Ich weiss nicht, ob es das Wort «Danebenheit» wirklich gibt. Falls nicht, will ich es jetzt erfunden haben. Für Roger. Und seinen Penis. Beziehungsweise für Rogers Dick-Pic, das er mir ungefragt schickt, es dann wie einen Unfall aussehen lässt, um mich dann sogleich zu fragen, ob es mich nicht doch ein wenig angeturnt hat.
Pardon, ich greife gerade etwas vor. Die Geschichte mit Roger fängt super harmlos an. Wir lernen uns auf einer Dating-Seite kennen. Er ist 42, hat einen guten Job, eine schöne Wohnung, ein unaufgeregtes Profil und seine Augen strahlen Ruhe aus.
Ich finde Ruhe gut. Ich selber bin ja, wie ihr eventuell schon einmal gemerkt habt – haha – eher rastlos. Ein Gegenpol täte mir also gut.
Roger und ich schreiben biz hin und her und es ist, wie soll ich sagen, so erwachsen. So no Bullshit! Er sagt, was er will, ich sage, was ich will. Wir finden, das passt zusammen und machen ein Treffen aus.
Unser Date beginnt im Botanischen Garten. Wir spazieren durch den Park, dann runter zum See und am Ende trinken wir Glühwein am Seeufer. Wir reden und der Flow ist gut. Die Gespräche sind gut. Die Chemie ist gut.
Jetzt nicht mega Bombe, aber sicher nicht daneben. Roger, so denke ich, ist ein anständiger Kerl. Boyfriend-Material, würden meine Freunde wahrscheinlich sagen. Und weil ich langsam aber sicher ready für einen Boyfriend bin, entscheide ich, dass ich Roger meine Handynummer gebe und ja zu einem zweiten Date sagen würde.
Kleiner Spoiler: Es kommt zu keinem zweiten Date!
Grund: Drei Stunden nach unserem Treffen schickt er mir ein Dick-Pic.
Da prangt es also. Steif und für meinen Geschmack etwas zu behaart in Nahaufnahme auf meinem Telefon.
Schockstarre meinerseits.
Bevor ich reagieren kann, tut er es.
«Ui sorry, war nicht für dich bestimmt. Tut mir sehr leid.»
Ich kann immer noch nicht reagieren.
Muss mich sammeln. Und überlegen.
Dann kommts noch biz dicker:
«Jetzt aber, da es schon passiert ist, könntest du dich ja vielleicht sogar revanchieren!? Zwinker!»
Könnte ich wirklich, denke ich. Ich könnte das Dick-Pic für das ganze Internet ersichtlich veröffentlichen. Oder ihm sagen, dass der Penis winzig ist. Oder ihn anzeigen. Oder seine Nummer blockieren.
Ich entscheide mich für Letzteres. Davor lasse ich ihn wissen, dass die Aktion sehr schlecht inszeniert ist. Und grusig. Und abstossend. Und übergriffig. Und dumm. Und hohl. Und naiv. Und maximal unsexy.
Ein paar Tage später sitze ich mit drei Freundinnen in einem Café und erzähle die Geschichte. Mara muss sehr lachen. Sie holt ihr Handy hervor und hält es mir vor die Nase. Da ist er. Rogers Penis. Er hat sich nicht mal die Mühe gemacht, mir ein anderes zu schicken.
1 Dick-Pic für die ganze Welt.
Auch Mara hat Roger gedatet. Auch Mara war im Botanischen Garten. Und auch Mara hat Glühwein getrunken. Das Dick-Pic kam zwei Stunden nach dem Date.
Mara und ihre Mitbewohnerin haben daraufhin eine Schachtel Dick-Pic-Kleber machen lassen. Damit haben sie Rogers Velo unwiderruflich tapeziert. Sie schickt ihm seither jeden Tag kommentarlos ein Foto seines heissgeliebten tapezierten Velos.
Das heutige unterschreiben wir gemeinsamen. Mit einem Selfie von uns. Als Balken über die Augen nehmen wir seinen Penis.
Den wir dafür aber vergrössern mussten.
Adieu,
Obwohl ich, zumindest nach der Info dass er das bei anderen Frauen auch macht, wohl eine Anzeige in Betracht gezogen hätte.
Sonst lernen solche Typen ja nie was. Wobei - die Aktion mit dem Velo ist super.