Zehn Tage: So lange soll es laut dem Zürcher Kantonspolizei-Kommandant Bruno Keller gehen, bis das BAG dem Kanton Zürich Passagierlisten aushändigt. Auf diesen Listen stehen Namen von Fluggästen, die aus einem Risikoland zurück in die Schweiz reisten.
Mithilfe dieser Listen soll überprüft werden, ob sich Rückkehrer bei der Gesundheitsdirektion des Kantons melden und sich tatsächlich in Quarantäne begeben.
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Dumm nur: Zehn Tage müssen Rückkehrer auch in Quarantäne. Damit sei die ganze Übung letztlich sinnlos, monierte Keller an einer Pressekonferenz am Mittwoch.
Regierungsrat Mario Fehr verkündete am Mittwoch an der selben Pressekonferenz am Flughafen Zürich, dass die Kantonspolizei sich ab sofort selbst die Listen beschaffen werde, direkt bei den Airlines, direkt am Flughafen. Innerhalb einer Stunde will die Behörde aus den Listen alle Zürcherinnen und Zürcher heraussieben und dann die Listen wieder bei den Airlines abliefern.
Mit der Datenschutzbeauftragten des Kantons wurde dieser Plan nicht besprochen. «Wir müssen jetzt handeln, nicht in fünf Wochen», begründete Fehr das Vorpreschen des Kantons.
Kritik äusserte am Mittwoch Patrick Mathys vom BAG: «Wir setzen ein grosses Fragezeichen bei der Legalität.»
Dieses grosse Fragezeichen dürfte ob der Auslegung des Epidemiengesetzes entstanden sein. Das Gesetz sieht nämlich einen Ablauf vor, bei dem die Fluggesellschaften die Angaben dem BAG liefern. Das BAG sortiert die Angaben nach Kantonen und leitet sie an die jeweiligen Contact-Tracing-Teams weiter.
Für den Kanton Zürich dauert der Weg über das BAG offenbar zu lange. Die Datenschutzbeauftragte des Kantons Zürich, Dominika Blonski, steht dem Vorhaben kritisch gegenüber:
Stattdessen verfüge man nun nicht über die notwendigen Informationen, um das Vorgehen abschliessend zu beurteilen.
Zum jetzigen Zeitpunkt scheint niemand so genau zu wissen, ob das Vorgehen von Mario Fehr durch das Epidemiengesetz gedeckt ist. Auch der Datenrechts-Experte und Rechtsanwalt Martin Steiger kann dazu keine Auskunft geben.
Er bezeichnet die Massnahme als «originell». Bemerkenswert sei vor allem, dass die Sicherheitsdirektion diese Aufgabe nun übernimmt. «Wir sehen hier ein typisches Vorgehen, wie man es im Sicherheitsbereich oft tut: Mit schwammigen Rechtsgrundlagen.»
Eigentlich sei es Aufgabe der Behörden zu erklären, was die Rechtsgrundlagen sind. «Wenn nun also anscheinend selbst die Datenschutzbeauftragte noch nicht weiss, ob alles mit rechten Dingen zu und her geht, dann deutet das stark darauf hin, dass etwas nicht stimmt.»
Es sei zudem nicht das erste Mal, dass Mario Fehr sich rechtlich auf dünnem Eis bewege, sagt Martin Steiger. Stichwort Staatstrojaner.
Sollte sich jedoch herausstellen, dass der Kanton Zürich ohne Rechtsgrundlage handelt, so habe das vermutliche keine Konsequenzen: «Dann schafft man sich diese vermutlich einfach nachträglich», so Steiger.
Wenn also der Bund sagt, dies sei zu kompliziert etc., meint er vielmehr, dass die Beamten entweder zu faul oder unfähig sind.