Kurze und farbige Töne schickt Sebastien Fulgido von seiner Gitarre in das Publikum. Nach einem kurzen Intro setzt Michael Zisman mit seinem klangvollen Bandoneon ein. Sie eröffnen den Abend mit einem rassigen Tango. Die Augen der beiden Künstler sind geschlossen und die Körper tanzen im Rhythmus. Sofort stecken sie das Publikum an, dessen Füsse und Köpfe ebenfalls mit den Klängen des Duos mitwippen. Mit leicht rötlicher Beleuchtung bringt das Duo eine feurig-leidenschaftliche Atmosphäre in den Raum.
Sebastien Fulgido (Gitarre & Gesang) und Michael Zisman (Bandoneon) lassen auf der Bühne verschiedene Stile miteinander verschmelzen. Letzten Sonntagabend ist es ihnen gelungen, ihr spanisch, argentinisches Flair in das murianer Pflegidach zu bringen. Das Publikum wurde schon beinahe in Ferienstimmung versetzt oder an längst vergangene, laue Nächte im Süden erinnert: «Es fühlt sich schon fast so an, als ob ich durch argentinische Gassen laufe», meinte eine Besucherin begeistert.
In ihrem vielseitigen Programm lassen sie ihren Schwerpunkt Tango mit Latin und Jazz verschmelzen und es entsteht ein lyrisch frischer Sound. Die Kombination von Jazz und Tango ist auch beim Bühnentanz eine sehenswerte Kombination.
Zisman gehört zu den grössten Talenten der heutigen Zeit mit seinem Instrument, dem Bandoneon. Es ist vor allem aus der argentinischen Tango-Musik bekannt und bringt einen tiefen, melancholischen und warmen Ton heraus. Das Instrument ist ähnlich zu bedienen wie ein Akkordeon. Das Interesse an argentinischer Musik hat Michael Zisman von seinem Vater erben können und spielt das Instrument aus tiefster Seele.
Fulgido ist nicht nur geübter Gitarrist, sondern auch gesanglich besitzt er einen grossen Stimmumfang. Bei einigen Songs nutzt seine atmosphärische Stimme die Klangfarben verschiedener Sprachen wie das vokalreiche Italienisch, das nasale Französisch sowie das populäre Englisch. Er spielt mit der Diversität der Sprachen und verbindet sie mit den einfühlsamen aber gleichzeitig temperamentvollen Klängen der argentinischen Musik. Der Künstler nutzt zudem das «scat singing», um mit der Stimme zusätzliche Rhythmen einbeziehen zu können.
Bei einem weiteren Song fordert Zisman sogar den Tontechniker dazu auf, zusätzliche Variation in die Musik zu bringen. Es entsteht ein Widerhall, der die Wirkung des Bandoneons und des Gesangs intensiviert.
Im Jahr 2014 brachte das Duo ihre erste CD an die Öffentlichkeit, welches «Soul Tango Invasion» getauft wurde. Sie treffen ein angenehmes Gleichgewicht zwischen Eigenkompositionen, Covers von anderen Künstlern, unter anderem der Beatles, oder sogar spontaner Improvisation. «Wir mögen es, Lieder von Künstlern zu übernehmen und sie in unserem eigenen Stil zu interpretieren», äussert sich Zisman.Das Duo präsentierte am Abend einige dieser Lieder und das Publikum war begeistert. Ihre Klänge dringen in die Seele der Zuschauer ein und erklären den Titel ihrer CD «Invasion». Jedes Stück erzählt seine eigene Geschichte.
Seit dem Studium an der «Swiss Jazz School» in Bern spielen Zisman und Fulgido zusammen. Mal treten sie als Duo, mal als Trio oder sogar als Quartett auf. Es sei immer wieder aufs Neue ein Genuss und zugleich eine Herausforderung, gemeinsam auf der Bühne zu stehen.Grosse Pläne in der Zukunft hat das Duo jedoch keine. «Es ist wie eine Schatzsuche», erklärte Zisman. Für die beiden Künstler ist es wichtig, Neues auszuprobieren. Gefällt es ihnen, verfolgen sie das Neuentdeckte mit viel Herzblut. Ansonsten suchen sie neue Wege und Örtlichkeiten. Inzwischen hat das Duo schon einige nennenswerte Schätze entdeckt, respektive erschaffen.
Als junge Künstler träumt man immer von der grossen Karriere und Touren durch fremde Länder. Heute ist Zisman davon überzeugt, lieber an kleineren Orten wie zum Beispiel im Pflegidach in Muri vorzuspielen. Die Nähe des Publikums und die unmittelbare wertschätzende Reaktion lässt sie gerne an bekannte Lokalitäten zurückkehren. Gelingt es ihnen, Emotionen im Zuschauerraum auszulösen und ihre Spiel- und Lebensfreude erkennen zu lassen, haben sie ihr Ziel als Künstler erreicht. Es ist Lohn und Anerkennung zugleich.