Das Bezirksgericht Zürich hat einen 52-jährigen Kameruner freigesprochen. Ihm wurde vorgeworfen, im September 2021 beim Impftram beim Bellevue Leute bedroht zu haben. Der Beschuldigte sprach von einem Missverständnis.
Das Bezirksgericht Zürich verkündete den Freispruch am Donnerstagnachmittag nach einer kurzen Verhandlung und einer ebenso kurzen Urteilsberatung.
Der Mann, der nicht vorbestraft ist und als Logistiker arbeitet, nahm das Urteil sichtlich erleichtert zur Kenntnis. Er sei ein normaler, rechtschaffener Mensch, der mit niemandem Streit habe, beteuerte er während der Verhandlung.
Für seine Anwaltskosten erhält der Vater von insgesamt vier Kindern eine Entschädigung in der Höhe von 5500 Franken.
Der Vorfall den ihm die Staatsanwaltschaft vorwarf, ereignete sich laut Anklage am 14. September 2021 um die Mittagszeit. An diesem Tag fand die Eröffnung des Covid-19-Impftrams beim Bellevue statt. Der 52-jährige Kameruner sass in seinem Auto und wartete vor einem Rotlicht.
Dann soll er seine Arme aus dem Auto gehalten haben und eine Geste gemacht haben, als würde er mit einem Gewehr schiessen. Zudem soll er gesagt haben, er käme am folgenden Tag zurück und würde «bum, bum, bum» machen. Die Staatsanwaltschaft klagte ihn dafür wegen Drohung gegen Behörden und Beamte an. Sie forderte eine bedingte Geldstrafe in der Höhe von 90 Tagessätzen à 60 Franken.
Der Beschuldigte bestritt die Vorwürfe an der Verhandlung und machte ein Missverständnis geltend. Er habe eine in der Nähe stehende Angestellte des Impftrams fragen wollen, ob sie auch Impfungen ohne Termin anbieten würden. Dazu habe er seinen Arm aus dem Fenster gehalten, und eine Geste gemacht, wie wenn er eine Spitze in den Arm bekommen würde. Er habe sich dann auch tatsächlich einige Tage später gegen Covid-19 impfen lassen.
Sein Verteidiger forderte einen Freispruch. Die Anzeige gegen seinen Mandanten müsse im Kontext der damaligen Situation gesehen werden. Einige Wochen vorher wurde Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli (SVP) bei einem Anlass von einem Impfgegner Apfelschorle über den Kopf geleert.
Auch beim Impftram hat es an jenem Tag einen Vorfall gegeben, bei dem ein Passant Sicherheitsangestellte angegangen ist. Aufgrund der angespannten Situation sei die Geste des Mannes wohl missverstanden worden, sagte der Anwalt des Beschuldigten.
Der Einzelrichter begründete den Freispruch mit Zweifeln am subjektiven Tatbestand, dass der Beschuldigte also tatsächlich Leute habe bedrohen wollen. Das Gericht zweifelte jedoch nicht an den Schilderungen der Zeugen, welche die Armbewegung des Mannes als bedrohlich empfanden.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft kann an das Obergericht des Kantons Zürich weiterziehen.
Die Verhandlung gegen den Mann, der Regierungsrätin Natalie Rickli Apfelschorle über den Kopf gegossen haben soll, findet voraussichtlich nächste Woche vor dem Bezirksgericht Hinwil statt.
(yam/sda)