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Amherd ruft auf, Kampfjet-Initiative zu stoppen – SP und Grüne wütend

Auch Amherd ruft dazu auf, die Kampfjet-Initiative zu stoppen – SP und Grüne ausser sich

Zuerst waren es SVP und FDP, welche die Initianten aufforderten, die Initiative gegen die Kampfjet-Beschaffung zu stoppen. Jetzt ruft auch Verteidigungsministerin Viola Amherd dazu auf. Ein einzigartiges Vorgehen, das bei den Sozialdemokraten auf Unverständnis stösst.
02.03.2022, 12:02
Othmar von Matt / ch media
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Gewagte Aussagen von Bundesrätin Amherd.
Gewagte Aussagen von Bundesrätin Amherd.Keystone/watson

Sie stand vor einem blau-gelb-orangen Gemälde. Die Farben der Ukraine ins Auge stachen - auch wenn das Blau unter statt oberhalb des Gelb war. Und was Verteidigungsministerin Viola Amherd in die Kamera von RTS sagte, hatte es in sich.

«Ich wurde von der Schnelligkeit und Brutalität der russischen Invasion in der Ukraine überrascht», sagte die Bundesrätin. Und sie betonte sofort: «Die Schweiz muss ihren Luftraum selber schützen. Sie kann nicht sagen, dass uns die umliegenden Staaten verteidigen müssen. Wir sind ein souveränes Land, für das Neutralität wichtig ist. Wir brauchen finanzielle Mittel für die Verteidigung.»

Dann kam sie auf die Initiative gegen die F-35-Kampfjets zu sprechen. Etwas sei noch wichtiger «für die Sicherheit der Bevölkerung» als die finanziellen Mittel für die Armee, hielt Amherd fest:

«Wenn die Initianten der Initiative gegen die Beschaffung von Kampfflugzeugen ihre Initiative zurückziehen würden. Das wäre meiner Meinung nach sehr wichtig.»

«Man sieht, wie wichtig die Luftwaffe ist»

Der Krieg Russlands in der Ukraine zeige, wie wichtig es sei, dass ein Land sich verteidigen und die Bevölkerung schützen könne. Es gehe auch darum zu garantieren, dass Konfliktparteien den Luftraum über der Schweiz nicht benutzten. Amherds Folgerung: «Man sieht jetzt auch, wie wichtig die Luftwaffe für ein Land ist.»

Bundesrätin Amherd forderte damit die Initianten gegen die F-35-Kampfjet-Beschaffung auf RTS sehr direkt auf, ihre Initiative zurückzuziehen. Ein wohl einzigartiges Vorgehen eines Mitglied des Bundesrats.

Mit ihrem Aufruf folgte Amherd den Forderungen von SVP und FDP. Am Montag hatte SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi SP-Co-Präsident Cédric Wermuth «eindringlich» aufgefordert, die Initiative gegen die Beschaffung der Kampfflugzeuge zurückzuziehen». Die SVP erwarte von der SP als Bundesratspartei, dass sie sich «vorbehaltlos zur Schweizer Landesverteidigung» bekenne, steht in der SVP-Medienmitteilung.

Zuvor hatte schon FDP-Präsident Thierry Burkart dazu aufgerufen. «Ich fordere die Initianten der Stop-F-35-Ini­tiative auf, die Unterschriftensammlung abzubrechen», schrieb er auf Twitter. Die Argumentation, es gäbe keinen konventionellen Krieg mehr in Europa, sei «offensichtlich falsch».

Cédric Wermuth kritisiert Amherd

Warnt vor einem "Waterloo" für das Image der Bauern: Der Aargauer SP-Nationalrat Cédric Wermuth.
Cédric WermuthBild: KEYSTONE

Wie reagiert die SP auf die Aussagen von Verteidigungsministerin Viola Amherd? «Alle politischen Parteien müssen nun analysieren, wie sie auf den Angriffskrieg von Putin auf den demokratischen Staat Ukraine reagieren», sagt SP-Co-Präsident Wermuth.

«Dass sich nun eine Bundesrätin in dieser schwierigen Zeit gegen das demokratische Recht einer Volksinitiative ausspricht, ist falsch.»

Er befürchte, dass der Völkerrechtsbruch des Putin-Regimes zu einer Aufrüstungsspirale führen werde. «Die Aktienkurse der Rüstungskonzerne wie der Herstellerfirmen der F-35 sind bereits auf einem Allzeithoch», sagt Wermuth. «Die Aussagen der Bundesrätin haben wohl auch damit zu tun, dass sie offensichtlich Angst hat vor der laufenden GPK-Untersuchung und weiteren Enthüllungen zu diesem milliardenschweren Fehlkauf.»

Glättli äussert heftige Kritik an Amherd

Die Grünen lehnen die Kampfjet-Vorlage ab. Fraktionschef Balthasar Glättli (ZH) sprach von einem Blankocheck über 24 Milliarden Franken. Die Mehrheit des Rats ist im Grundsatz für die Beschaffung neue ...
Balthasar GlättliBild: KEYSTONE

Heftige Kritik an Bundesrätin Amherd äussert Grünen-Präsident Balthasar Glättli. «Die Intervention von Bundesrätin Amherd ist staatspolitisch unerhört», sagt er. «Der Krieg in der Ukraine darf nicht die direkte Demokratie in der Schweiz aushebeln. Amherd schliesst sich damit den undemokratischen Forderungen der SVP an, welche sogar die Sanktionen gegen Russland im Nationalrat bekämpfte.»

Direkte Demokratie gebe es «nicht à la carte auf Bestellung des Bundesrats», betont Glättli. «Wenn Frau Amherd tatsächlich inhaltlich logische Konsequenzen ziehen will aus der aktuellen Lage, dann soll sie am nächsten Mittwoch im Bundesrat beantragen, dass auf Gaskraftwerke verzichtet wird und die dafür geplanten Ausgaben direkt verwendet werden, um den Ausstieg aus Elektro- und Gasheizungen zu beschleunigen und damit die Abhängigkeit von russischem Gas zu verringern.»

Mitte-Präsident Pfister bleibt vorsichtig

Gerhard Pfister, Parteipraesident und Nationalrat von Die Mitte Schweiz, spricht anlaesslich dem Dreikoenigsgespraech, am Donnerstag, 6. Januar 2022, in Bern. (KEYSTONE/Peter Schneider)
Gerhard PfisterBild: keystone

Und was sagt Mitte-Präsident Gerhard Pfister zu den Aussagen «seiner» Bundesrätin? «Die Bundesrätin weist völlig zu Recht darauf hin, dass der kriegerische Überfall von Russland auf die Ukraine beweist, dass jedes souveräne Land zur Verteidigung eine starke Armee braucht», hält Pfister fest. «Dazu gehört auch eine funktionsfähige und glaubwürdige Luftverteidigung, wie sie das Volk im September 2020 bekräftigt hat.»

In den Chor des Aufrufs zum Rückzug der Initiative gegen die F-35-Beschaffung mag Pfister aber nicht einstimmen. « Über den Rückzug von Initiativen entscheiden deren Komitees», betont er.

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407 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Sapere Aude
02.03.2022 12:20registriert April 2015
Finde sowohl der Kauf neuer Flugzeuge, wie auch Energiewende sicherheitspolitisch zu begrüssen. Es darf zusätzlich nicht vergessen gehen, dass die paar Flieger uns wenig bringen, wenn die Schweiz sich nicht in einen europäischen Sicherheitsverbund integriert. Die Schweizer Europapolitik gilt es dementsprechend auch zu überdenken.
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SadSon
02.03.2022 12:36registriert Juni 2020
Die Propagandaministerin bekommt es also langsam mit der Angst zu tun, dass sie diesmal mit ihren Desinformationen die Wähler nicht mehr für blöd verkaufen kann und sie mit dem hauchdünnen Vorsprung von 0,1% gewinnen wird.
Da stellt man halt auch schon mal einen Demokratischen Prozess in Frage um so einen Volksentscheid umgehen zu können.
Wir sind hier weder in Russland, wo ein solches Vorgehen usus ist, noch ist es ihre Aufgabe die demokratischen Rechte der Bürger zu negieren!
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Treebonesteak
02.03.2022 13:58registriert April 2021
Die Sicherheit der Schweiz hängt von der Zusammenarbeit mit Verteidigungsbündnissen und nich von ein paar Flugzeugen ab. Wer Sicherheit will, sollte sich daher überlegen, wie wir den Beitritt zu EU und NATO schaffen. Ironischer Weise sind die, die gerade am lautesten nach Sicherheit schreien, die die gegen EU und NATO Beitritt politisieren.
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