Eine Menschenrechtlerin, sechs Wissenschaftler, drei Forscherinnen und ein Literat haben am Sonntag die Nobelpreise des Jahres 2023 erhalten. Das sind die Gewinnerinnen und Gewinner im Überblick.
Die iranische Frauenrechtlerin Narges Mohammadi musste sich bei der Übergabe des Friedensnobelpreises in der norwegischen Hauptstadt Oslo von ihren Kindern vertreten lassen, weil die Behörden die 51-Jährige in ihrer Heimat weiter in Haft halten.
In Oslo stand für Mohammadi ein leerer Stuhl auf der Bühne. Dahinter hing ein Porträt der Preisträgerin mit offenem Haar - eine Anspielung auf den Kopftuchzwang im Iran. Die 17 Jahre alten Zwillinge Kiana und Ali Rahmani nahmen den Preis für ihre Mutter entgegen und verlasen auf Französisch die Ansprache, die Mohammadi im berüchtigten Evin-Gefängnis verfasst hat. Im vorigen Jahr hatte der inhaftierte belarussische Friedensnobelpreisträger Ales Bjaljazki ebenfalls nicht nach Oslo kommen können. Er war zusammen mit der ukrainischen Menschenrechtsorganisationen Zentrum für bürgerliche Freiheiten und der Organisation Memorial aus Russland ausgezeichnet worden.
Das norwegische Nobelkomitee erkannte Mohammadi den Friedensnobelpreis 2023 «für ihren Kampf gegen die Unterdrückung der Frauen im Iran und ihren Kampf für die Förderung der Menschenrechte und der Freiheit für alle» zu. Die Auszeichnung solle auch die gesamte Bewegung würdigen, die unter dem Slogan «Frau, Leben, Freiheit» Hunderttausende Menschen im Protest auf die iranischen Strassen gebracht hat.
Mohammadi nannte die politischen Zustände im Iran eine Tyrannei, gegen die sich Millionen stolzer Frauen erhoben hätten, die von Männern und Jugendlichen sehr unterstützt würden. Unter einer Tyrannei zu leben, gleiche dem Leben eines unbewaffneten, wehrlosen Menschen unter Raketenbeschuss und Kugelhagel.
«Heute hat die iranische Jugend die Strassen und öffentlichen Räume in eine Arena des zivilen Widerstands verwandelt», konstatierte Mohammadi. «Ich bin zuversichtlich, dass das Licht der Freiheit und der Gerechtigkeit hell auf das Land Iran scheinen wird.»
In Stockholm überreichte der schwedische König Carl XVI. Gustaf den Physiknobelpreis an Ferenc Krausz, Anne L'Huillier und Pierre Agostini. Die Drei haben einen Weg gefunden, extrem kurze Lichtpulse zu erzeugen, mit denen sich selbst die rasend schnelle Bewegung von Elektronen messen lässt.
Mit dem Nobelpreis für Krausz setzt die Max-Planck-Gesellschaft eine Serie der besonderen Art fort. Seit 2020 hat jedes Jahr mindestens ein Mitglied der Gesellschaft den Nobelpreis bekommen. Insgesamt waren es sechs. Der Reigen startete mit der Französin Emmanuelle Charpentier, die in Berlin forscht.
Der Nobelpreis für Chemie ging an die in den USA tätigen Forscher Moungi Bawendi, Louis Brus und Alexei Ekimov, die für die Entdeckung und Entwicklung von sogenannten Quantenpunkten ausgezeichnet wurden. Quantenpunkte kommen unter anderem in modernen QLED-Fernsehern zum Einsatz und spielen bei Quantencomputern, der Effizienzsteigerung von Solarzellen und in der Krebsmedizin eine Rolle.
Den Medizin-Nobelpreis nahmen Katalin Karikó und Drew Weissman entgegen. Ihre Arbeiten an der mRNA-Technologie haben unter anderem die Entwicklung der Corona-Impfstoffe ermöglicht. Sie hätten dazu beigetragen, in beispiellosem Tempo Impfstoffe zu entwickeln, eine verheerende Pandemie einzudämmen und Millionen von Menschenleben zu retten, sagte die Vorsitzende des Nobelpreiskomitees für Medizin, Gunilla Karlsson Hedestam.
Den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften erhielt die US-Ökonomin Claudia Goldin für ihre Forschung zur Rolle von Frauen auf dem Arbeitsmarkt. Es sei höchste Zeit, dass die Welt etwas die Arbeitsgeschichte von Frauen lerne, die Goldin erforscht habe, sagte Akademiemitglied Kerstin Enflo.
Den Literaturnobelpreis nahm der Dramatiker, Autor und Lyriker Jon Fosse entgegen. Fosse beschreibe die Orientierungslosigkeit des Individuums und die Schwierigkeiten, einen Weg im Leben zu finden, sagte der Vorsitzende des Nobelkomitees der Schwedischen Akademie, Anders Olsson und fügte hinzu: «Er benutzt die einfachsten Worte und schreibt über Erfahrungen, mit denen wir alle etwas anfangen können: Trennung, Tod und die Verletzlichkeit der Liebe.»
Die Nobelpreise hat der Chemiker, Unternehmer und Erfinder Alfred Nobel (1833 bis 1896) gestiftet. Sie werden traditionell Anfang Oktober bekannt gemacht und an Nobels Todestag, dem 10. Dezember übergeben - der Friedensnobelpreis als einziger in Oslo, alle anderen in Stockholm. Die Auszeichnung ist in diesem Jahr in jeder Kategorie mit einem Preisgeld von 11 Millionen schwedischen Kronen (rund 975 000 Euro) dotiert.
Der Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften geht als einziger nicht auf Nobels Testament zurück, sondern wurde Ende der 60er Jahre von der schwedischen Reichsbank gestiftet. Er zählt daher streng genommen nicht zu den klassischen Nobelpreisen, wird aber zusammen mit ihnen überreicht. (sda/dpa)