Musig im Pflegidach

Sich orientieren können, ohne den Kompass zu gebrauchen

Lage Lund Trio @ «Musig im Pflegidach» Muri
bild: patrick britschgi

Sich orientieren können, ohne den Kompass zu gebrauchen

Lage Lund (E-Gitarre), Orlando le Fleming (Kontrabass) und Ziv Ravitz (Schlagzeug) – alle drei Musiker standen schon mal auf der Murianer Bühne des Kulturangebots «Musig im Pflegidach». Doch zum ersten Mal an diesem Sonntagabend treten sie als Trio auf und bescheren dem Publikum traumhafte Momente.
13.12.2021, 11:4716.12.2021, 08:56
Petek Aydogdu
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Im ersten Moment wird es laut und lebendig, sodass man die Musik am ganzen Körper spürt. Im nächsten Augenblick wird es jedoch sanft und beruhigend, sodass man die Augen schliessen und den schönen aufeinanderfolgenden Klängen der E-Gitarre, dem leichten Puls des Schlagzeuges und den tiefen einzelnen Tönen des Kontrabasses lauschen möchte. Zusammen harmonieren sie und schaffen eine angenehme Atmosphäre.

Hinweis
Die Autorin ist Schülerin an der Kanti Wohlen. Im Rahmen ihres Deutschunterrichts verfassen die Schüler auch Konzertberichte, die in die Note einfliessen.

Von den Klängen zum Sound

Lage Lund hält seinen Körper leicht nach rechts geneigt. Mit einer Schnelligkeit und Einfachheit zugleich zupft und drückt er auf die Saiten der E-Gitarre. Die Augen hat er im Gegensatz zu vielen anderen Musikern, die etwas genauso Gefühlvolles singen oder spielen, nicht geschlossen. Stattdessen fixiert er über das ganze Konzert hinweg einen Punkt, oben rechts an der Decke, um sich so – mit offenen Augen – in seine innere Welt zurückzuziehen. Im Geist verleiht er dem Gespielten eine Form, gibt ihm einen Sinn. Der Jazz-Musiker beherrscht das Instrument hervorragend. Er kann sich auf dem Griffbrett so gut orientieren, dass er nur so oft darauf schaut, wie man es an einer Hand abzählen könnte.

Immer wieder, wenn die Musik sanfter wird, schmiegt Orlando le Fleming seinen Kopf an den Hals des Kontrabasses und schliesst die Augen. Auch Ziv Ravitz schwebt in anderen Sphären. Seine Schultern hat er bis zum Kinn hochgezogen. Seinen Kopf hat er zum Publikum gedreht. Erstaunlich, wie gut er sich mit geschlossenen Augen orientieren kann. Der Schlagzeuger schüttelt im Rhythmus der erzeugten Schwingungen den Kopf hin und her, dabei hat er ein mitreissendes Lächeln im Gesicht. Ab und an, aber immer in den passendsten Momenten, verlassen Ausrufe wie «Whoohoo» und «Yeah» seinen Mund, die seine Freude am Spielen widerspiegeln.

Lage Lund Trio – «Brasilia» @ «Musig im Pflegidach» Muri

Musik als Ausgleich

Lage Lund wuchs in Norwegen auf und begann mit dreizehn Jahren Gitarre zu spielen. In der «Highschool» (Gymansium) entschied er sich, die Musik, zu seinem Leben zu machen. «Alles, was ich tat zu diesem Zeitpunkt, war es, für die Schule zu üben. Ich musste diesen Stress irgendwie abbauen – Musik war die beste Lösung», so der norwegische Jazz-Musiker. Anfangs spielte er Rockmusik, bis er eines Tages den Jazz entdeckte und höchst fasziniert davon war. Mithilfe eines Stipendiums erhielt er die Chance, in den Vereinigten Staaten zu studieren. So stieg er in die Musikbranche ein und begann seine Karriere.

«Ich bin schlecht im Erfinden von Titeln für meine Stücke. Deshalb frage ich mich öfters einfach: Wo bin ich? – der Ort, an dem ich bin, wird zum Titel meines Stückes. So entstand auch «Brasilia», ein Stück von meinem letzten Album «Terrible Animals»», erklärt der Jazz-Gitarrist und bringt die Zuschauer und Zuschauerinnen zum Lachen. Lund hat bereits sechs Alben veröffentlicht. Inspiriert wird er beim Komponieren lediglich von einem Melodiefetzen oder einer Stimmung. Mit seiner Musik möchte er in den Menschen ein bestimmtes Gefühl auslösen, sie also auf irgendeine Art und Weise berühren und bewegen. «Es muss dir nicht das Gleiche bedeuten, wie jemand anderem, aber eine Wirkung sollte es auf jeden Fall haben», findet der Musiker.

Auf die Frage, ob er von einem schönen oder schlechten Bühnenerlebnis erzählen könne, meint er: «Es tönt vielleicht ein bisschen kitschig, aber ich lebe gerne im Hier und Jetzt. Die Vergangenheit lasse ich am liebsten hinter mir. Nur wichtige Erfahrungen und schöne Erinnerungen nehme ich mit. Der Rest verblasst».

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