Muss man mit Syriens Machthaber Baschar al-Assad zusammenarbeiten, um den Konflikt in dem Bürgerkriegsland zu beenden? US-Präsident Barack Obama hat erneut bekräftigt, dass er den Diktator nicht für einen geeigneten Verhandlungspartner hält – mit deutlichen Worten. Obama nannte Assad bei der 70. Uno-Generaldebatte in New York einen «Tyrannen». «Ist es sinnvoll, mit Assad zusammenzuarbeiten, der Fassbomben auf seine Bevölkerung wirft?», fragt er.
Damit stellte sich Obama gegen Moskau, das fordert, auf den syrischen Staatschef zuzugehen.
Russlands Präsident Wladimir Putin sieht Assad als Garanten für den Zusammenhalt Syriens und den Kampf gegen die Terrormiliz «Islamischer Staat» (IS). Nach Ansicht Washingtons hat das Assad-Regime Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen begangen. Assad dürfe deshalb nicht Teil eines künftigen Regimes sein. Es sei fragwürdig, Assad in dem jahrelangen Bürgerkrieg zu unterstützen, sagte Obama. Nach soviel Blutvergiessen und Gemetzel könne es nicht einfach eine Rückkehr zum Status quo vor Beginn des Bürgerkrieges geben.
Auf der Rednerliste bei dem Treffen steht am Nachmittag auch Russlands Staatschef Putin, der erstmals seit zehn Jahren vor der Uno-Vollversammlung das Wort ergreifen wird. Dort will er einen Plan zum Kampf gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) vorstellen, für den Russland eine neue Koalition schmieden will. Am Rande kommen Obama und Putin zu ihrem ersten offiziellen Gespräch seit Juni 2013 zusammen.
Obama mahnte in New York, die Weltgemeinschaft dürfe nicht in eine Ära der Konflikte zurückfallen. Ohne Russland namentlich zu nennen, sagte der US-Präsident, einige Weltmächte verletzten internationales Recht. «Ich führe die grösste Streitmacht der Erde, und ich werde nicht zögern, sie zum Schutze meines Landes oder eines Verbündeten einzusetzen», sagte er. Aber «wir leben in einer verbundenen Welt, in der es andere Wege geben muss, um Streit beizulegen.»
In seiner ersten Rede vor der UNO hat der chinesische Präsident Xi Jinping die Industrienationen beim Kampf gegen den Klimawandel in die Pflicht genommen. Die entwickelte Welt habe eine «historische Verantwortung» und müsse Entwicklungsländern bei der Bewältigung der Folgen der Erderwärmung helfen, sagte Xi am Montag in New York. Eine «intakte Umwelt» sei entscheidend für die Zukunft der Menschheit.
Auch China werde seinen Beitrag dazu leisten, sagte Xi. Ohne den Bürgerkrieg in Syrien direkt anzusprechen forderte Xi eine internationale Zusammenarbeit bei Sicherheitsfragen. Der chinesische Präsident erklärte, dass kein Land allein für «absolute Sicherheit» sorgen könne. «Wir sollten die Mentalität des Kalten Krieges hinter uns lassen», sagte er.
Auch Frankreichs Präsident François Hollande sagte am Rande der Vollversammlung vor Journalisten, man müsse mit Russland und Iran in der Syrien-Frage zusammenarbeiten. Allerdings sei eine Lösung und ein Übergang nur ohne Assad möglich. Der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu bezeichnete Assad in seiner Rede als den Hauptverantwortlichen für die Syrien-Krise. «Er hat Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen. Ein Übergangsprozess in Syrien ist nötig ohne Assad und jene Gruppen, die in Verbrechen verwickelt sind.»
Ebenfalls vor der Vollversammlung hatte Jordaniens König Abdullah II. zu Gesprächen in der Syrien-Krise und einen gemeinsamen Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat aufgerufen. «Wenn wir nicht siegen, haben wir eine Zukunft aus Massenmord, öffentlicher Enthauptung, Versklavung und systematischer Zerstörung von Kulturschätzen. Diese Krise ist ein Dritter Weltkrieg und so müssen wir auch reagieren», sagte der König. Muslime haben nach seinen Worten eine besondere Verantwortung: «Es sind 1,7 Milliarden gute Männer und Frauen. Aber ein Tropfen Gift kann manchmal einen ganzen Brunnen vergiften. Lasst uns gegen die Vergifter kämpfen und unsere Religion rein halten.»
Der syrische Bürgerkrieg und die durch den Konflikt ausgelöste Flüchtlingskrise standen bei zahlreichen Reden im Mittelpunkt der 70. Generaldebatte. Zum Auftakt erinnerte UNO-Generalsekretär Ban Europa an seine historische Verantwortung bei der Flüchtlingshilfe. «Ich dränge Europa, mehr zu tun. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren es Europäer, die die Hilfe der Welt gesucht haben», sagte Ban. Ohne den von Ungarn gebauten Grenzzaun direkt zu erwähnen, mahnte Ban: «Im 21. Jahrhundert sollten wir keine Zäune oder Mauern bauen.» (sda/dpa/afp)