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Tye Nichols: Schwarzer Mann stirbt nach Polizeikontrolle in USA

«Er war eine Piñata für sie»: Schwarzer Mann stirbt nach Polizeikontrolle in den USA

24.01.2023, 06:56
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Erneut sorgt in den USA ein Polizeieinsatz für Entsetzen, in dessen Folge ein schwarzer Mann ums Leben gekommen ist. Der 29-jährige Tyre Nichols sei mehrere Minuten lang von den Einsatzkräften zusammengeschlagen worden, sagte einer der Anwälte der Familie, Antonio Romanucci, bei einer Pressekonferenz am Montag (Ortszeit).

RowVaugn Wells, second from left, mother of Tyre Nichols, who died after being beaten by Memphis police officers, cries as she is comforted by Tyre's stepfather Rodney Wells, behind her, at a new ...
Ben Crump (l.) und Angehörige von Tyre Michols während einer Pressekonferenz am Montag in Memphis.Bild: keystone

Nichols war der Polizei zufolge Anfang Januar in der US-Metropole Memphis im US-Bundesstaat Tennessee wegen «rücksichtslosen Fahrens» angehalten worden. Den Angaben nach war es dabei zu «Konfrontationen» gekommen – der Mann starb wenige Tage später im Krankenhaus.

Am Montag konnte sich die Familie des Opfers das Video des Polizeieinsatzes anschauen. «Er war wehrlos. Die ganze Zeit. Er war eine menschliche Piñata für diese Polizeibeamten», sagte Anwalt Romanucci im Anschluss. Er nannte das Vorgehen der Polizei rassistisch. Eine Piñata kann eine Figur sein, auf die zumeist Kinder mit Stöcken einschlagen, bis Süssigkeiten rausfallen.

Fünf Beamte entlassen

Die Polizei erklärte einen Tag nach der Kontrolle, am 8. Januar, in einer Mitteilung, dass es zu einer «Konfrontation» gekommen sei, als die Einsatzkräfte den 29-Jährigen stoppten. Dieser sei schliesslich zu Fuss geflüchtet, dabei sei es dann zu einer weiteren «Konfrontation» gekommen, schrieb die Polizei, ohne konkrete Angaben zu machen. Der Verdächtige habe schliesslich über Kurzatmigkeit geklagt und sei ins Krankenhaus gebracht worden. Dort erlag er seinen Verletzungen.

Die Polizei entliess mittlerweile fünf an dem Einsatz beteiligte Beamte unter anderem wegen «übermässiger Gewaltanwendung». Das Video des Vorfalls ist bisher noch nicht öffentlich gemacht worden, soll aber in den kommenden Wochen veröffentlicht werden.

«Mein Sohn war ein guter Junge», sagte die Mutter des 29-Jährigen, RowVaughn Wells, bei der Pressekonferenz. Er sei leidenschaftlicher Skateboarder gewesen. «Er wollte einfach nur nach Hause kommen. Er war zwei Minuten vom Haus entfernt, als sie ihn anhielten», schilderte Wells. Die Polizei habe ihn «ermordet».

Vergleich mit Rodney King

Ein weiterer Familienanwalt, Ben Crump, verglich den Fall mit Rodney King. In Los Angeles wurde der Schwarze 1991 nach einer Verfolgungsjagd von der Polizei zusammenschlagen. Der Freispruch der Beamten führte damals zu Unruhen mit Dutzenden Toten. «Im Gegensatz zu Rodney King hat Tyre nicht überlebt», sagte Anwalt Crump. Das Video des Einsatzes von Anfang Januar sei «entsetzlich» und «abscheulich». «Ihr könnt nicht weiterhin junge Schwarze bei Verkehrskontrollen umbringen», sagte Crump.

In den USA kommt es regelmässig zu tödlichen Polizeieinsätzen ähnlicher Art. Stellvertretend steht dafür der Fall von George Floyd: Im Mai 2020 war der Afroamerikaner bei einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis ums Leben gekommen. Der Fall führte damals zu landesweiten Protesten gegen Polizeigewalt und Rassismus. Seitdem gibt es immer wieder Bestürzung über ähnliche Fälle. (sda/dpa)

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20 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Wysel Gyr
24.01.2023 07:19registriert Oktober 2021
Im Land der Freiheit kann jeder frei entscheiden, ob er per Schusswaffe und Amokläufer oder per Polizeikontrolle sterben möchte. USA! USA! USA!
Die USA ist ein "Failed State."
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tychi
24.01.2023 08:18registriert Juli 2016
Polizisten entlassen löst das Problem nicht.
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cyan jaeger
24.01.2023 11:24registriert April 2020
Wenn man die Ausbildung der US Polizei mit Deutschland oder der Schweiz vergleicht, dann erkennt man die Ursache der übermässigen Polizeigewalt sofort. Nebst ungenügender Selektionskriterien basiert die Ausbildung der US Cops nicht auf Deeskalation sondern auf dem Gebrauch der Schusswaffe - zudem gibt es keine einheitlichen Standards.
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