Für die fürsorgerische Unterbringung eines Aargauer Prostituiertenmörders besteht keine ausreichende gesetzliche Grundlage. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat eine Klage des Mannes wegen Verletzung des Rechts auf Freiheit und Sicherheit gutgeheissen.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EMRK) hält in einem am Dienstag publizierten Urteil fest, das Bundesgericht habe selbst ausgeführt, dass die Drittgefährdung einen Grund für die Unterbringung sein könne, aber nicht der alleinige Grund.
Das Bundesgericht habe in seinem Leitentscheid weiter ausgeführt, dass die fürsorgerische Unterbringung gemäss Zivilgesetzbuch keine Anwendung finde, wenn von einer Person eine Gefahr für Dritte bestehe, geht aus der Begründung des EMRK hervor.
Der heute knapp 30-jährige Aargauer hatte 2008 als noch Minderjähriger eine Prostituierte brutal vergewaltigt und umgebracht. Er wurde deshalb wegen Mordes, sexueller Nötigung und Vergewaltigung zu einem gemäss Jugendstrafgesetz maximalen Freiheitsentzug von vier Jahren verurteilt.
Das Jugendgericht ordnete die Unterbringung in einer geschlossenen Anstalt und eine ambulante Behandlung an. Auf das Ende der Strafverbüssung verfügte das Bezirksamt im Juni 2012 einen fürsorgerischen Freiheitsentzug an.
Die entsprechende Bestimmung änderte im Zivilgesetzbuch per Januar 2013. Das Bundesgericht bestätigte im November 2013 aber, dass die Bedingungen für die neu sogenannte fürsorgerische Unterbringungen nach wie vor gegeben seien.
Gegen die Bestätigung der fürsorgerischen Unterbringung bis zur nächsten periodischen Überprüfung legte der Verurteilte Beschwerde ein. In seinem diesbezüglichen Urteil vom Juli 2014 trat das Bundesgericht nicht mehr auf die Rüge ein, wonach für den Freiheitsentzug keine gesetzliche Basis bestehe. Diese Frage erachtete es mit seinem Urteil vom November 2013 als rechtskräftig erledigt.
(Urteil Nummer 1760/15 vom 30.04.2019) (aeg/sda)