International
USA

Live im TV: Zwei US-Journalisten in Virgina erschossen

Blumen in Gedenken an die Opfer in Moneta, Virginia.
Blumen in Gedenken an die Opfer in Moneta, Virginia.Bild: Getty Images North America

Opfer, Täter, Motiv, Reaktionen: Die wichtigsten Fakten zum Doppelmord in Virginia

Vester Lee Flanagan erschoss am frühen Mittwochmorgen zwei ehemalige Arbeitskollegen des Senders WDBJ vor laufender Kamera und verletzte danach sich selbst tödlich. In einem «Manifest» hielt er sein Motiv fest. Das Wichtigste im Überblick.
27.08.2015, 04:38
Mehr «International»

Wer sind die Opfer?

Bei den Opfern handelt es sich um die 24-jährige Moderatorin Alison Parker und den 27-jährigen Kameramann Adam Ward. Sie arbeiteten für den Sender WDBJ

Allison Parker war erst im Jahr 2012 direkt von der Universität zum Sender gestossen. Arbeitskollegen beschrieben sie als sehr professionell und strebsam. Sie war seit 9 Monaten mit dem Nachrichtensprecher Chris Hurst zusammen, wie dieser via Twitter bekannt gab. Sie wollten bald heiraten.

Kameramann Adam Ward war schon länger beim Sender. Er war verlobt mit einer TV-Produzentin und plante laut dem Guardian, die Stelle zu wechseln. Die Verlobte des Kameramanns, die am Mittwoch ihren letzten Arbeitstag beim Sender feiern wollte, habe vom Kontrollraum aus die Schiesserei direkt miterlebt, sagte WDBJ-Chef Jeff Marks dem US-Nachrichtensender CNN.

Wer ist der Täter?

Beim Täter handelt es sich laut Behördenangaben um Vester Lee Flanagan. Der 41-Jährige war im Jahr 2012 für wenige Monate beim TV-Sender WDBJ angestellt. Er arbeitete unter dem Namen Bryce Williams als Reporter und Nachrichtensprecher.

Vester Lee Flanagan
Vester Lee Flanaganbild: cnn.com

«Er war ein gefährlicher Sammler von Unrecht», sagte die ehemalige FBI-Kriminalpsychologin Mary Ellen O’Toole auf Fox News. «Solche Menschen sind nicht psychisch krank. Sie sind sehr kontrolliert und handeln nicht erratisch. Aber sie neigen zu Überreaktionen.»

Flanagan sei kein einfacher Mitarbeiter gewesen – gefrustet, cholerisch, wütend. Offenbar hatte er schon früh immer das Gefühl, rassistisch behandelt zu werden. Wie Buzzfeed berichtet, wurde Flanagan 1973 in Oakland, Kalifornien, in eine Familie von Jehovas Zeugen geboren.

WDBJ-Präsident Jeffrey Marks beschrieb den Täter gegenüber CNN als unglücklichen Mann, mit dem es schwierig gewesen sei, zusammen zu arbeiten. Als er wegen mehrerer Wutausbrüche gefeuert worden war, musste er aus dem Gebäude eskortiert werden. Sein berufliches Scheitern hatte Flanagan auf seine Rasse bezogen. 

Was war das Motiv?

Der TV-Sender ABC bekam ein 23-seitiges «Manifest» vom Täter zugefaxt. Darin beschrieb er offenbar, dass er immer wieder Opfer sexueller und rassistischer Diskriminierung geworden sei.

Sein Opfer Allison Parker beschuldigte Flanagan per Twitter, rassistische Kommentare zu machen. Ward sei wegen ihm zum HR gegangen, obwohl er nur ein Mal mit ihm zusammengearbeitet hätte.

Bild

Auslöser für die Tat sei schliesslich der Charlesont-Amoklauf gewesen, bei dem ein 21-jähriger Weisser neun Schwarze ermordet hatte. «Ich war schon seit einer Weile ein menschliches Pulverfass … Ich wartete nur auf das BOOM»., soll Flanagan im Manifest geschrieben haben. 

Was sind die Reaktionen?

Die Reaktionen in der Presse und den Sozialen Medien beschränken sich hauptsächlich auf die Anteilnahme an der Trauer um die beiden Opfer. Darunter mischen sich erste Reaktionen, die zum Handeln aufrufen. So schreibt die «New York Times», an den Zahlen gemessen sei dieser Mord Routine für Amerika. Ein zusätzlicher und noch nie dagewesener Faktor sei jedoch die Veröffentlichung der Tat durch den Schützen selber gewesen. 

Darauf weist auch der CNN-Medienexperte Brian Stelter: «Wir haben den Mord auf Twitter miterlebt». Womöglich sei Social Media sogar ein Grund für Flanagan gewesen, zur Tat zu schreiten. «Dort holte er sich die Anerkennung, die er im wirklichen Leben nicht erhielt», sagte Morgan Wright, Ein Experte für Cybersicherheit gegenüber Fox News. «Die Frage ist: Hätte er es überhaupt getan, wenn es keine Sozialmedien gäbe?» 

Die «New York Times» mahnt aber in einem weiteren Kommentar, die Tat nur mit der Persönlichkeit, dem Scheitern, der Art des Täters zu entschuldigen. Es müsse eingesehen werden, dass ein Drittel der Amerikaner Waffen besitze, dass diese viel zu leicht erhältlich seien. Mehr Menschen würden innert sechs Monaten durch Schusswaffen sterben, denn US-Soldaten in 25 Jahren im Afghanistan- und Irakkrieg zusammen.

Das kritisiert auch Hillary Clinton. Die US-Präsidentschaftskandidatin forderte als einzige eine Reaktion der Politik auf die Tat(en). «Wir müssen etwas gegen diese Waffengewalt in Amerika machen», twitterte Clinton.

Die anderen US-Kandidaten beschränkten sich auf Beileidsbekundungen. Marco Rubio sagte bei einer Rede in New Hampshire: «Es sind nicht die Waffen. Es sind die Menschen, die diese Verbrechen begehen.» 

Der Tatort in Moneta, Virginia.
Der Tatort in Moneta, Virginia.Bild: google maps

Auf sozialen Netzwerken kursieren Videoaufnahmen der Tat, wir verzichten auf deren Publikation.

Hier ereignete sich die Bluttat

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
4 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
4
«Das ist unmenschlich!»: Schwere Vorwürfe in der Syrien-«Arena» – und mittendrin ein Syrer
Diktator Baschar al-Assad ist gestürzt. Und jetzt? Syrer zurückschaffen, findet die SVP. Unmenschlich, finden die anderen. Für die Politiker in der SRF-«Arena» ist die Diskussion ein Polit-Theater von vielen. Für Syrer Husam Kelzi wird über seine Zukunft entschieden. Eine quälende Sendung.

Verfolgung, Unterdrückung, Überwachung, Folter, Mord. So sah das Leben für Syrerinnen und Syrer unter Diktator Baschar al-Assad aus. 24 Jahre lang. Rechnet man hinzu, dass davor sein Vater Hafiz al-Assad über Syrien herrschte, ergibt sich eine Schreckensherrschaft von 57 Jahren.

Zur Story