International
USA

«Whiteout»: Polizeivideo zeigt Schneesturm in den USA

epa10377369 People are bundled up against sub-freezing temperatures and blowing snow in Chicago, Illinois, USA, 23 December 2022. Much of the US is feeling the effects of a winter storm as an arctic c ...
Die Schneestürme haben in den USA mehrere Tote gefordert.Bild: keystone

17 Tote, 1,2 Mio. Haushalte ohne Strom, 5000 Flüge gestrichen – Winterchaos in den USA

23.12.2022, 22:0224.12.2022, 13:59
Mehr «International»

Ein heftiges Sturmtief sorgt am Weihnachtswochenende in weiten Teilen der USA für Chaos. Extreme Kälte, heftige Schneefälle und Eiswind führten zu Stromausfällen in mehr als 1,2 Millionen US-Haushalten, wie die Webseite PowerOutage am Freitagabend (Ortszeit) zeigte. Eis und Schnee brachten die Pläne vieler Reisenden durcheinander: Mehr als 5000 Flüge wurden nach Angaben der Flugdaten-Webseite FlightAware am Freitag gestrichen, fast 9000 waren verspätet.

Die Zahl der Toten stieg in der Nacht zum Samstag (Ortszeit) auf 17, wie der Sender NBC unter Berufung auf örtliche Behörden berichtete. Die Ursache seien in fast allen Fällen wetterbedingte Verkehrsunfälle. Auch andere Sender berichteten von einer zweistelligen Zahl an Todesopfern im Zusammenhang mit wetterbedingten Verkehrsunfällen. Besonders stark betroffen ist nach Angaben des US-Wetterdienstes derzeit die Region um die fünf Grossen Seen («Great Lakes») im Nordosten des Landes an der Grenze zu Kanada.

In Erie County, südlich der Grossen Seen im Bundesstaat New York, waren die Rettungsdienste zeitweise überlastet. Marc Poloncarz, der Verantwortliche aus dem Bezirk, rief auf Twitter dazu auf, nur in den «kritischsten, lebensbedrohlichsten Fällen» den Notruf zu wählen, um die Leitungen freizuhalten. Er forderte die Einwohner dazu auf, trotz Strom- und Heizungsausfällen in ihren Häusern zu bleiben. Der Transport in Notunterkünfte sei derzeit nahezu unmöglich.

epa10377369 People are bundled up against sub-freezing temperatures and blowing snow in Chicago, Illinois, USA, 23 December 2022. Much of the US is feeling the effects of a winter storm as an arctic c ...
Warnung vor fallendem Schnee und Eis in Chicago, Illinois.Bild: keystone

Mehr als 200 Millionen Menschen hatten am Vorweihnachtstag Unwetterwarnungen erhalten. Betroffen waren zunächst vor allem der Norden und der mittlere Westen des Landes. Doch auch in Bundesstaaten im Süden des Landes gab es Warnungen vor extremem Frost. In der Nacht zum Samstag sollte sich der Sturm mehr in den östlichen Teil der USA verlagern. In den östlichen zwei Dritteln des Landes werde zum Feiertagswochenende «gefährliche Kälte» erwartet, warnte der US-Wetterdienst. Einige Bundesstaaten, darunter New York, riefen den Notstand aus.

«Ich bitte alle, heute Abend nicht auf die Strasse zu gehen, da sich die Bedingungen verschlechtern werden, wenn die Temperaturen im ganzen Bundesstaat weiter sinken. Packen Sie sich warm ein, bleiben Sie drinnen und passen Sie dieses Wochenende auf sich auf», rief die Gouverneurin von New York, Kathy Hochul, die Einwohner auf.

Wie die Lage auf der Strasse ist, zeigt ein Video aus dem Auto eines Polizisten im US-Bundesstaat Wyoming. Es ist kaum noch die eigene Kühlerhaube zu erkennen: «Whiteout», der Schnee wie eine weisse Wand, Sicht gleich null, die Horrorvorstellung eines jeden Autofahrers.

Animiertes GIFGIF abspielen
Nein, das GIF ist nicht kaputt – während des Schneesturms sah man aus diesem Polizeiauto wirklich nichts.gif: Wyoming Highway Patrol

So wie es in dem Dashcam-Video des Polizisten zu sehen ist, ging es in den vergangenen Tagen Autofahrern in weiten Teilen im Norden und mittleren Westen der USA.

Warnung vor Bombenzyklon

US-Medien warnten unter Berufung auf Wetterexperten vor der möglichen Entstehung eines besonderen und schweren Sturms, eines sogenannten «Bombenzyklons». In den Bundesstaaten Montana, South Dakota und Wyoming seien bereits Werte um minus 45 Grad Celsius gemessen worden. In Denver im US-Bundesstaat Colorado fielen die Temperaturen laut Meteorologen beim Durchzug der arktischen Kaltfront innerhalb von 24 Stunden um rund 40 Grad. «Dies ist nicht wie ein Schneetag aus Kinderzeiten», warnte Präsident Joe Biden.

epa10376818 US President Joe Biden delivers a Christmas address from the East Room of the White House in Washington, DC, USA, 22 December 2022. Biden spoke about how divided Democrats and Republicans  ...
Joe Biden warnte die Bevölkerung vor dem Sturm.Bild: keystone

Verkehrschaos vor Weihnachten

Chaotische Szenen gab es auch an den Flughäfen. Vor allem Passagiere im Norden, rund um die grossen Seen, mussten Reisen absagen. Die Flughäfen in Chicago und Detroit gehören zu den wichtigsten Drehkreuzen des Landes. Auf einem Video, das der TV-Sender Weather Channel auf seiner Webseite veröffentlichte, war zu sehen, wie eine ganze Armada von Schneepflügen versuchte, das Rollfeld des Chicago O'Hare International Airport freizuschaufeln.

Besonders hart trifft es aber die, die kein Dach über dem Kopf haben. Überall im Land versuchen Helfer, die vielen Obdachlosen vor der Kälte zu retten. In einer Kirchenmission in Augusta im US-Bundesstaat Georgia bereiteten sie sich auf einen Ansturm vor, wie die «New York Times» berichtete. «In einer normalen Nacht geht es vielleicht nicht um Leben und Tod», sagte der Missionsleiter. «Aber jetzt schon.» In Salt Lake City im Bundesstaat Utah sind Medienberichten zufolge bereits Anfang der Woche mindestens fünf Obdachlose erfroren. Und sogar in Miami, wo es normalerweise eher warm ist, hat die Obdachlosenhilfe ihren Kälte-Notfall-Plan in Kraft gesetzt.

Im Bundesstaat Texas werden durch den extremen Kälteeinbruch dunkle Erinnerungen wach. Schon im vergangenen Jahr brach das Stromnetz wegen Kälte zusammen, Millionen Menschen waren teils tagelang ohne Strom. Untersuchungen zufolge sollen deswegen mehr als 200 Menschen ums Leben gekommen sein. Diesmal sei man aber besser vorbereitet. «Das Stromnetz sei bereit und verlässlich», zitiert die «New York Times» einen Verantwortlichen. Am Freitag hatten laut der Webseite PowerOutage.us von mehr als 12 Millionen Stromabnehmern in Texas mehr als 80'000 keinen Strom. Landesweit seien mehr als eine Million Menschen betroffen gewesen.

Am Wochenende wieder wärmer

Besonders den Norden des Landes malträtieren Eis, Wind und Schnee – vor allem rund um die Grossen Seen. «An jedem der grossen Seen sind Wellen von bis zu sechs Metern Höhe vorhergesagt», zitierte die Zeitung «Detroit Free Press» einen Wissenschaftler der staatlichen Wetter- und Ozeanografiebehörde. Am Ostufer des Eriesees, in der Nähe der Niagarafälle, haben die Behörden bereits reagiert. In der Stadt Hamburg im Bundesstaat New York sind Berichten zufolge die Bewohner in Wassernähe dazu aufgefordert worden, ihre Häuser zu verlassen.

Auch in der Metropole Chicago am Ufer des Michigansees hatten die Winterdienste alle Hände voll zu tun. Weiter östlich, im Bundesstaat Indiana, hat der Gouverneur die Nationalgarde mobilisiert, um die Menschen vor den erwarteten Schneestürmen zu schützen.

Doch genauso schnell wie der Kälte-Spuk über die USA hereingebrochen ist, könnte er auch wieder vorbei sein. In einigen Gegenden im Nordwesten des Landes sollen die Temperaturen bald wieder in die Höhe schnellen, sobald der Kern der kalten Luft durchgezogen sei, prognostizierte der nationale Wetterdienst. An vielen Orten soll es bereits am Wochenende wieder um 20 bis 30 Grad wärmer sein. (sda/dpa)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
14 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Joe Smith
24.12.2022 00:00registriert November 2017
«Während des Schneesturms sah man aus diesem Polizeiauto wirklich nichts» Aber trotzdem fährt er munter drauflos.
«In Kansas und Oklahoma kamen Medienberichten zufolge bis Freitag mindestens fünf Menschen bei offenbar wetterbedingten Verkehrsunfällen ums Leben gekommen.» Nach diesem Gif wäre alles andere auch ein Wunder.
254
Melden
Zum Kommentar
14
«Ein Blitz schlug nur wenige Meter entfernt ein»: Ich war im Sturm in Dubai
Am Dienstag, dem 16. April, regnete es in Dubai sehr stark. So etwas hat es in 75 Jahren noch nie gegeben. Ich erzähle euch, wie sich dieser apokalyptische Tag abgespielt hat.

Gestern Morgen wachte ich auf und dachte: «Toll! Es regnet!» Im April kann es in Dubai durchaus regnen, aber nur ein paar Millimeter. Ich ging also mit meinem Hund joggen, naiv und selbstbewusst. Nach nur 20 Minuten bereute ich es. Der Wind war so stark, dass ich fast meine AirPods verloren hätte, und der Regen war so dicht, dass man kaum sehen konnte.

Zur Story