Es gibt diese Tage, da reicht es nicht, sich dreimal hintereinander im Spiegel anzulächeln und dabei «Alles wird gut» zu murmeln. Nicht nur, weil man sich dabei wie die Zweitbesetzung eines drittklassigen Schauspielhauses fühlt, sondern auch, weil solche Sätze verdächtig oft in Romantischen Komödien gesprochen werden, bevor die Hauptdarstellerin in einen fetten Haufen Hundescheisse tritt.
So oder so ähnlich muss es auch der 26-jährigen New Yorker Autorin und Illustratorin Amy Rose Spiegel ergangen sein, als sie anfing, ihre «Daily Affirmations» in Lena Dunhams Newsletter LENNY zu publizieren.
Sie sind, wie der Name schon verrät, eine lebensbejahende Variante zu geistlosen «Keep calm and drink coffee»-Postkarten, die dir eine Studienkollegin zum Geburtstag schenkt und ersticken Ängste und Selbstzweifel dort, wo sie anfangen: in deinem Kopf.
Wir haben mit Amy über die zentralen Themen ihrer erfrischenden Illustrationen – Selbstliebe, die leidigen Zwanziger und den perfekten Liebesbrief – gechattet.
Amy Spiegel: ... Menschen daran zu erinnern, dass sie eigenständige Individuen sind und es keinen festen oder von anderen vorgegebenen Weg gibt, ein Leben zu geniessen. Wie du deinen Tag lebst, liegt ganz bei dir. Solange du respektvoll und freundlich zu dir und anderen bist, kannst du eigentlich nicht viel falsch machen.»
... man beim Schreiben zwei Dinge im Auge behält. Erstens solltest du dich beim Verfassen auf die Eigenschaften konzentrieren, die du am Gegenüber besonders schätzt und die nicht zu generell ausfallen. Zweitens solltest du den Fanbrief nur für den Zweck verfassen, der anderen Person zu zeigen, wie sehr du sie bewunderst. Fanbriefe sind keine Fanbriefe, wenn du dir einen Gefallen erschleichen möchtest und keine Freude daran hast.
... wache ich früh auf, esse einen Sesambagel begleitet von einem grünen Tee, bevor ich in den Zug zu den Rockaways steige, um für ein paar Stunden zu surfen. Der Ozean hat seine eigenen Mittel, um Depressionen zu bekämpfen – und hilft auch ganz nebenbei gegen Akne. Nach dem Surfen strecke ich meinen mit ausreichend Sonnencreme versorgten Körper am Strand aus, um zu meditieren. Ich habe ein Buch mit, das ich schon lange lesen wollte – in meinem Fall «Meister und Margarita» von Michail Bulgakow und hänge so wenig wie nötig am Telefon. Höchstens, um mich mit meinen Freunden und einem Crush am Strand zu verabreden.
Wenn es besonders gut läuft, lerne ich in der Zwischenzeit noch ein paar interessante Menschen kennen, bevor meine Freunde mit eisgekühltem Wein und einem Eis vorbeikommen. Wir hängen ab, gehen schwimmen und zu einer dieser Bars am Strassenrand, bis ich von all den Geschehnissen überwältigt nach Hause möchte, wo ich dann mit einer Haarmaske und noch mehr Wein auf dem Sofa einschlafe.
Jemandem – oder gleich einer ganzen Menge an Menschen – deine Arbeit zu zeigen, kann sich erst mal schrecklich anfühlen. Ganz einfach, weil all das in deinem Gehirn entstanden ist und nur du selbst dafür verantwortlich bist. Ich halte es trotz der angsteinflössenden Komponente für wichtig, der Welt zu zeigen, worum es dir geht. Das Leben ist manchmal am besten, wenn man davon eingeschüchtert wird.
... dass man sich nicht auf einmal erbrachten Leistungen ausruhen kann. Nachdem mein Buch erschienen ist, war ich an ein paar netten Orten und hatte tolle Jobs – aber es bedeutete nicht, dass ich mich etabliert hatte oder dass ich ab sofort nie mehr pleite war.
Ich musste genauso hart weiterarbeiten, wie ich es immer getan habe. Ausserdem habe ich gelernt, wie man Enchiladas macht, ein Hühnchen brät, dass Zahnseide wichtig ist und man besser mit jemandem Schluss macht, sobald man sich seiner Entscheidung sicher ist – und nicht noch ein weiteres Jahr vergeudet.
... genauso ehrlich und cool mit sich selbst zu sein, wie man das auch mit jeder anderen Person wäre, deren Anwesenheit man geniesst.
... vollkommen normal. Es ist nur wichtig, es nicht unbedingt genau dieser Person mitzuteilen. Versuche es einfach wirklich nicht zu tun.
Es gibt andere Aktivitäten, die du vielleicht ausprobieren möchtest, wenn du in der Brainzone gelandet bist: Iss Enchiladas, lerne surfen, lies ein gutes Buch. Wenn alles nichts hilft: Versuch's mit einer Haarkur!