Schweiz
Coronavirus

Datenschützer lässt Daten von meineimpfungen.ch löschen

Daten von «meineimpfungen.ch» futsch – User kriegen ihren Impfausweis nicht zurück

24.05.2022, 18:1524.05.2022, 18:55
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Der eidgenössische Datenschützer lässt die Daten der Plattform meineimpfungen.ch löschen. Sie weisen Mängel bei der Integrität auf, die bis heute nicht behoben sind. Der Datenschützer wies das Konkursamt Bern-Mittelland überdies an, den beabsichtigten Verkauf der Daten zu unterlassen.

meineimpfungen.ch ist offline.
Bild: keystone/watson

Die Daten müssen vernichtet werden, wie der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte (Edöb), Adrian Lobsiger, am Dienstagabend zum gescheiterten elektronischen Impfausweis der Stiftung Meineimpfungen mitteilte.

Zunächst hatte das Konkursamt bei der Abwicklung der konkursiten Stiftung die schützenswerten Personendaten aus der Konkursmasse freihändig an ein privates Unternehmen veräussern wollen. Die Stiftung war mit ihrer elektronischen Impfplattform am 17. November in den Konkurs gegangen.

Mängel nicht behoben

Ein externes Gutachten vom 15. November 2021 bestätigte die vom Edöb festgestellten schweren Mängel in den Daten der Plattform. Das betraf sowohl inhaltliche Daten wie falsche Tetanus- und Covid-19-Angaben als auch falsche Kontaktdaten. Diese Sachverhalte hatte Lobsiger bereits in seinem Schlussbericht vom August 2021 gerügt.

In der langen Zeit seit dem Schlussbericht konnten die Plattform-Betreiber die Mängel nicht beheben, stellt der Edöb fest. Sie könnten den berechtigten Nutzern die Daten nicht datenschützerisch vertretbar zur Verfügung stellen.

Der Datenschützer geht darum davon aus, dass jede weitere Datenverarbeitung zu Persönlichkeitsverletzungen führen würde. Diese Verletzungen würden in der Abwägung den von der Stiftung verlangten Verzicht auf die Löschung überwiegen.

Rechtswidriger Datenversand

Der Edöb erinnerte zudem daran, dass es Anfang November einen rechtswidrigen Teilversand von Daten durch die Stiftung gegeben hatte. Diese setzte sich damit über die Edöb-Empfehlungen im Schlussbericht sowie die beim «Projekt Datenrettung» vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) formulierten Anforderungen hinweg.

Weitere Datenschutzverletzungen müssten vermieden werden, schreibt der Datenschützer. Insbesondere dürfe es im Verwertungsverfahren nicht unter zeitlichem Druck zu Entscheiden kommen, welche die negativen Folgen für die Privatsphäre und die Selbstbestimmung über die Daten noch verstärken.

Der Edöb hat deshalb das Konkursamt Bern-Mittelland mit «formeller Empfehlung angewiesen, vom geplanten Freihandverkauf abzusehen» und die Daten zu löschen. Das Konkursamt akzeptierte das.

BAG drückt Bedauern aus

Das BAG bedauert die Löschung, wie es in einer Stellungnahme schreibt. Die rund 300'000 Nutzer würden ihre Impfdaten nicht zurückerhalten. Eine datenschützerisch und rechtlich einwandfreie Lösung sei nicht mehr möglich. Das BAG hatte zuletzt mit dem Kokursamt, dem Edöb und mit bestimmten Unternehmen noch nach einer Lösung gesucht.

Der Konsumentenschutz bezeichnete das «Fiasko» als «Armutszeugnis für den Rechtsstaat». Tausende verlören wegen der stümperhaften Arbeit ihre Daten. In der Schweiz sei es möglich, dass hochsensible Gesundheitsdaten unsicher gehortet werden und Daten unwiderruflich verloren gehen, ohne dass Konsequenzen folgen. Zur Verantwortung gezogen werde wohl niemand. Die Datenlöschung als Ende des Desasters sei skandalös.

Die Stiftung Meineimpfungen betrieb die Plattform im Auftrag des BAG. Lobsiger zog aus dem Scherbenhaufen die Lehre, der Bund müsse sich bei der Zusammenarbeit mit Privaten genauso verantwortlich fühlen, wie wenn er selber Gesundheitsdaten bearbeiten würde.

Im Mai 2021 wurde die Plattform meineimpfungen.ch mit ihrem elektronischen Impfbüchlein wegen Sicherheitslücken eingestellt. Bereits Ende März war bekannt geworden, dass die 450'000 Impfdaten auf meineimpfungen.ch, darunter 240'000 von Covid-19-Geimpften, manipulierbar waren. (saw/sda)

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32 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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The Librarian
24.05.2022 18:47registriert November 2015
Dass das Konkursamt auf die Idee kommt, diese Gesundheitsdaten an ein privates Unternehmen zu verkaufen, zeigt eine bedenkliche Prioritätensetzung.
Grundsätzlich ist mir als Betroffene die Löschung sehr recht. Damit ist die Angelegenheit für mich erledigt.
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Reli
24.05.2022 19:36registriert Februar 2014
Ich hatte so einen elektronischen Impfausweis. Ursprünglich hatte einen Scan des Originals hochgeladen und dieser wurde (von Studenten, wenn ich mich richtig erinnere) in eine Datenbank erfasst. Nach dem Konkurs habe ich die Zustellung der Daten beantragt und nach ein paar Wochen Wartezeit auch erhalten. Verloren habe ich also eigentlich gar nichts. Ausser dem Vertrauen in die Trägerschaft natürlich.
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Elmas Lento
24.05.2022 23:49registriert Mai 2017
Wie kommt denn das Konkursamt schon nur auf die Idee die Daten weiterzugeben? Meiner Einschätzung nach wäre das illegal, Gesundheitsdaten gelten als "besonders schützenswerte Personendaten" und diese dürfen nur mit der Einwilligung der betroffenen Person bearbeitet werden, https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1993/1945_1945_1945/de#art_4 Punkt 5.
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