watson: Dürfen wir Sie auf das Offensichtliche zuerst ansprechen?
Xander: Knurr, ich weiss schon, was Sie fragen wollen: Warum ich keine Augen habe. Right?
Sorry, ja.
Also. Ich hatte in meiner Kindheit einen Unfall. Ich möchte nicht näher darauf eingehen. Jedenfalls hatte dieser zur Folge, dass man mir die Augen entfernen musste.
Das ist ja grauenhaft.
Kein Mitleid, bitte! Ich habe mich daran gewöhnt, nichts zu sehen. Auch daran, dass ich nicht mehr so gut atmen kann. Vor allem in der Nacht. Aber lassen wir das.
Gut. Reden wir über etwas Positives, nämlich Ihr soziales Engagement.
Wuff, ja. Ich habe einen Job an einer der Hundeschulen Double-C, hier in meinem Heimatstädtchen Klamath Falls. Das ist in Oregon. Ich bin dort ehrenamtlich angestellt und empfange an vier Tagen für je acht Stunden die Kursteilnehmer. Ausserdem gehe ich noch auf Visite in Spitäler, besuche beispielsweise Schulen und Horte. Dort spende ich zwei bis drei Mal pro Woche Trost.
Wie ist es dazu gekommen?
Das hängt mit meinem eigenen Unfall zusammen. Ich habe damals nämlich nicht nur mein Augenlicht, sondern auch meine erste Familie verloren: Sie hat mich nach dem Vorfall ins Klamath Animal Shelter, also das örtliche Tierheim gebracht. Das war schon hart.
Und dann?
Dann kamen Rodney und Marcie und haben mich adoptiert. Ich war ihre erste Wahl. Crazy, oder? Heute erzählen meine neuen Besitzer, dass sie mich aussuchten, weil ich so hübsch und liebenswürdig bin.
Na gut, dass Sie hübsch sind, das müssen Sie ja einfach glauben, sorry, kleiner Scherz am Rande.
(Winsel)
Aber das mit der Liebenswürdigkeit scheint wirklich zu stimmen, wenn man die vielen Fotos auf Ihrer Homepage Meet Xander sieht.
Ja, ich kann mich mega gut in Menschen einfühlen. Ehrlich gesagt kann ich ihre Gefühle sogar hören. Wenn jemand traurig ist, spüre ich das und tröste ihn. Sobald jemand in meiner Nähe weint, bin ich zur Stelle und spende Trost.
Wie sieht das mit dem Trost spenden genau aus?
Die Leute dürfen mich streicheln und knuddeln. Ich bin ja sehr weich und mein Fell samtig. Das scheint ihnen zu helfen.
Ist es auch schon einmal passiert, dass jemand sich gegruselt hat, weil Sie nicht so aussehen, wie andere Hunde?
Nein, im Gegenteil. Wer mich zum ersten Mal sieht, der schmilzt dahin. Es ist diese Empathie, die mich zu einem guten Therapiehund macht, besonders auch für Kinder. Zu meiner Klientel zählen auch Missbrauchsopfer. Ich tröste sie und spende ihnen Kraft.
Stichwort «schmelzen» – gibt es eine Hundelady in Ihrem Leben?
Wahrscheinlich gibt es schon Hündinnen, die gerne in meiner Nähe wären. Aber ich bin kastriert.
Ou, sorry.
Easy.
Sie begegnen berufshalber ja vielen traurigen oder verzweifelten Menschen. Lassen Sie selber manchmal auch die Ohren hängen?
Nein. Ich bin nie traurig. Entweder bin ich glücklich – oder aber ich schlafe.