Trotz heftigen politischen Widerstandes will Präsident Barack Obama rund fünf Millionen illegal in den USA lebende Ausländer per Dekret vor der Abschiebung bewahren. Wer bestimmte Voraussetzungen erfüllt, darf vorerst im Land bleiben.
Obama präsentierte die grösste Änderung in der Einwanderungspolitik seit den 1980-er Jahren am Donnerstagabend (Ortszeit) in einer Fernsehansprache. Umsetzen will Obama seine Pläne mit präsidialen Verordnungen, da er im Kongress keinen Rückhalt für seine Reform hat. Dennoch betonte er, er setze auf Zusammenarbeit.
Profitieren von den Änderungen sollen Eltern, die seit mindestens fünf Jahren in den USA leben und deren Kinder das US-Bürgerrecht oder eine Aufenthaltsbewilligung haben. Konkret will Obama für sie die Möglichkeit für befristete Aufenthaltsgenehmigungen schaffen. Die Erlasse helfen laut Experten knapp der Hälfte der rund 11,4 Millionen sogenannten illegalen Einwanderer, die zumeist aus Lateinamerika stammen und oft schon Jahrzehnte im Land leben. Es gebe aber sehr strikte Einschränkungen, erläuterte Obama im Weissen Haus in Washington.
«Ich habe versprochen, dieses kaputte Immigrationssystem zu reparieren», sagte Obama. Seine Massnahmen würden es nun gerechter machen. Es gehe ihm darum, verantwortungsvoll mit den Menschen umzugehen, die bereits im Land lebten. «Arbeiter, die unser Obst ernten und unsere Betten machen», sollten sich nicht mehr vor dem Gesetz verstecken müssen. Sie würden allerdings auch Steuern zahlen und auf viele Privilegien von Staatsbürgern verzichten müssen. Letztlich handle sich um eine Prioritätensetzung bei der Frage, wer abgeschoben werde. «Straftäter, nicht Familien. Kriminelle, nicht Kinder», sagte er. Es sei auch weder realistisch noch amerikanisch, Millionen Menschen auszuweisen, wenn sie hart arbeiteten und ihre Familie ernährten. «Wir sind eine Einwanderernation und werden immer eine bleiben.»
Zugleich kündigte Obama an, die Grenzen besser zu sichern und die Visa-Vergabe an qualifizierte Bewerber zu vereinfachen. Anläufe zu einer Reform der Einwanderungsregelungen waren in den vergangenen zehn Jahren immer wieder gescheitert.
Der Streitpunkt ist allerdings, ob Obama mit seiner ungewöhnlich weit gefassten Massnahme seine Kompetenzen überschreitet. Das Weisse Haus erklärte, Obamas Vorgehen sei legal. Die Republikaner halten es jedoch für verfassungswidrig. Noch vor einem Jahr habe Obama selbst erklärt, bei dem Thema nicht allein handeln zu können, hiess es von ihrer Seite. Nun passiere das Gegenteil. «Der Präsident hat bislang gesagt, er sei weder König noch Kaiser», sagte der Republikaner John Boehner. «Aber nun handelt er so.»
Die Konservativen betonen seit ihrem Sieg bei den Kongresswahlen Anfang November, falls Obama tatsächlich am Kongress vorbei regiere, mache er alle Chancen auf Kompromisse zunichte. Sie drohen auch damit, bei den im Dezember anstehenden Budgetgesprächen notwendige Gelder lediglich für Wochen oder wenige Monate zu gewähren - bis Obama seinen Kurs aufgebe.
Im neu gewählten Kongress, der Anfang Januar zusammentritt, beherrschen die Republikaner beide Kammern. Obama kann ohne ihren Willen keine Gesetze mehr durchbringen. Auch ein abermaliger Stillstand der Regierungsgeschäfte im Zuge des Streits gilt als nicht mehr ausgeschlossen. Vor einem Jahr hatten die Republikaner den Geldhahn für zwei Wochen zugedreht - viele Behörden mussten schliessen, Hunderttausende Regierungsangestellte in Zwangsurlaub gehen. (feb/sda/dpa/reu).