetzen können. Nun ist aber die Ukraine am Zug, die Gebiete für ihre weitere Kriegsführung zu nutzen. Wie gehen die Streitkräfte jetzt weiter vor?
Berichten zufolge haben sich ukrainische Streitkräfte in den vergangenen Tagen bereits mit Booten auf die Kinburn-Halbinsel begeben, die auf der südlichen Seite des Dnipro liegt. Videos zeigten, wie mehrere Kleinboote auf die Nehrung zusteuerten. Die Halbinsel gehört zwar geografisch teils zu Mykolajiw und teils zu Cherson, wird aber bis dato von Russland besetzt.
🇺🇦Landing of Ukrainian troops on the Kinbur Spit#Kherson #Kinburn #Ukraine #UkraineWar #Херсон #Миколаїв #Україна pic.twitter.com/YLk1A8ZaV4
— Ukraine-Russia war (@UkraineRussia2) November 14, 2022
Eine vollwertige Landeoperation an der sumpfigen Halbinsel sei allerdings unwahrscheinlich, erklärt Oberst a.D. Wolfgang Richter im Gespräch mit t-online. «Aktuelle Bewegungen auf dem Fluss sind allenfalls Aufklärungsvorstösse.» Für eine vollwertige Übersetzung seien die kleinen Boote in keinem Fall ausreichend. Denn dazu bräuchten die ukrainischen Einheiten «weitreichende Vorbereitung und Unterstützung durch Artillerie, Luftschläge».
Generell hält es Richter für unwahrscheinlich, dass ukrainische Einheiten in der nächsten Zeit einen Brückenkopf auf der östlichen Seite des Dnipro errichten werden. «Aktuell sind die wichtigen Brücken zerstört», erklärt der Oberst a.D.. «Übersetzen könnte man nur mit Pontonbrücken, die von Kräften auf der Ostseite des Dnipro gesichert werden müssten.»
Richter geht deshalb davon aus, dass sich russische und ukrainische Einheiten in der Gegend um Cherson während des beginnenden Winters auf die Frontlinie am Dnipro einigen dürfen. Die Ukrainer hätten erstmal viel damit zu tun, die gerade eroberte Stadt Cherson zu halten und eventuelle Kollaborateure zu suchen und zu verhaften.
Bewegung könnte es hingegen weiter östlich geben. Bisher unbestätigte Berichte aus Melitopol berichten davon, dass russische Truppen sich in der strategisch wichtigen Stadt verschanzen. «Ein Angriff in Richtung Melitopol ist naheliegend», sagt Christian Mölling von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik gegenüber t-online. Die Stadt sei ein «militärisches Traumziel», weil von dort aus eine Bresche zum Asowschen Meer geschlagen und eine dritte Front eröffnet werden könnte.
Ob allerdings ein Angriff auf Melitopol erfolgt, ist keineswegs sicher. «Um das sicher sagen zu können, müssten wir erstmal wissen, ob die Streitkräfte der Ukraine dort Truppen zusammenziehen», sagt Wolfgang Richter. Zumindest könnten die Einheiten der Ukraine auf diese Weise eine riskante Überquerung des Dnipro umgehen. Ausserdem eigne sich das Gelände in Richtung Melitopol besser für einen Vorstoss, erklärt der Ex-Militär.
«Aus militärischen und politischen Gründen ist es für die Streitkräfte der Ukraine wichtig, weiter vorzurücken», erklärt Christian Mölling. Grundsätzlich müsse verhindert werden, dass sich die russische Armee nach ihrem Abzug aus Cherson und der Staudamm-Stadt Nowa Kachowka auf der Ostseite des Dnipro festsetze.
Aber auch aus politischer Sicher müsse die Ukraine weiter vorrücken, so Mölling. Gibt es weniger militärische Erfolge, könne in Europa die Bereitschaft sinken, weitere Waffen zu liefern – und die seien dringend notwendig. Allerdings habe die Armee der Ukraine den Westen immer wieder überrascht, sagt Mölling. «Sie haben bisher immer mehr erreicht, als man ihr gemeinhin zugetraut hat.»
Mal sehen was passiert wenn die im Westen ausgebildeten Soldaten ins Kampfgeschehen eingreifen, ich hoffe man sieht dann nur noch die Auspüffe der Russen.
Der Erfolg in Cherson dürfte ebenfalls die Partisanen in den besetzten Gebieten ermutigen, könnte für die Russen ein sehr harter Winter werden.
Auch die Krim gehört zur Ukraine.
Sowieso Frieden gibt es nur mit einem absolut vernichtenden Schlag gegen die Russen inkl. Reparationszahlungen und offizielle Anerkennung der ukrainischen Grenzen, Aufhebung der Annektion der Gebiete. Sonst geht das Theater ein paar Jahre später - schlimmer- wieder los. Inklusive Internetschwurbelkampagnen, Morde, Schmiergelder an Rechte Parteien und Nazis.