International
USA

Live im TV: Zwei US-Journalisten in Virgina erschossen

Bluttat in den USA: Journalisten-Mörder stirbt nach Suizid-Versuch im Spital +++ Er hatte zwei Ex-Kollegen exekutiert und Video der Tat getwittert  +++ Manifest: Hat ihn der Charleston-Amoklauf zur Tat animiert?

26.08.2015, 15:1626.08.2015, 22:29
Mehr «International»
  • Ein Mann hat im US-Bundesstaat Virginia vor laufender TV-Kamera eine Reporterin und einen Kameramann des Senders WDBJ erschossen. Eine weitere Frau wurde verletzt.
  • Auf der Flucht twitterte der Schütze Videoaufnahmen seiner Tat und schrieb etwa, die Reporterin habe rassistische Kommentare gemacht. Noch ist das Motiv der Tat aber unklar.
  • Der Schütze unternahm einen Selbstmordversuch und überlebte diesen zunächst. Später erlag er im Spital seinen Verletzungen. Er hatte früher mit den Opfern zusammengearbeitet.
  • Der TV-Sender ABC will ein 23-seitiges Manifest vom Täter zugefaxt bekommen haben. Darin bezeichnet er den Charleston-Amoklauf als Auslöser für seine Tat.

Eine Reporterin und ihr Kameramann sind im US-Bundesstaat Virgina von einem Mann erschossen worden. Die Tat ereignete sich am frühen Mittwochmorgen während einer Live-Schaltung, wie der US-Sender WDBJ mitteilt. Bei den Opfern handelt es sich um die 24-jährige Moderatorin Alison Parker und den 27-jährigen Kameramann Adam Ward. Sie arbeiteten für den Sender WDBJ

Vester Lee Flanagan
Vester Lee Flanaganbild: cnn.com

Beim Täter handelt es sich laut Behördenangaben um Vester Lee Flanagan. Der 41-Jährige war früher beim TV-Sender WDBJ angestellt. Er arbeitet unter dem Namen Bryce Williams als Reporter und Nachrichtensprecher. 

Anscheinend hat er seine Tat gefilmt und – gemäss Berichten von US-Medien – ein Manifest an eine TV-Station gefaxt. Wie die nach der Tat auf einem Twitteraccount veröffentlichten Videos zeigen, hat er Parker und Ward regelrecht exekutiert. Der Account wurde mittlerweile deaktiviert. In einem weiteren Tweet schreibt er, Parker habe sich rassistisch geäussert: 

Bild

Der Mann wurde laut offiziellen Angaben auf einer Autobahn fast 280 Kilometer entfernt vom Tatort von der Polizei aufgespürt; eine Fahrzeugkontrolle verweigerte er und gab stattdessen Gas. Einige Minuten später kam sein Auto von der Fahrbahn ab und wurde schwer beschädigt.

Beim Versuch, sich mit einer Schusswaffe das Leben zu nehmen, hatte sich der Verdächtige schwer verletzt. Er kam in sehr kritischem Zustand ins Spital, starb aber später, wie der zuständige Sheriff bekanntgab.

TV-Sender erhält 23-seitiges «Manifest»

Offenbar erlag er seinen Verletzungen um 19.30 Uhr (MEZ) in einem Spital im Norden des Bundesstaats.

Dem TV-Sender ABC war nach der Tat ein Fax mit einem 23-seitigen «Manifest» zugesandt worden. Es soll vom Attentäter stammen, der darin den Amoklauf von Charleston, bei dem im Juni neun Schwarze von einem 21-jährigen Weissen ermordet worden waren, als Triebfeder für seine Tat bezeichnet.

Weiter schreibt Flanagan, er sei als «schwarzer Schwuler» von Männern wie Frauen attackiert worden. «Jehova» höchstpersönlich habe ihm die Tat aufgetragen.

Korrektur
In einer früheren Version dieses Artikels hiess es, Vester Lee Flanagan habe sich umgebracht. Das ist falsch. Die Virgina State Police hatte irrtümlich seinen Tod vermeldet, diese Meldung aber mittlerweile zurückgezogen.

«Sie war eine nette und lustige Person»

Allison Parker war erst im Jahr 2012 direkt von der Universität zum Sender gestossen. Von ihren Kollegen wird sie beschrieben als «Superstar, die sehr professionell war. Sie war eine nette und lustige Person.» Parker war seit 9 Monaten mit dem Nachrichtensprecher Chris Hurst zusammen, wie dieser via Twitter bekannt gab. Sie wollten bald heiraten.

Kameramann Adam Ward war schon länger beim Sender. Er war verlobt mit einer TV-Produzentin und plante laut dem Guardian, die Stelle zu wechseln.

Die Verlobte des Kameramanns, die am Mittwoch ihren letzten Arbeitstag beim Sender feiern wollte, habe vom Kontrollraum aus die Schiesserei direkt miterlebt, sagte BDBJ-Chef Jeff Marks dem US-Nachrichtensender CNN.

«Wir hörten Schreie und dann nichts mehr», sagte Marks weiter. Parker habe an diesem Morgen ihren Abschied von der Sendung nehmen und dies feiern wollen. «Alison hatte Luftballons dabei», sagte Marks. «Es sollte ihre letzte Morgensendung sein.» 

Der Tatort in Moneta, Virginia.
Der Tatort in Moneta, Virginia.Bild: google maps

Was das Motiv für die Tat gewesen sein könnte, weiss Marks nicht. Ungläubig schiebt er nach: «Wie kann diese Individuum den Familien von Adam und Alison nur ihr Glück rauben?»

Screenshot zeigt den mutmasslichen Täter

Auf den Live-Sequenzen, die mit Wards Kamera gedreht wurden, sind zunächst Schüsse zu hören, bevor die Kamera auf den Boden fällt. Danach sind die Beine des mutmasslichen Schützen zu sehen. Die Reporterin wird ausserhalb des Sichtfeldes erschossen, es sind lediglich ihre Schreie zu hören. Auf einem Screenshot aus dem Video ist ein Mann zu sehen, der eine Waffe trägt.

Durch die Schüsse wurde auch die Interviewpartnerin von Parker verletzt. Vicki Gardner, Direktorin der regionalen Handelskammer, wurde laut dem CNN-Journalisten Brian Stelter im Rücken getroffen. Sie ist operiert worden, ihr Zustand ist stabil.

Der Angriff fand um 6.45 Uhr Eastern Time beim Bridgewater Plaza nahe der Stadt Moneta statt. In der Umgebung bleiben die Schulen vorerst geschlossen, wie die lokalen Behörden bekanntgegeben haben. (aeg/mlu/sda)

Auf sozialen Netzwerken kursieren Videoaufnahmen der Tat, wir verzichten auf deren Publikation.

Hier ereignete sich die Bluttat

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
24 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Anded
26.08.2015 16:12registriert Oktober 2014
Aufs Video verzichtet Watson aus "wir sind nicht so"-Gründen, und muss dies im Artikel noch betonen, zeigt aber die zwei brutalsten Momente des Videos (man sieht echt nicht mehr) als Bilder. (Front:) Die Frau am schreien, den Tod vor Augen. (Als Tweet eingebettet:) Der Blickwinkel des Kameramanns - schon am Boden liegend - zum Schützen, welcher die Waffe auf ihn gerichtet hat. Warum genau zeigt ihr das Video nicht, resp. die Bilder schon?
7210
Melden
Zum Kommentar
avatar
NatValCas
26.08.2015 19:35registriert Mai 2015
"Auf sozialen Netzwerken kursieren Videoaufnahmen der Tat, wir verzichten auf deren Publikation."

Hut ab! Das ist ein verantwortungs- und pietätvoller Umgang mit so einer furchtbaren Geschichte, der von einer Klasse Eurer Redaktion zeugt, die heute selten geworden ist!

Danke!
647
Melden
Zum Kommentar
avatar
rYtastiscH
26.08.2015 15:32registriert Januar 2015
Grausam... Bitte aber keine Links zum Video posten, sowas gehört sich in meinen Augen nicht. Es ist schon so viel zu einfach solche Videos zu finden.
6418
Melden
Zum Kommentar
24
Supreme Court befasst sich mit Immunität Trumps: Straffreiheit bei Ermordung von Rivalen?

In der historischen Frage nach Immunität vor Strafverfolgung für Ex-Präsidenten hat sich das Oberste Gericht der USA skeptisch gegenüber den Argumenten von Donald Trumps Anwalt gezeigt. In dem Fall geht es um nicht weniger als die Zukunft der Strafverfahren gegen den Trump und die Grenzen des Rechtsstaats.

Zur Story