Sie stand vor einem blau-gelb-orangen Gemälde. Die Farben der Ukraine ins Auge stachen - auch wenn das Blau unter statt oberhalb des Gelb war. Und was Verteidigungsministerin Viola Amherd in die Kamera von RTS sagte, hatte es in sich.
«Ich wurde von der Schnelligkeit und Brutalität der russischen Invasion in der Ukraine überrascht», sagte die Bundesrätin. Und sie betonte sofort: «Die Schweiz muss ihren Luftraum selber schützen. Sie kann nicht sagen, dass uns die umliegenden Staaten verteidigen müssen. Wir sind ein souveränes Land, für das Neutralität wichtig ist. Wir brauchen finanzielle Mittel für die Verteidigung.»
Dann kam sie auf die Initiative gegen die F-35-Kampfjets zu sprechen. Etwas sei noch wichtiger «für die Sicherheit der Bevölkerung» als die finanziellen Mittel für die Armee, hielt Amherd fest:
Der Krieg Russlands in der Ukraine zeige, wie wichtig es sei, dass ein Land sich verteidigen und die Bevölkerung schützen könne. Es gehe auch darum zu garantieren, dass Konfliktparteien den Luftraum über der Schweiz nicht benutzten. Amherds Folgerung: «Man sieht jetzt auch, wie wichtig die Luftwaffe für ein Land ist.»
Bundesrätin Amherd forderte damit die Initianten gegen die F-35-Kampfjet-Beschaffung auf RTS sehr direkt auf, ihre Initiative zurückzuziehen. Ein wohl einzigartiges Vorgehen eines Mitglied des Bundesrats.
Mit ihrem Aufruf folgte Amherd den Forderungen von SVP und FDP. Am Montag hatte SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi SP-Co-Präsident Cédric Wermuth «eindringlich» aufgefordert, die Initiative gegen die Beschaffung der Kampfflugzeuge zurückzuziehen». Die SVP erwarte von der SP als Bundesratspartei, dass sie sich «vorbehaltlos zur Schweizer Landesverteidigung» bekenne, steht in der SVP-Medienmitteilung.
Zuvor hatte schon FDP-Präsident Thierry Burkart dazu aufgerufen. «Ich fordere die Initianten der Stop-F-35-Initiative auf, die Unterschriftensammlung abzubrechen», schrieb er auf Twitter. Die Argumentation, es gäbe keinen konventionellen Krieg mehr in Europa, sei «offensichtlich falsch».
Wie reagiert die SP auf die Aussagen von Verteidigungsministerin Viola Amherd? «Alle politischen Parteien müssen nun analysieren, wie sie auf den Angriffskrieg von Putin auf den demokratischen Staat Ukraine reagieren», sagt SP-Co-Präsident Wermuth.
Er befürchte, dass der Völkerrechtsbruch des Putin-Regimes zu einer Aufrüstungsspirale führen werde. «Die Aktienkurse der Rüstungskonzerne wie der Herstellerfirmen der F-35 sind bereits auf einem Allzeithoch», sagt Wermuth. «Die Aussagen der Bundesrätin haben wohl auch damit zu tun, dass sie offensichtlich Angst hat vor der laufenden GPK-Untersuchung und weiteren Enthüllungen zu diesem milliardenschweren Fehlkauf.»
Heftige Kritik an Bundesrätin Amherd äussert Grünen-Präsident Balthasar Glättli. «Die Intervention von Bundesrätin Amherd ist staatspolitisch unerhört», sagt er. «Der Krieg in der Ukraine darf nicht die direkte Demokratie in der Schweiz aushebeln. Amherd schliesst sich damit den undemokratischen Forderungen der SVP an, welche sogar die Sanktionen gegen Russland im Nationalrat bekämpfte.»
Direkte Demokratie gebe es «nicht à la carte auf Bestellung des Bundesrats», betont Glättli. «Wenn Frau Amherd tatsächlich inhaltlich logische Konsequenzen ziehen will aus der aktuellen Lage, dann soll sie am nächsten Mittwoch im Bundesrat beantragen, dass auf Gaskraftwerke verzichtet wird und die dafür geplanten Ausgaben direkt verwendet werden, um den Ausstieg aus Elektro- und Gasheizungen zu beschleunigen und damit die Abhängigkeit von russischem Gas zu verringern.»
Und was sagt Mitte-Präsident Gerhard Pfister zu den Aussagen «seiner» Bundesrätin? «Die Bundesrätin weist völlig zu Recht darauf hin, dass der kriegerische Überfall von Russland auf die Ukraine beweist, dass jedes souveräne Land zur Verteidigung eine starke Armee braucht», hält Pfister fest. «Dazu gehört auch eine funktionsfähige und glaubwürdige Luftverteidigung, wie sie das Volk im September 2020 bekräftigt hat.»
In den Chor des Aufrufs zum Rückzug der Initiative gegen die F-35-Beschaffung mag Pfister aber nicht einstimmen. « Über den Rückzug von Initiativen entscheiden deren Komitees», betont er.
Da stellt man halt auch schon mal einen Demokratischen Prozess in Frage um so einen Volksentscheid umgehen zu können.
Wir sind hier weder in Russland, wo ein solches Vorgehen usus ist, noch ist es ihre Aufgabe die demokratischen Rechte der Bürger zu negieren!