Ein Teil der iranischen Botschaft in der syrischen Hauptstadt Damaskus wurde am Montag dem Erdboden gleichgemacht. Verantwortlich dafür soll ein israelischer Luftangriff sein. Beim Angriff auf die Konsularabteilung wurden unter anderem zwei hochrangige iranische Brigadegeneräle und fünf Mitglieder der mächtigen islamischen Revolutionsgarden (IRGC) getötet. Insgesamt sollen elf Menschen ums Leben gekommen sein.
Die Revolutionsgarden sind eine iranische Eliteeinheit, ursprünglich gegründet nach der Islamischen Revolution 1979. Sie sollen Putschversuche verhindern und die islamische Staatsideologie schützen. Die Revolutionsgarden gelten als weit schlagkräftiger als die reguläre iranische Armee.
Der Gebäudeteil, der gleich neben der iranischen Botschaft liegt, wurde laut der syrischen Nachrichtenagentur Sana komplett zerstört.
Die iranische Führung in Teheran bezeichnete den Angriff auf eine diplomatische Mission am späten Montag als beispiellos – und kündigte eine harte Reaktion an. Der iranische Aussenminister Hossein Amir-Abdollahian sagt, man betrachte diese Aggression als Verstoss gegen jegliche diplomatische Normen und internationale Verträge, wie der Guardian schreibt. Amir-Abdollahian griff Israels Premier Benjamin Netanjahu direkt an:
Der iranische Botschafter in Syrien, Hossein Akbari, kündigte an, die Reaktion Irans auf den Angriff werde «mit gleichem Ausmass und gleicher Härte zurückbezahlt». Akbari und seine Familie überlebten den Angriff unverletzt.
Die Vertretung Irans bei den Vereinten Nationen rief die Vertretung des UN-Sicherheitsrats dazu auf, den israelischen «Terroranschlag» aufs Schärfste zu verurteilen und alle notwendigen Massnahmen einzuleiten, um weitere Angriffe zu verhindern. Unter anderem forderte Iran eine Dringlichkeitssitzung des Sicherheitsrates zu dem Vorfall.
Der Vorfall sorgt auch für Reaktionen in der iranischen Bevölkerung. In der iranischen Hauptstadt Teheran versammelten sich im Stadtzentrum am späten Montagabend einige Hunderte Regierungsanhänger zu spontanen Protesten, wie Augenzeugen berichteten. Die Menschenmenge forderte Rache für die Tötung der Generäle. Sie riefen unter anderem «Tod für Israel» und «Tod für Amerika».
Die proiranische Miliz im Libanon erklärte in der Nacht zu Dienstag: «Sicherlich wird dieses Verbrechen nicht vergehen, ohne dass der Feind Strafe und Rache erfährt.» Der israelische Feind glaube noch immer, dass die Eliminierung von Anführern den entschlossenen Widerstand des Volkes stoppen könne, hiess es weiter.
Iran ist der grösste Unterstützer der Hisbollah im Libanon. Die Schiitenmiliz kämpft politisch, aber auch mit Gewalt gegen Israel. Sie zählt zu Irans «Achse des Widerstands». Mit ihrer eigenen Miliz kontrolliert sie vor allem den Süden des Libanons an der Grenze zu Israel, von Schiiten bewohnte Viertel der Hauptstadt Beirut sowie die Bekaa-Ebene im Norden des Landes.
Gar nicht, eine Stellungnahme aus Israel steht bisher aus. Es würde aber auch überraschen, wenn es noch eine dazu geben würde. Für gewöhnlich nimmt Israel keine Stellung zu Luftangriffen und Anschlägen im Ausland.
Mehrere arabischen Staaten haben den mutmasslich israelischen Angriff auf das iranische Botschaftsgelände in der syrischen Hauptstadt Damaskus scharf verurteilt.
In einer Mitteilung des saudischen Aussenministeriums vom Dienstag hiess es, das Königreich lehne Angriffe auf diplomatische Einrichtungen kategorisch ab. Sie stellten einen Verstoss gegen das internationale Recht und gegen diplomatische Immunität dar. Ägypten äusserte sich ähnlich. In einem Post des Sprechers des Aussenministeriums, Ahmed Abu Seid, hiess es, Ägypten lehne solche Angriffe – egal aus welchem Grund – ab. Man stehe in Solidarität mit Syrien und respektiere dessen Souveränität.
Das Golfemirat Katar betrachtet den Angriff nach eigenen Angaben als einen «eklatanten Verstoss» gegen internationale Abkommen und Konventionen. Das Aussenministerium teilte auf X (ehemals Twitter) mit, dass Botschaftsmitarbeiter gemäss den Regeln des internationalen Völkerrechts geschützt werden müssten. Die Aussenministerien in Jordanien und dem Libanon veröffentlichten Erklärungen mit ähnlichen Aussagen.
Bei den getöteten Generälen handelte es sich um Mohammed-Resa Sahedi und seinen Stellvertreter Mohammed Hadi Hadschi Rahimi, wie die iranisch-islamischen Revolutionswächter erklärten.
Sahedi war laut der iranischen Nachrichtenagentur Tasnim als Kommandeur der Auslandseinheit der Revolutionsgarden – der Al-Quds-Truppen – für Operationen in Syrien und im Libanon verantwortlich. Laut dem Guardian war Sahedi eine zentrale Figur in den Beziehungen zwischen Iran und der libanesischen Hisbollah sowie dem syrischen Machthaber Baschar al-Assad.
Der General war unter anderen verantwortlich für Raketenlieferungen an die Hisbollah. Er steht deshalb seit 2010 bereits auf einer Sanktionsliste der USA. In seiner Rolle als Chef der iranischen Luft- und Bodeneinheiten, das Amt bekleidete er zuvor, war Sahedi zudem jeweils eine Schlüsselfigur bei der Niederschlagung von Protesten in Iran.
Die Frage nach dem Urheber des Luftangriffs ist mit aller Wahrscheinlichkeit höchstens eine rhetorische. Eine Bestätigung durch Israel ist wie erwähnt nicht zu erwarten. General Sahedi stand aber schon seit längerer Zeit auf der schwarzen Liste der Israeli, wie der «Guardian» schreibt.
Unbekannt ist hingegen, ob die US-Regierung über die Pläne informiert war. Diese bestätigte nur, dass man Kenntnis von dem Angriff habe, allerdings nicht, ob sie bereits im Vorfeld informiert wurde. Die USA stufen die Al-Quds-Einheit als Terrororganisation ein und haben auch schon selbst gezielte Aktionen gegen diese vorgenommen (siehe nächster Punkt).
Ebenfalls offen ist die Frage, wie Iran konkret auf den Vorfall reagieren wird. Zwar haben Vertreter des Landes nun Rache geschworen, allerdings ist nach wie vor nicht davon auszugehen, dass die Regierung eine Eskalation und damit einen offenen Konflikt mit Israel riskieren will.
Das Gleiche gilt für die USA, die bisher im Gaza-Krieg versuchen, einen sich ausbreitenden Konflikt zu verhindern.
Bereits Ende Dezember wurde bei einem mutmasslich israelischen Luftangriff der iranische General Sejed-Rasi Mussawi, ein ranghohes IRGC-Mitglied, in einem Vorort der syrischen Hauptstadt Damaskus getötet.
Irans Revolutionswächter reagierten damals Mitte Januar mit massiven Raketenangriffen als Vergeltung auf Ziele in Syrien und im Irak. Die Raketen flogen rund 1200 Kilometer weit. Dies wurde von Beobachtern auch als klares Signal an Israel gedeutet. Es wäre in etwa die gleiche Entfernung, die Raketen vom Westen des Landes aus benötigen, um Tel Aviv oder Jerusalem zu erreichen.
Israel attackiert immer wieder Ziele im Libanon und Syrien, um die Zusammenarbeit und den Einfluss iranischer Kräfte in diesen Ländern zu erschweren. Dabei arbeiten die Israeli gelegentlich auch mit den USA zusammen. Für besonderes Aufsehen sorgte die Ermordung des iranischen Spitzenoffiziers Qasem Soleimani, der 2020 auf Geheiss von Donald Trump per Drohne exekutiert wurde. Soleimani war ebenfalls Anführer der Al-Quds-Truppen und wurde von den USA für zahlreiche Anschläge verantwortlich gemacht.
Seit Beginn des Gaza-Kriegs vor knapp sechs Monaten haben die Angriffe zugenommen. Iranische Militärangehörige auf der anderen Seite sind offiziell nur beratend in Syrien aktiv. Teheran gilt jedoch neben Russland als wichtigster Verbündeter der syrischen Regierung. Seit 2011 tobt ein grausamer Bürgerkrieg im Land.
Mit Material der Nachrichtenagentur sda.