Nach dem Beginn einer Luftoffensive im Gazastreifen stellt sich die israelische Armee auch auf den Einsatz von Bodentruppen in dem Palästinensergebiet ein. Das kündigte der israelische Militärsprecher Peter Lerner am Dienstag an. Die Regierung hat der Armee grünes Licht für die Mobilisierung von bis zu 40'000 Reservesoldaten gegeben.
Nach Aussagen des Militärsprechers hat die Offensive zwei Ziele: «Wir wollen der Hamas im Gazastreifen einen Schlag versetzen und die Raketenangriffe auf Israel verringern», sagte Lerner. Am Montag seien rund 80 Raketen auf israelische Ortschaften abgefeuert worden. «Wir werden dem ein Ende setzen», sagte er. Es gebe keine zeitliche Beschränkung der Operation. «Wir stellen uns auf den möglichen Einsatz von Bodentruppen ein», sagte Lerner. «Aber ich denke nicht, dass das sofort passieren wird.»
Nach Dutzenden Raketenangriffen aus dem Gazastreifen hat Israel eine neue Offensive gestartet. Vertretern der radikalislamischen Hamas zufolge flogen israelische Kampfjets am Dienstagmorgen etwa 50 Angriffe. Auch Wohnhäuser seien beschossen und zerstört worden.
Zwölf Menschen seien verletzt worden, sagte ein Sprecher der lokalen Notfalldienste. Eine Sprecherin des israelischen Militärs bestätigte die Luftschläge. Zu Berichten über Angriffe auf Wohnhäuser konnte sie sich zunächst nicht äussern.
#IDF has commenced Operation Protective Edge in #Gaza against #Hamas, in order to stop the terror #Israel's citizens face on a daily basis
— IDF (@IDFSpokesperson) July 7, 2014
Nach Angaben des israelischen Militärs trägt die nun gestartete Offensive den Namen «Operation Protective Edge» (hebräisch: «Zuk Eitan»). Ihr Ziel sei es, den Terror zu beenden, der die Israelis täglich bedrohe, schrieb ein Sprecher auf Twitter. Vorbereitungen der Armee auf einen grösseren Einsatz liefen bereits. Zuletzt wurden nach Angaben eines Sprechers 1500 Reservisten mobilisiert.
Nach Angaben aus palästinensischen Sicherheitskreisen zerstörten israelische Kampfflugzeuge am frühen Dienstagmorgen im Süden des Gazastreifens drei Häuser von Hamas-Mitgliedern. Die dort lebenden Familien hätten zuvor einen Warnanruf der israelischen Armee erhalten.
Der bewaffnete Arm der Hamas warnte umgehend vor weiteren solchen Attacken. Angriffe auf Wohnhäuser seien eine rote Linie, schrieben die al-Kassam-Brigaden in einer per E-Mail verbreiteten Mitteilung. Sollte dies nicht gestoppt werden, «werden wir darauf mit einer überraschenden Ausweitung unserer Attacken reagieren».
Die Hamas hatte am Montagabend Dutzende von Raketen auf Israel abgefeuert. Die israelischen Streitkräfte teilten mit, es seien Ortschaften im Umkreis von 40 Kilometern vom Gazastreifen angegriffen worden. Zahlreiche Raketen seien vom Abwehrsystem «Iron Dome» abgefangen worden. Dem Militär zufolge erfolgten am Morgen weitere Raketenangriffe aus dem Gazastreifen.
Die Gewalt zwischen Israelis und militanten Palästinensern eskaliert zusehends. Beide Seiten beschiessen sich seit Tagen mit Raketen und Granaten. In mehreren Städten kam es zu Krawallen. Auslöser waren die Entführung und die Ermordung von drei jüdischen Religionsschülern sowie der mutmassliche Rachemord an einem palästinensischen Jugendlichen. In der Region wächst die Sorge vor einem neuen Gaza-Krieg sowie einem neuen Palästinenser-Aufstand.
Im Streit um das richtige Vorgehen angesichts der Eskalation der Gewalt brach Aussenminister Avigdor Lieberman das Bündnis seiner Partei mit dem regierenden Likud. Seine Fraktion wolle aber in der von Regierungschef Benjamin Netanjahu geführten Koalition bleiben.
Unfreiwillig hineingezogen in die Auseinandersetzungen wurden die Passagiere und die Besatzung eines Kreuzfahrtschiffes. Wie ein Korrespondent der ARD-«Tagesthemen» unter Berufung auf einen Passagier berichtete, fielen Trümmerteile mehrerer abgefeuerter Raketen am Montagabend auf das Schiff Aida Diva.
Das Unternehmen Aida Cruises teilte mit, bei dem Vorfall seien keine der 2700 Gäste und Crew-Mitglieder verletzt worden. Die auf dem Passagierdeck entdeckten «Kleinstpartikel» hätten keinen Schaden am Schiff angerichtet. Sie könnten nach ersten Einschätzungen von Abwehrraketen stammen.
Der Vorfall habe sich beim planmässigen Auslaufen aus dem israelischen Hafen Aschdod, etwa 30 Kilometer nördlich des Gazastreifens, ereignet. Das Schiff habe ohne Verzögerung den Hafen verlassen und befinde sich auf dem Weg nach Kreta. Der Zwischenfall wurde weder von der israelischen Armee noch von Hamas-Vertretern bestätigt. (rey/sda/reu)