Mit einem provokanten Interview hat der dänische Regisseur Lars von Trier («Breaking the Waves») sein dreijähriges Schweigen gegenüber der Presse beendet. Der dänischen Tageszeitung Politiken, auf deren Titel er am Samstag mit nacktem Oberkörper und kahl rasiertem Schädel abgebildet war, sagte er, viele seiner Filmmanuskripte im Rausch entworfen zu haben.
In der Regel habe er eine Flasche Wodka am Tag getrunken und weitere Drogen genommen, um eine «Parallelwelt» zu betreten, in der dann seine Ideen entstanden seien. «Ich kann niemandem empfehlen, das Gleiche zu tun. Es ist sehr gefährlich und in jeder Hinsicht dumm, sagte der 58-Jährige.»
Nur bei der Arbeit an dem Sexdrama «Nymphomaniac», so Trier in dem Interview weiter, sei er nüchtern gewesen - und habe deshalb eineinhalb Jahre für den Film gebraucht. Da der zweiteilige Film über fünf Stunden lang ist, kann man ihm das aber nur schwer als Beweis von Unproduktivität durchgehen lassen.
Seit drei Monaten geht Trier nach eigenen Aussagen nun täglich zu Treffen der Anonymen Alkoholiker - der Familie zuliebe. Doch der Däne fürchtet laut dem Bericht, dass trocken zu sein seiner Kreativität schaden könnte: «Ich weiss nicht, ob ich noch mehr Filme machen kann. Und das macht mir Sorgen.»
Wie viele von Triers Aussagen muss man aber auch diese als Teil einer durchdachten medialen Inszenierung verstehen: Als nächstes Projekt hat er nicht einen Film, sondern eine TV-Serie namens «The House That Jack Built» angekündigt.
Das «Politiken»-Interview ist das größte, das Trier seit seinem umstrittenen Auftritt beim Filmfestival Cannes 2011 gegeben hat: Auf der Pressekonferenz zu seinem Film «Melancholia» erzählte er von seinem biologischen Vater - einem Deutschen - und sagte dann: «Ich bin ein Nazi.» Die Festivalleitung erklärte ihn daraufhin für den Rest der Festspiele zur Persona non grata, obwohl Trier versicherte, nur gescherzt zu haben. Nach dem Eklat verpasste sich Trier selbst einen Maulkorb und wollte nicht mehr öffentlich sprechen.
In einem Video im Online-Auftritt der «Politiken» zieht er sich jetzt symbolisch ein Klebeband vom Mund: «Ich will das Recht haben, wie alle anderen zu reden», sagt Trier in dem Clip. (hpi/dpa/AP/Reuters)