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Warum die dogmatische SP in der Schweiz abgestürzt ist

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In Europa blüht die gemässigte Linke auf, in der Schweiz stürzt die dogmatische SP ab

Die SP Schweiz erreicht so wenige Wähler wie noch nie in ihrer Geschichte. Die Co-Präsidenten Meyer und Wermuth sollten den Einfluss der Gewerkschaften und der Jungsozialisten begrenzen. Das wird aber kaum geschehen.
13.11.2021, 07:4513.11.2021, 07:47
Francesco Benini / ch media
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Das neu gewaehlte Praesidium der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz mit Mattea Meyer, Nationalraetin ZH, rechts, und Cedric Wermuth, Nationalrat AG, links, am Parteitag in Basel am Samstag, 17. O ...
In der Krise: Cédrich Wermuth und Mattea Meyer, die Co-Präsidenten der Schweizer SP.Bild: keystone

Die Schweizer SP reiht in den kantonalen Wahlen eine Niederlage an die andere. In Umfragen kommt die Partei noch auf 15.8 Prozent – ein miserabler Wert für die Sozialdemokraten.

In Scharen wandern Wähler zu den Grünen ab. In einer Zeit, da die Sorge um die Klimaerwärmung die Menschen umtreibt, ist das ein Stück weit unvermeidlich. Dass die SP zugleich Sympathisanten an die Grünliberalen verliert, ist hingegen weniger zwingend.

Die Sozialdemokraten in Europa orientieren sich nach einem Aufflackern des Klassenkämpfertums wieder zur Mitte hin. In Grossbritannien trat Jeremy Corbyn 2019 als Chef der Labourpartei ab; er hing dem Marxismus nach. In Italien wird der Partito Democratico seit März von Enrico Letta geführt, einem gemässigten Exponenten. Die Partei legt in Umfragen zu.

Und in Deutschland hat die SPD gerade die Wahlen gewonnen. Noch vor kurzem schien ihr Sturz in die Bedeutungslosigkeit unabwendbar. Spitzenkandidat Olaf Scholz war Generalsekretär der Partei, als Kanzler Gerhard Schröder die Reformagenda 2010 auflegte. Sie gilt in der traditionellen Linken als Teufelszeug, war aber die Basis für den Aufschwung in Deutschland.

Es ist offensichtlich, wo Mattea Meyer und Cédric Wermuth ansetzen müssten, wenn sie die SP voranbringen wollen: Die Co-Präsidenten hätten den Einfluss zu begrenzen, den die Gewerkschaften und die Jungsozialisten auf die Partei ausüben. Die stramm linken Positionen wirken abschreckend auf einen Teil der gut ausgebildeten städtischen Mittelschicht, die der SP zugeneigt ist.

Die Partei macht Politik für Arbeiter, von denen erstens viele keinen Schweizer Pass haben. Zweitens sind viele zur SVP abgewandert, weil sie sich von der nationalkonservativen, ausländerkritischen Ausrichtung angesprochen fühlen.

Die SP könnte gewinnen mit einem pragmatischen, progressiven Kurs, der Lösungen bei der Rentenfinanzierung, dem Verhältnis der Schweiz zur EU, der Eindämmung der Gesundheitskosten aufzeigt. Der altlinke Flügel jammert lieber über angeblichen Rentenabbau und weitet für viel Geld die Aktivitäten des Staates aus. Die Delegierten der SP mögen diese Rezepte. Die Wähler hingegen immer weniger. (aargauerzeitung.ch)

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115 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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manhunt
13.11.2021 08:59registriert April 2014
leider sind die extremsten in der SP auch die lautesten. einfluss im parlament gewinnt man durch wähleranteil.
solange sich jedoch ein grossteil der bevölkerung von der SP nicht mehr vertreten fühlt, wird die partei weiter stimmen verlieren.
und dieser trend wird sich wohl fortsetzen, solange die SP ihre internen gräben nicht zuschütten kann und sich wieder auf eine politische linie verständigt, welche dem prädikat „sozialdemokratisch“ entspricht.
wenn die SP also weiterhin lieber politik für alle möglichen minderheiten betreibt, wird ihr gang in die bedeutungslosigkeit weitergehen.
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Raber
13.11.2021 11:12registriert Januar 2019
Sowas nennt sich Analyse? Persönliche Meinung oder Kommentar wäre zutreffender. Für eine Analyse viel zu kurz und eigentlich nur persönliche Meinung. Unter Corbyn war die Labour eine Zeit lang erfolgreich,nur bekamen sie dann halt die volle Breitseite der dominaten,konsevativen Murdoch Medien zu spüren. Auch die anderen Beispiele hängen doch eher mit dem Versagen von anderen zusammen. Wenn die CDU den radikaleren Bayer aufgestellt hätten,wäre die Wahl wohl anders verlaufen. Ich denke die konsevativen Deutschlands hatten nach 16 Jahre Merkel genug von Mitte Politik,im schwarzen Gewand.
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James McNew
13.11.2021 11:57registriert Februar 2014
Waren nicht in den 90ern und Nuller-Jahren eben genau New Labour und Schröder mit seiner Agenda 2010, also eine „pragmatische“, in die Mitte gerutschte Sozialdemokratie, die angebliche „Lösungen“ – sprich faktischer Sozialabbau – präsentierte, der Untergang der Linken?

Wer wünscht sich eine SP, die einer Rentenreform zustimmt, die Kürzungen bewirkt, die Lohnschutzmassnahmen ggü der EU aufgibt, etc.? Richtig, niemand, ausser die bürgerliche Schweiz in ihren kalten Zukunftsvisionen…
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So up to date ist die Schweizer Rapszene

watson war gestern am SRF Bounce Cypher vor Ort in Oerlikon. Logisch, dass nicht jeder so gut Bescheid weiss wie Menschen, die im Journalismus arbeiten, aber trotzdem: Wir wollten von den Künstlerinnen und Künstlern wissen, wie gut sie informiert sind darüber, was in der Welt gerade so abgeht. Weisst du, wer zurzeit in den USA um das Amt des Präsidenten kämpft? Oder wie unser Schweizer ESC-Song heisst?

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