Der Sinkflug der abgestürzten Germanwings-Maschine ist nach ersten Erkenntnissen absichtlich eingeleitet worden. Der allein im Cockpit zurückgebliebene Co-Pilot habe den Hebel dafür selbst betätigt, sagte der Marseiller Staatsanwalt Brice Robin.
Der Pilot war zu diesem Zeitpunkt aus dem Cockpit ausgeschlossen. «Es sieht so aus, als habe der Copilot das Flugzeug vorsätzlich zum Absturz gebracht und so zerstört», sagte Robin.
Der Pilot sei auf die Toilette gegangen. Der Co-Pilot habe das Kommando gehabt und am Flight-Monitoring gespielt. Dann habe ein Alarm die rasche Annäherung der Maschine an den Boden signalisiert. Doch der Pilot konnte nicht mehr ins Cockpit zurück.
Der Co-Pilot habe kein Wort gesprochen, es seien nur Atemgeräusche zu hören gewesen. «Unsere wohl plausibelste Deutung geht dahin, dass der Co-Pilot sich weigerte, die Tür zu öffnen», sagte der Staatsanwalt. So habe der Pilot nicht mehr ins Cockpit gelangen können.
Der Code an der Cockpit-Tür der Unglücksmaschine war nach Angaben des Staatsanwalts kein Code zum Öffnen, sondern einer, mit dem sich der jeweils Zugangsberechtigte identifiziert. Die Tür verriegele sich ganz automatisch und werde dann von innen geöffnet.
Die Passagiere bekamen den Absturz offenbar aber erst in letzter Sekunde mit. «Die Schreie der Passagiere hören wir erst in den letzten Sekunden auf dem Band», erklärten die Ermittler.
Nicht nur die Ermittlungen zur Ursache des Flugzeugabsturzes kamen am Donnerstag voran. Auch an der Identifizierung der Opfer arbeiteten Experten mit Hochdruck. Die Auswertung der DNA-Analysen der Opfer habe begonnen, sagte Robin.
Für die Identifizierung der Opfer des Absturzes der Germanwings-Maschine nahmen französische Experten DNA-Proben der Angehörigen.
Am Donnerstagmorgen waren Angehörige der Opfer mit zwei Flugzeugen aus Düsseldorf und Barcelona in Marseille gelandet. Die rund 50 Angehörigen waren in Düsseldorf gestartet, um in die Nähe des Absturzortes zu gelangen.
Mit an Bord reiste auch ein Betreuer-Team, bestehend aus Seelsorgern, Ärzten und Psychologen, wie die Lufthansa mitteilte. Ausserdem war ein zweiter Sonderflug mit einer Germanwings-Maschine für Angehörige der Crew am Donnerstagvormittag ab Düsseldorf geplant. Aus Barcelona wurde ein Flieger mit Angehörigen spanischer Opfer erwartet.
Für die Angehörigen sollte es jedoch keine Möglichkeit geben, an die Absturzstelle zu gelangen: «Das ist nicht möglich, das ist viel zu gefährlich», sagte der Unterpräfekt von Aix-en-Provence, Serge Gouteyron, der Nachrichtenagentur dpa.
Zusammen mit der Polizei und Helfern vor Ort bereitete er die Ankunft von Angehörigen in Le Vernet vor. Diese Siedlung liegt in unmittelbarer Nähe der Absturzstelle.
Das Sportzentrum des Unglücksortes Seyne-les-Alpes, in dem eine Art Kapelle als Trauerraum für die Angehörigen eingerichtet wurde, war abgeriegelt. Polizisten kontrollierten den Zugang. Die Familien sollten Ruhe haben für ihre Trauer. Im Rathaus erstellten Mitarbeiter eine Liste von Einheimischen, die Menschen aufnehmen können.
Der Germanwings-Airbus A320 war am Dienstagvormittag auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf in den französischen Alpen abgestürzt. An Bord waren 150 Menschen, darunter 72 Deutsche.
Exakt um 10.53 Uhr gedachten am Donnerstag viele Menschen vor allem in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz in aller Stille der 150 Todesopfer. Behörden, Schulen und Unternehmen beteiligten sich an der Schweigeminute, zu der die Regierungen der deutschen Bundesländer aufgerufen hatten. Mancherorts stand auch der Verkehr still.
Genau um 10.53 Uhr war am Dienstag die Funkverbindung zu der Germanwings-Maschine mit der Flugnummer 4U9525 abgebrochen. Bundestagspräsident Norbert Lammert hielt am Morgen beim Gedenken des Parlaments eine Ansprache.
Am Unfallort ging die Bergung der Leichen weiter. Neben der Bergrettung sind Soldaten und Feuerwehrleute an dem Einsatz beteiligt. «Die Arbeit ist extrem schwierig, das Gelände ist gefährlich. Es ist steil und rutschig», sagte der Chef der Bergrettungskräfte, Olivier Cousin.
Insgesamt waren rund 70 Menschen an der Unglücksstelle. Rund zwölf Ermittler waren unterwegs, um die Spuren zu sichern und die zweite Blackbox zu finden. Etwa sechs weitere suchten nach Leichenteilen. (wst/sda/dpa/afp/Reuters)