In der Nacht auf Montag, um 3.00 Uhr, startet die allerletzte Folge des Serienphänomens «Game of Thrones». Zwar ist Episode sechs 80 Minuten lang, doch alle Erzählstränge zu einem befriedigenden Ende zu bringen, dürfte trotzdem eine Herausforderung werden.
Es kann daher durchaus sein, dass die letzte Folge einige unwichtige Erzählstränge fallen lässt, um wenigstens die wichtigen Fragen zu beantworten, allen voran natürlich, was nun mit Daenerys geschieht.
Während diese Frage natürlich im Zentrum steht, gibt es noch einige andere Dinge, welche die letze Folge auf jeden Fall beantworten muss. Wir haben sieben Fragen aufgelistet, die beantwortet werden müssen – und zwei, die womöglich der mangelnden Zeit zum Opfer fallen.
Der folgende Beitrag enthält Spoiler zu diversen Folgen von «Game of Thrones», inklusive Staffel acht. Ausserdem wird das Ende von «Der Herr der Ringe» gespoilert.
Jon war so vieles. Vermeintlicher Bastard, Führer der Nachtwache, König des Nordens, Wiederauferstandener, Geliebter von Daenerys. Bis zur fünften Folge der achten Staffel war er der Charakter, der den guten Prinzipien am ehesten treu blieb und immer das Richtige zu tun gedachte.
Und nun musste er mit Fassungslosigkeit feststellen, wie seine Königin die Hauptstadt in Schutt und Asche legte. Natürlich ist er damit nicht allein, denn mindestens Tyrion und Arya sind genauso sprachlos ob der Zerstörung. Doch während Tyrion vor allem enttäuscht und Arya auf Rache aus sein dürfte, könnte es Jon härter treffen. Tatsächlich wäre es keine Überraschung, wenn sein gutmütiger Charakter, der ihn immer wieder an das Gute im Menschen glauben liess, ihm jetzt den seelischen Todesstoss verpasst.
Wer immer und immer wieder enttäuscht wird und scheinbar ohne Erfolg für eine bessere Welt kämpft, zerbricht irgendwann daran. Dass Jon am Ende der Serie als gebrochener Charakter dasteht, könnte Autor George R. R. Martin sogar schon angedeutet haben. Martin hat schon vor längerer Zeit verraten, dass das Ende bittersüss sein werde und dieses auch mit den Drehbuchautoren abgesprochen sei.
In einem Interview von 2015 mit «The Observer» machte Martin ein paar weitere Andeutungen, wie «Game of Thrones» ausgehen könnte. Der Autor sagte darin, dass das Ende ein bisschen wie bei «Der Herr der Ringe» sein könnte.
Ein kurzer Auffrischkurs, wie «Der Herr der Ringe» endete:
Frodo schafft es, den Ring zu vernichten (mit der unfreiwilligen Hilfe von Gollum) und tötet so Sauron endgültig. Das Gute triumphiert, Aragorn, der Führer der Menschen wird zum König gekrönt und ehelicht Arwen. Ein Happy End also.
Nicht ganz. Wer die Bücher gelesen hat, weiss, dass es da noch ein Kapitel nach der Krönung Aragorns gab, das im Film nicht vorkam. Darin kehren die Hobbits endlich ins Auenland zurück, nur um feststellen zu müssen, dass es unter der Kontrolle von Saruman steht. In den Büchern konnte dieser nach seiner Niederlage fliehen und hat es sich dann zum Ziel gesetzt, den heimkehrenden Hobbits eine wahre Hölle zu bereiten. Dazu hat er das idyllische Auenland zu einem unwirtlichen und bösen Ort gemacht. Zwar kann Saruman doch noch getötet werden und das Auenland wird gerettet, doch fügt es dem perfekten Happy End einen Makel hinzu.
Genau dieses Kapitel bezeichnet George R. R. Martin als brillant und als eine Tonart, die er mit seinem (noch offenen) Ende von GoT auch erreichen wolle. Martin hat in diversen Interviews erwähnt, dass «Der Herr der Ringe» einen grossen Einfluss auf seine Arbeit gehabt habe.
Tatsächlich kann man, wenn man will, durchaus Parallelen in der achten Staffel «Game of Thrones» zu «Der Herr der Ringe» finden. In der dritten Folge wurde der Nachtkönig (aka Sauron), das grosse Böse besiegt, in der fünften schliesslich auch Cersei. Nun ist das vermeintliche Happy End da, fehlt also noch der Tiefschlag, alias die Auenland-ist-zerstört-Sequenz. Eingeleitet wurde diese bereits, denn Daenerys wurde irre und Jon muss jetzt damit klar kommen und könnte schlussendlich sogar derjenige sein, der Dany tötet.
Und dann?
Wir alle erinnern uns, wie es in «Der Herr der Ringe» nach der Befreiung des Auenlands weiterging: Frodo, durch die Last des Rings und des Erlebten gebrochen, verlässt das Auenland und seine Freunde, um gegen Westen zu segeln.
Wenn Jon einem Charakter aus «Der Herr der Ringe» entspricht, dann wohl dem von Frodo. Somit könnte das bittersüsse Ende unter anderem damit zu tun haben, dass Jon alles hinter sich lässt, um in die Ferne zu ziehen. Vielleicht sogar hinter die Mauer in den Norden?
Nüchtern betrachtet kann Tyrions Erzählstrang wohl nur auf dessen Tod hinauslaufen. Daenerys hat ihm bereits vorausgesagt, was passiert, wenn er sie ein drittes Mal enttäuscht. Mit der Befreiung von Jaime dürfte diese Bedingung erfüllt sein. Zumal es auch durchaus sein könnte, dass Daenerys plötzlich auf die Idee kommt, alle zu töten, die von Jons wahrer Identität wissen. Klingt vielleicht etwas weit hergeholt, aber hey, Dany ist jetzt irre.
Allerdings scheint es auch fast ein bisschen zu einfach, dass Daenerys Tyrion einfach hinrichten lässt. Hier könnten uns die Drehbuchschreiber vielleicht sogar noch einmal ein bisschen überraschen. Vor allem aber müssen sie uns glaubhaft beantworten, wie Tyrion mit der Situation umgeht, dass Daenerys gerade seine Erwartungen und Hoffnungen in Schutt und Asche gelegt hat.
Schon bevor Daenerys zur irren Königin wurde, hatte Varys in Tyrion erste Zweifel darüber geweckt, ob Dany wirklich geeignet für den Thron sei. Dafür hat er Varys an die Drachenkönigin verraten, nur um jetzt feststellen zu müssen, dass sein Urteilsvermögen ihn im Stich gelassen hat. Sicher eine bittere, letzte Pille, die Tyrion da schlucken muss.
Dann wäre da noch das Wissen, welches Tyrion über Jon Schnee hat. Setzt er dieses noch einmal ein? Versucht er vielleicht sogar den Widerstand gegen Dany zu organisieren? Es ist schwierig einzuschätzen, was Tyrion in der letzten Folge tun wird. Vollkommen unglaubwürdig wäre allerdings, wenn er weiterhin hinter Daenerys stehen würde.
Um Sansa ist es zuletzt ruhig geworden. Doch wir alle wissen, dass die Lady von Winterfell – aus Sicht von Daenerys – nichts Gutes vor hat. Geht es nach Sansa, sitzt am Ende Jon auf dem Thron, während sie die Wächterin des Nordens sein wird.
Die Frage ist, wie viel Einfluss Sansa noch auf die Handlung haben kann, wenn sie weiterhin in Winterfell residiert. Oder taucht sie in der letzten Folge womöglich überraschend vor Königsmund auf, um sich noch ein letztes Mal aktiv in das Machtspiel um den Thron einzumischen?
Wahrscheinlicher ist, dass Sansa mithilfe von Raben Nachrichten an die richtigen Leute schickt, um etwas in Gang zu bringen. Dies beherrscht sie inzwischen ja richtig gut und wir wissen noch immer nicht, ob sich im Gespräch zwischen ihr und Tyrion vielleicht nicht noch mehr abgespielt hat.
Vielleicht sehen wir Sansa aber auch nur in einigen wenigen Szenen, in denen sie auf die Geschehnisse, welche Bran inzwischen sicher erfahren haben dürfte, reagiert. Das wäre natürlich ein sehr enttäuschendes Ende für so einen starken Charakter.
Hier gibt es eigentlich nicht viel zu sagen. Arya hat laut der Prophezeiung von Melisandre noch ein weiteres Augenpaar auf ihrer Todesliste: das Grüne.
Bisher war Cersei in der Favoritinnen-Rolle für Aryas letzten grossen Mord, allerdings dürfte das nach der fünften Folge wohl vom Tisch sein. (Auch wenn sich hartnäckig die Theorie hält, dass Cersei gar nicht tot sei, immerhin habe man sie nicht wirklich sterben sehen).
Die naheliegendste Kandidatin ist nun Daenerys, die nicht wie in den Büchern violette, sondern grüne Augen hat. Die Frage ist nur, ob das nicht fast ein bisschen zu naheliegend ist, denn dass Arya nach dem Nachtkönig auch gleich noch den zweiten Endboss aus dem Weg räumt, wäre irgendwo ein bisschen lahm.
Bran ist in der achten Staffel ein bisschen zu einem Running Gag geworden. In Staffel sechs und sieben wurde sein Charakter scheinbar immer wichtiger, sodass ihn schlussendlich sogar der Nachtkönig tot sehen wollte. Doch die von den Fans erwartete, krasse Klimax blieb in Staffel acht aus. Stattdessen hatte man das Gefühl, dass Bran hauptsächlich in seinem Rollstuhl sitzt und nichts tut.
Man darf sogar soweit gehen und fragen, was er in Staffel acht zur Handlung beigetragen hat, ausser:
Die letzte Folge muss uns nun beantworten: War es das wirklich mit Bran oder kommt da noch was? Im Moment sieht es mehr danach aus, als hätten die Drehbuchautoren seine Story mehr oder weniger abgehakt. Das könnte man natürlich so machen, würde aber etwas unbefriedigend wirken.
Varys wurde in der fünften Episode von Daenerys für seinen Verrat zum Tode verurteilt. Damit ist seine Reise zu Ende, nicht aber die seiner Ränkespiele. Wie viele Nachrichten hat Varys vor seinem Tod womöglich noch verschickt, die etwas in Gang gesetzt haben?
Was aber nicht allen aufgefallen sein dürfte, ist, dass Varys vielleicht bereits Daenerys' Tod in Auftrag gegeben hat. Ein scheinbar harmloses Gespräch zwischen ihm und einem seiner Vögelchen lässt diese Vermutung durchaus zu:
Hat Varys das Mädchen womöglich damit beauftragt, Gift in das Essen von Daenerys zu mischen? Und wenn ja, hat sie es geschafft? Zwar wirkt Daenerys nicht körperlich krank, es könnte aber durchaus sein, dass Varys ein Gift verwendet hat, dass nicht sofort wirkt.
Hinweise darauf, dass der Meisterspion womöglich auf solche Methoden zurückgreift, gab es schon früher. In der ersten Staffel sagt Maester Pycelle, dass Gift die Waffe von Frauen, Feiglingen und Eunuchen sei. Zu Ned Stark meinte er dann: «Wusstet ihr, dass Lord Varys ein Eunuch ist?»
Etwas seltsam erscheint auch, dass in der fünften Folge sehr detailliert gezeigt wurde, wie Varys seinen Schmuck ablegte. Warum hat man das getan? War es bloss, um seinem Charakter noch einmal eine kleine Facette hinzuzufügen oder trägt die Szene noch zu etwas bei, dass in der letzten Folge aufgelöst wird? Unter den Fans gibt es dazu unter anderem die Theorie, dass die Ringe als Bezahlung für das Mädchen dienen, das Dany vergiften sollte.
Diese Frage ist natürlich der Grund, warum wir die ganze Serie überhaupt gucken. Dass Daenerys den Thron nicht freiwillig hergibt, ist klar. Jon will ihn nicht, kriegt ihn aber schon fast aufgedrängt.
Viele Fans wünschen sich auch Arya auf dem eisernen Mobiliar, doch ist das etwas vom Unwahrscheinlichsten, das passieren dürfte. Bleiben die Drehbuchautoren dem Charakter von Arya treu, wird sie nicht nach dem Thron streben.
Da ist es schon realistischer, dass durch irgendeine verrückte Wendung plötzlich Sansa über Westeros herrscht. Extra nach Königsmund kommen muss sie dafür ja nicht, immerhin ist der Thron vermutlich sowieso unter Trümmern begraben.
Einen Hinweis, dass schlussendlich womöglich jemand aus dem Norden (und damit womöglich doch Sansa) über Westeros herrschen wird und Daenerys stirbt, gaben die Serienmacher bereits in Staffel zwei. Damals hatte Dany einen Traum, in dem sie durch den zerstörten Thronsaal von Königsmund schreitet. Die Trümmer sind von einer weissen Substanz bedeckt, die höchstwahrscheinlich Schnee ist. Eine Metapher, die bis vor kurzem dafür stand, dass der Nachtkönig siegt. Nun muss man sie aber neu interpretieren und da liegt es nahe, den Schnee als Synonym für die Starks zu sehen.
Etwas später in diesem Traum trifft Daenerys auf ihren verstorbenen Gatten Khal Drogo, der ihr gemeinsames Kind bei sich hat. Ein möglicher Hinweis, dass Dany tot ist und im Jenseits nun endlich Frieden findet.
Eine vielleicht etwas verrückte aber dennoch mögliche Ausgangslage wäre dann:
Dany wird getötet, Jon geht ins Exil und Arya will den Thron nicht. Sansa ergreift die Möglichkeit und wird Königin von ganz Westeros.
Bei der entsprechenden Szene könnte es sich natürlich auch um Asche handeln, anstatt Schnee, wodurch diese Theorie hinfällig werden würde.
Hat es Bronn in der achten Staffel wirklich noch gebraucht? Eigentlich nicht. Dennoch wurde der Charakter auf eine Reise durch halb Westeros geschickt, nur um ihm einen Auftritt zu ermöglichen. Abgeschlossen ist dieser allerdings nicht.
Bronn hat noch eine Belohnung zugute und die Frage ist, ob er diese tatsächlich noch einfordert. Schlau wie er ist, dürfte er nicht in Königsmund auftauchen. Allerdings kann man Bronns Erzählbogen so, auch nicht einfach so stehen lassen, wo er zuletzt geendet hat.
Asha Graufreud segelte nach ihrer Befreiung zurück zu den Eisernen Inseln, um diese für eine allfällige Zuflucht vorzubereiten, falls der Kampf gegen die Untoten verloren geht. Inzwischen ist dieser Krieg gewonnen, doch von Asha oder den Eisernen Inseln haben wir nichts mehr gehört.
Asha war nie eine überaus wichtige Figur und es ist nicht unbedingt nötig, dass sie noch einmal auftaucht. Dennoch hat man bei ihr das Gefühl, dass ihre Geschichte nicht zu Ende erzählt wurde. Inzwischen müsste doch auch sie mitbekommen haben, dass Daenerys und Co. gesiegt haben und darum könnte es gut sein, dass sie in der letzten Folge mit ein paar Schiffen vor Königsmund auftaucht. Was dann passieren würde, könnte durchaus interessant sein.