Er war in der breiten Öffentlichkeit wohl bekannter als der Bundeskanzler: Vize-Kanzler André Simonazzi, Sprecher des Bundesrates. Um Bekanntheit und um ihn selbst ging es dem Walliser allerdings nie, stets nur um die Sache.
Doch während der Corona-Pandemie wurden die Medienkonferenzen des Bundesrates zum Lagerfeuer der Nation. Simonazzi eröffnete sie jeweils – stets mit dem gleichen nüchternen Satz:
Während 15 Jahren prägte der Walliser die Kommunikation des Bundesrates massgeblich. Zuvor war er Kommunikationschef im Umwelt- und Verkehrsdepartement (UVEK) unter SP-Bundesrat Moritz Leuenberger. Vor seinem Wechsel war Simonazzi lange Zeit Informationschef beim Hilfswerk Caritas und zuvor Redaktor bei der Westschweizer Zeitung «Le Nouvelliste».
15 Jahre sind eine lange Zeit. Als Bundesrat Ueli Maurer Ende 2022 zurücktrat, war Simonazzi fortan der erfahrenste Mann im Bundesratszimmer. Niemand aus dem aktuellen Gremium hat mehr Bundesratssitzungen miterlebt als der Vize-Kanzler. Simonazzi führte Protokoll und nahm die Kommunikation wahr.
Zu seinem Rollenverständnis als Bundesratssprecher gehörte auch, dass er dem Gremium schon mal erklärte, wenn er einen Entscheid nicht für kommunizierbar hielt, sprich nicht nachvollziehbar für die Öffentlichkeit. Zuletzt etwa, als es um das Seilbahn-GA des Bundesrates ging. Simonazzi soll laut gut informierten Quellen die Regierung gewarnt haben, ein Abonnement für alle Seilbahnen auf Staatskosten sei für die Öffentlichkeit nicht verständlich. Der Bundesrat wollte sich das Privileg indes nicht nehmen lassen. Erst nach dem öffentlichen Aufschrei krebste der Bundesrat ein paar Wochen später zurück. Simonazzi sollte recht behalten.
Der Bundesratssprecher sei ein «Transmissionsriemen zwischen Regierung und Öffentlichkeit, der gerade in einer direkten Demokratie gut funktionieren müsse, sagte Simonazzi noch vor seinem Amtsantritt gegenüber der «Aargauer Zeitung».
Simonazzi blieb sich während der langen Amtszeit treu. Nach seiner Wahl sagte er gegenüber «Le Nouvelliste»: «Ich werde mich in den Dienst des gesamten Regierungskollegiums stellen und noch direkter erfahren, was die Worte «Konkordanz» und «Kollegialität» in der Schweiz bedeuten.»
Tatsächlich verkörperte niemand besser als Simonazzi diese beiden prägenden Pfeiler des Schweizer Regierungssystem. Egal welcher Couleur das Bundesratsmitglied war, das neben ihm sass: Simonazzi kommunizierte absolut neutral und loyal. Einzig seinem Informationsauftrag laut Gesetze verpflichtet – und dem Gesamtbundesrat. Die Bundeskanzlei würdigt in der Medienmitteilung Simonazzi denn auch als Staatsdiener im besten Sinne. «Er wollte mit der Regierungskommunikation die bestmöglichen Bedingungen für den Bundesrat und dessen Arbeit schaffen.»
Das Funktionieren des Bundesrates als Kollegialbehörde war ihm wichtig. Indiskretionen oder Sololäufe von einzelnen Departementschefs hatten in diesem Verständnis keinen Platz. Simonazzi war auch niemals geschwätzig war. Er sagte nie mehr als er durfte und wollte. Für Journalistinnen und Journalisten keine Nuss, die zu knacken war.
Unter Simonazzi hat sich denn auch die Kommunikation der Landesregierung weiterentwickelt. Bei seinem Amtsbeginn kommunizierte noch jedes Departement eigenständig die Bundesratsentscheide. Das führte mitunter dazu, dass in den offiziellen Medienmitteilungen nicht zwingend die Argumentation des Gesamtbundesrates stand - was wiederum zu Interventionen aus anderen Departementen führten.
Unter Simonazzi war Schluss damit: Er zentralisierte die Kommunikation des Bundesrates. Es sei André Simonazzis Verdienst, dass die Informationstätigkeit des Bundesrates auf der Höhe der Zeit ist, schreibt die Bundeskanzlei. «Beharrlich hat er die Koordination gestärkt und die Kommunikation zu einem integralen Bestandteil der Regierungstätigkeit gemacht.» Wenn er auf Widerstände stiess, habe er zu Argumenten, Witz und Charme gegriffen.
In seiner Freizeit spielte Simonazzi Geige und war passionierter Töfffahrer. Erholung suchte er in den Bergen. Am Freitag ist er auf einer seiner geliebten Wanderungen zusammengebrochen und verstorben. André Simonazzi wurde 55 Jahre alt. Er hinterlässt eine Frau und drei erwachsene Kinder.
Es dürfte schwierig werden eine geeignete Nachfolgerin oder geeigneten Nachfolger für Herrn Simonazzi zu finden. Hoffen wir das Beste für die Schweiz und den Bundesrat.