Begleitet von einem massiven Polizeiaufgebot hat am Montag in Basel der Prozess in einem Doppelmord im albanischen Drogenmilieu begonnen. Dem 53-jährigen Angeklagten wird vorgeworfen, zusammen mit einem Mittäter vor sieben Jahren zwei Männer erschossen zu haben. Die Staatsanwaltschaft geht von einer Abrechnung im kriminellen Drogenmilieu aus.
Am Abend des 9. März 2017 betraten zwei Männer mit gezückten Schusswaffen das Café 56 an der Basler Erlenmattstrasse – gemäss Anklageschrift der Staatsanwaltschaft ein beliebter Treffpunkt von Menschen aus Albanien. Innert kurzer Zeit wurden auf drei der Anwesenden im Lokal fünf Schüsse abgegeben.
Es ist nicht endgültig klar, wer von den beiden Albanern die Schüsse abgegeben hat. Die Tatwaffen waren offensichtlich nicht mehr auffindbar. Die Staatsanwaltschaft geht aber gemäss Anklageschrift davon aus, dass es der nun vor Gericht stehende Beschuldigte war. So oder so seien die beiden Tatbeteiligten «mittäterschaftlich und mit direktem Vorsatz» sowie im Sinne einer Abrechnung vorgegangen.
Zwei der Opfer im Alter von 28 und 40 Jahren starben, ein Dritter, damals 24 Jahre alt, überlebte mit schweren Verletzungen. Auch sie verfügten über eine kriminelle Vergangenheit im Drogenmilieu.
Nach 20 Sekunden ergriffen die beiden Männer die Flucht. Einer der Täter stellte sich am Tag nach der Tat in der Basler Innenstadt einer Polizeipatrouille, der andere flüchtete ins Ausland.
In Holland wurde der heute 53-jährige Beschuldigte 2018 verhaftet und wegen Kokainhandels zu einer 44-monatigen Freiheitsstrafe verurteilt, bevor er nach Basel verfrachtet wurde, wo er sich nun wegen aktiver Mordhandlung oder Mittäterschaft verantworten muss.
Der Angeklagte bestritt in der Beweisaufnahme, an der Tat beteiligt gewesen zu sein.
Der 53-jährige Albaner schob die Schuld dem bereits zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe verurteilten Bekannten zu. Er selber habe die Tat lediglich als Unbeteiligter mitbekommen. So habe er gehört, dass nach Streitereien im Lokal hinter seinem Rücken Schüsse abgegeben worden seien, worauf er sich auf den Boden geworfen habe, sagte er. Als er das Lokal fluchtartig verlassen habe, seien weitere Schüsse gefallen.
Der Bekannte sei nach der Tat zu ihm ins Auto gestiegen und habe ihm die Tat gestanden, sagte der Angeklagte weiter. Über die verletzten und getöteten Personen könne er nichts sagen, er habe im Trubel der Geschehnisse nichts sehen können.
Ganz anders die Aussagen des als Zeugen geladenen Mittäters. Dieser behauptete, dass der Angeklagte ihn wegen nicht beglichenen Geldschulden aus dem Drogenhandel zu einem Drohauftritt mit vermeintlicher Schreckschussmunition aufgeboten habe. Weil er ihm einen Gefallen geschuldet habe, sei er mitgegangen – aber ohne zu wissen, dass die vom Angeklagten getragene Waffe mit scharfer Munition geladen gewesen sei.
Gemeinsam hätten sie das Kleinbasler Lokal betreten und es nach kurzer Zeit wieder verlassen. Das dauerte lediglich 17 Sekunden, was in einem polizeilichen Video des Eingangsbereichs des überwachten Lokals zu sehen war. Er sei bei der ersten Schussabgabe des Angeklagten erschrocken und habe sich «verarscht» gefühlt, als er merkte, dass der Angeklagte mit scharfer Munition geschossen habe.
Zwei Sachverständige aus dem Forensischen Institut Zürich sagten, dass gemäss ihren Untersuchungen sämtliche fünf abgegebenen Schüsse aus derselben Waffe stammten. Von Schreckschussmunition war nicht die Rede, von den beiden Waffen fehlt jede Spur.
Der zweite, heute 48 Jahre alte Tatbeteiligte wurde 2018 in Basel in einem separaten Verfahren bereits wegen mehrfachen Mordes sowie versuchten Mordes und Gefährdung des Lebens zu einer Lebenslänglichen Freiheitsstrafe und 15 Jahre Landesverweis verurteilt. Dieses Urteil zog er vergeblich bis vors Bundesgericht weiter.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Beschuldigten vor, zusammen mit seinem Mittäter, vorsätzlich, «skrupellos» und «eine extreme und erschreckende Geringschätzung der menschlichen Leben» offenbarend zu einer eigentlichen Exekution geschritten zu sein. Dabei seien im engen Café weitere lebensgefährliche Verletzungen in Kauf genommen worden.
Der Prozess vor dem Basler Strafgericht ist auf vier Tage angesetzt. (rbu/sda)