Einmal im Jahr fühlt das Berner Generationenhaus in Zusammenarbeit mit dem Forschungsinstitut Sotomo der Schweizer Bevölkerung den Puls in Generationenfragen.
Das diesjährige Schwerpunktthema war «Die Welt im Jahr 2051». Sotomo hat hierfür 4162 Personen ab 18 Jahren aus der deutsch- und französischsprachigen Schweiz befragt. Dabei ging es jedoch nicht nur um die Zukunft, sondern auch darum, wie es um den Zusammenhalt und die Probleme der verschiedenen Generationen heute steht.
Soviel vorweg: Vor allem Corona spaltet die Gesellschaft.
Wir beginnen jedoch für einmal in der Zukunft und arbeiten uns zurück zur Gegenwart.
Den Befragten wurden 14 Zukunftsvisionen für das Jahr 2051 vorgelegt. Die 30 Jahre Unterschied machen dabei genau eine Generation aus. Die Ergebnisse zeigen, dass heute wenig positive Visionen und Zukunftsbilder für das imaginierte Jahr 2051 existieren.
Insgesamt blicken alle Altersgruppen der Zukunft nämlich ziemlich pessimistisch entgegen. 62 Prozent der Befragten gaben an, dass sie «eher pessimistisch» sind, wenn sie an das Jahr 2051 denken. Immerhin: Der Pessimismus ist ein gemässigter. Es sind nicht alles rabenschwarze Visionen, «sondern es fehlt die Fortschrittserzählung, die den Wandel als Chance begreifbar machen und eine Sehnsucht nach der Zukunft wecken könnte», schreiben die Studienautoren.
Interessant wird es, wenn man sich die einzelnen Zukunftsvisionen anschaut. Diese sind nämlich nicht alle schlecht. So glauben zum Beispiel 70 Prozent der Befragten, dass im Jahr 2051 kaum noch fossile Brennstoffe verwendet werden. Dies zeigt, dass das Erreichen der Klimaneutralität bis 2051 zumindest für die Schweiz als realistisch eingestuft wird.
Allerdings gehen auch 61 Prozent davon aus, dass es bis dann schon zu spät ist, um grosse Teile der Welt zu retten. Sie gehen davon aus, dass in 30 Jahren ein Fünftel der Welt unbewohnbar geworden ist. Dabei sind die Frauen (71 Prozent) um einiges pessimistischer als die Männer (51 Prozent).
Für die Studienautoren stellen diese beiden Ergebnisse einen bedrohlichen Mix dar: «Die Schweizer Bevölkerung ist zwar von einem nahen Ende des fossilen Zeitalters überzeugt und sie geht dennoch von gewaltigen Auswirkungen des Klimawandels für Mensch und Umwelt aus. Optimismus und Pessimismus in einem.»
Neben düsteren Klimaaussichten zeigt die Studie noch weitere interessante Vorstellungen auf. So glauben zum Beispiel fast 50 Prozent aller Befragten, dass der Verzehr von Fleisch im Jahr 2051 so verpönt sein wird wie heute das Rauchen.
Auch in Geschlechterfragen glaubt man an eine Trendwende: 51 Prozent gaben an, dass in Zukunft mehr Frauen Karriere machen werden als Männer. Insgesamt sieht die Rangliste der Zukunftsbilder nach Wahrscheinlichkeit folgendermassen aus:
Wenn es um die Zukunftssorgen geht, so machen sich jüngere Menschen etwas mehr Sorgen um Wetterextreme und Naturkatastrophen sowie um Nahrungsmittel- und Trinkwasserknappheit. Auch die Altersvorsorge beschäftigt die Jungen verständlicherweise häufiger.
Ältere Generationen sorgen sich hingegen mehr um die Demokratie. Sie fürchten die Erosion westlicher Demokratien. «Sie kennen die Zeit des Kalten Krieges und sind in dieser Hinsicht offenbar stärker sensibilisiert. Entsprechend fürchten sie sich auch vermehrt vor einer weltweiten Dominanz Chinas», schreiben die Autorinnen.
Zurück ins Jahr 2021. Die gesellschaftlichen Spannungsfelder der Gegenwart sind geprägt von der Covid-19-Pandemie. Die heftigen Kontroversen um Lockdowns, Impfungen und Zertifikatspflicht haben die Haltung zur Pandemiebekämpfung zu einer zentralen gesellschaftlichen Bruchlinie werden lassen. Vor einem Jahr sahen 38 Prozent ein Auseinanderdriften der Schweiz, inzwischen sind es 77 Prozent.
Gleichzeitig driften auch Jung und Alt immer mehr auseinander. Was interessant ist, denn gleichzeitig finden die meisten auch, dass vor allem Teenager und junge Erwachsene von den Folgen der Pandemie betroffen sind. Dicht gefolgt von den Hochbetagten. Zumindest in Bezug auf die Jungen fand hier ein klarer Meinungsumschwung statt.
Gleichzeitig wird aber auch klar zwischen dem «goldenen dritten» und dem «vulnerablen vierten» Lebensalter unterschieden. Menschen zwischen 65 und 79 Jahre werden mittlerweile als eine der am meisten begünstigten Gruppen eingeschätzt. «Der pauschale Bezug auf die ‹ältere Bevölkerung›, wie er in der Politik häufig gemacht wird, zielt an der Lebensrealität vorbei», schreiben die Autoren.
Immerhin etwas Gutes scheint die Pandemie zu haben: 42 Prozent der Befragten gab an, dass die Pandemie ihnen zusätzliche Lebenserfahrung gegeben hat. Lediglich 17 Prozent sind anderer Meinung. Wobei diese Quote bei den 18 bis 25-Jährigen ungleich höher ist: Ganze 39 Prozent gaben hier an, dass die Pandemie ihnen Lebenserfahrung weggenommen hat. Trotzdem: Auch in dieser Altersgruppe ist die gegenteilige Meinung mit 41 Prozent höher.
Ob gut oder schlecht: Klar ist, dass die Covid-19-Pandemie für die meisten von uns eine prägende Erfahrung fürs Leben ist.
Und wo wohnen dann all die Vegetarierinnen?