Die Whatsapp-Nachricht kommt ultra out of the blue. «Hey?», steht da auf meinem Handy. Dazu kein Name. Keine alte Konversation. Nichts.
Wahrscheinlich Spam. Oder ein Cousin eines Ur-Grossonkels, der mir sagen will, dass ich 876 Milliarden geerbt habe und nur 10 Millionen vorauszahlen muss, um an den Zaster zu kommen.
Ohne mich, mein «Hey»-Freund.
Ich schaue das Profilbild an. Gut aussehender Typ. Cap, dunkle Haare, Hoodie. Total mein Beuteschema. Eventuell doch jemand, mit dem ich mal geschlafen habe? Ich bin unsicher. Auch drei weitere Minuten später habe ich keine Ahnung, ob Hey mal in mir drin war oder nicht.
Mich juckts in den Fingern.
«Hey», schreib ich, «sag mal, Hey, hatten wir mal Sex, Hey?»
Keine Antwort.
Also kein Sex.
Also Spam.
Ich hab die Story schon fast vergessen, als es ein paar Stunden später nochmal vibriert. «Hehe», steht da. «Ich weiss es ebe au nüme gnau!»
«Hey fuck», antworte ich. «Hatten wir Sex, muss er miserabel gewesen sein!»
Hey findet auch das «Hehe».
Ob wir uns denn überhaupt mal getroffen haben und sowieso und überhaupt, woher kennen wir uns?
Hey ist sich nicht ganz sicher. Er tippt auf Tinder. Warum er sich denn überhaupt meldet, frage ich.
«Ja, weisch, Hehe … Ich bi grad früsch Single und bin ehrli gseit mini alte Kontäkt duregange!»
Okay. Hey. Habe ich früher auch mehrfach getan. Hab's so den Jungs nicht auf die Nase gebunden. Aber Hey, ich bin ja tolerant. Gell.
Was er wolle, frag ich. Er fände mein Profilbild so «schnusig». Ich finde weder mein Profilbild noch mich «schnusig», aber nun ja.
«Bisch denn no Single, Zwinker, Zwinker, Hehe …?»
Ich antworte grad nicht, also schiesst Hey nach. Er wolle nichts Ernstes. «Chli Spass wännd weisch wani meine ..., Hehe!»
Ich weiss es. Und will nicht. Ich würde nicht mal wollen, wäre ich Single. Wobei … nein, ich glaub wirklich nicht. Ausser, ich hatte lange keinen Sex. Oder so.
Anyhow.
Ich sag Hey, dass ich in einer Beziehung bin. Hey findet: «Din Schatz muess es ja nöd wüsse!»
Ich antworte Hey, dass es nicht «an meinem Schatz» liegt, sondern an meinem freien Willen.
Hey findet das sehr schade. Und öffnet sein Herz. Die «geilen Frauen» seien alle vergeben. Und dumm. Sie verstünden nicht, dass sowieso alle Männer fremdgehen, und dann seien die dummen Frauen diesen betrügenden Männern alle hörig.
Hoppla, Hey!
Ich antworte Hey, dass ich seinen Frust verstehe. Und dass vielleicht eine kurze Dating-Verschnaufpause gut wäre. Wenn er mag. Und dann sage ich, dass die Welt nicht ganz so ein böser Ort ist, wie er jetzt meint.
Hey schreibt, ich soll mich ficken.
Das ist jetzt relativ schnell eskaliert.
Ich lasse Hey nun Hey sein und leg mein Handy weg. Schon noch geil, nicht mehr in diesem Dating-Haifischbecken überleben zu müssen. Obwohl ich es ja manchmal schampar vermisse.
Ein paar Stunden später schaue ich aufs Telefon. Hey hat sich noch einmal gemeldet.
«Spötischtens wenn dich din Altä grusig verseckled hät, chasch di ja mälde, Hehe … villicht bini denn no ume, Hehe …!»
Okay. Nein. Ich vermisse es doch nicht. Und hoffe ein bisschen, dass Hey und ich wirklich nie Sex hatten. Und wenn schon, soll er wenigstens super gewesen sein. Wobei ich es dann sicher noch wüsste. Wahrscheinlich. Uff.